Das ist ein Artikel vom Top-Thema:

Kontroverse

Wolf in Oberbayern: Regierung drängt auf Abschuss

wolf_maucher_1
Philipp Seitz
Philipp Seitz
am Dienstag, 25.01.2022 - 17:31

Der Wolf wird zum Politikum – und beschäftigt die Gerichte. Die Regierung von Oberbayern will den Stopp des Wolf-Abschusses nicht akzeptieren.

München Der Wolf in Südostbayern ist längt ein Politikum. Darf der Problemwolf mit dem genetischen Code GW2425m abgeschossen werden oder nicht? Darüber ist längst eine Debatte entbrannt, bei der die Meinungen weit auseinandergehen. Für die Regierung von Oberbayern ist die Antwort in dieser Frage allerdings klar: Ja, der Wolf sollte abgeschossen werden – und das möglichst schnell. Wie die Regierung von Oberbayern am Dienstag, 25. Januar 2022, mitteilte, hat sie Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts München eingelegt.

Das Verwaltungsgericht München hatte die Allgemeinverfügung der Regierung von Oberbayern, die ausnahmsweise den Abschuss des Wolfes GW2425m erlaubt hatte, wieder außer Kraft gesetzt. Die Richter folgten damit den Eilanträgen des Bund Naturschutzes sowie der Gesellschaft zum Schutz der Wölfe stattgegeben. Die beiden Organisationen hatten sich mit ihren Eilanträgen gegen die Allgemeinverfügung der Regierung von Oberbayern vom 17. Januar 2022 gewandt.

Die Regierung von Oberbayern sei weiterhin der Auffassung, dass die „Entnahme“ des Wolfes, wie es im Amtsdeutsch heißt, erforderlich sei. In der Mitteilung heißt es, dass dieser Schritt „zum Schutz vor Gefahren für Menschen erforderlich ist“. Das Verwaltungsgericht München hatte hingegen mit Beschlüssen gefordert, dass zuvor Maßnahmen, wie Monitoring, Besenderung und Vergrämung ergriffen werden sollten. Das hält die Regierung von Oberbayern wiederum nicht für praktikabel. Dem Problem könnte so nicht zeitgerecht Rechnung getragen werden, erklärte die Regierung von Oberbayern hierzu in einer Pressemitteilung.

Sie strebe deshalb an, dass die Eilentscheidung des Verwaltungsgerichts München überprüft wird. Die Landesanwaltschaft Bayern sei gebeten worden, gegen die Beschlüsse des Verwaltungsgerichts München Beschwerde zum Bayerischen Verwaltungsgerichtshof einzulegen. Damit geht der Streit um den Problemwolf in Oberbayern weiter.

Eine Änderung der Allgemeinverfügung vom 17. Januar 2022 oder eine weitere naturschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung zur Entnahme des Wolfs sind vor dem Hintergrund des laufenden gerichtlichen Verfahrens derzeit nicht geplant, sagte ein Sprecher der Regierung von Oberbayern dem Bayerischen Landwirtschaftlichen Wochenblatt auf Anfrage. Das Verwaltungsgericht habe ja kürzlich eine hinreichende Gefährdungslage verneint, die Voraussetzung für eine Ausnahmegenehmigung ist. 

Martin Schöffel

Neben dem Bayerischen Bauernverband forderten auch Landtagsabgeordnete der CSU und der Freien Wähler einen Abschuss des Wolfes und kritisierten die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, wonach der Wolf vorerst nicht mehr abgeschossen werden darf.

Nikolaus Kraus, jagdpolitischer Sprecher der Freien Wähler im Landtag, sagte dem Bayerischen Landwirtschaftlichen Wochenblatt, dass der Wolf auch eine klare Gefährdung für den Menschen sei. Diese Gefahr besteht auch weiterhin. „Etliche Nutztiere hat der Wolf bereits gerissen – was muss noch passieren, ehe gehandelt werden darf?“ Ein hungriger Wolf werde sich Nahrung verschaffen, ganz gleich wie, sagte Kraus.

Ähnlich äußerte sich Martin Schöffel, der agrarpolitische Sprecher der CSU im Bayerischen Landtag: „Mehrere Nutztierrisse in unmittelbarer Hofnähe und der Aufenthalt mitten in der Ortschaft sind nicht hinnehmbar.“ Seiner Auffassung nach sollte es ein deutliches Zeichen des Staates geben. „Wenn es irgendwo Gefährdungslagen gibt oder gar die Gefahr von Rudelbildungen besteht, ist es wichtig, dass schnell eingegriffen werden kann, um Weidetiere und Menschen bestmöglich zu schützen. Wer jetzt ein konsequentes Vorgehen behindert, riskiert weitere gefährliche Situationen.“

Doch die Allgemeinverfügung der Regierung von Oberbayern ist nicht unumstritten. Eine Sprecherin des Bayerischen Jagdverbandes nannte die Allgemeinverfügung „weltfremd“. Sie entspreche nicht der jagdlichen Wirklichkeit. Gemäß der Verfügung würde ein Jäger im fremden Revier mit Nachtsichttechnik aus dem Auto mit kleiner Kugel auf den Wolf schießen dürfen. Das bedeutet, wie die Sprecherin dem Wochenblatt sagte, Lebensgefahr für Mensch und Tier in fünf Kilometer Umgebung. Es sei zudem unklar, was passiert wäre, wenn ein Jäger ein anderes Tier erlegt hätte, bei dem es sich nicht um den betreffenden Wolf handelt.

Das regelt die Allgemeinverfügung

Die Allgemeinverfügung regelt, wer auf den Wolf schießen darf. Hierzu schreibt die Regierung von Oberbayern: „Zur Entnahme des Wolfes sind nur die im Geltungsbereich der Allgemeinverfügung Jagdausübungsberechtigten und die in diesen Revieren tätigen Forstbediensteten mit Jagdschein, Berufsjäger und Begehungsscheininhaber berechtigt. Um bestmöglich zu gewährleisten, dass tatsächlich der Wolf mit dem Code GW2425m entnommen wird, werden im Fall einer Erlegung eines Wolfs oder eines Totfundes alle Berechtigten umgehend durch das örtliche Landratsamt informiert.“ Weitere Schüsse auf Wölfe seien dann unzulässig, bis eine genetische Überprüfung zweifelsfrei geklärt hat, ob es sich bei dem geschossenen oder gefundenen Tier auch tatsächlich um den Wolf mit der genetischen Kennzeichnung GW2425m handelt.

* Pflichtfeld. Mit der Anmeldung für den Newsletter haben Sie den Hinweis auf die Datenschutzhinweise zur Kenntnis genommen. Sie erhalten den forstpraxis-Newsletter bis auf Widerruf. Sie können den Newsletter jederzeit über einen Link im Newsletter abbestellen.

Auch interessant