Weidehaltung als Chance für das Milchland Bayern: So lautete der Titel eines Webinars der Grünen-Landtagsabgeordneten Gisela Sengl und Rosi Steinberger in Schwaben. Zielsetzung der Tour durch die bayerischen Bezirke war es, mit der Landwirtschaft in den Dialog zu kommen. Sengl betonte dabei: „Sie zeigen, was in der Allgäuer Grünlandwirtschaft möglich ist, um gesunde Nahrungsmittel zu erzeugen und dabei nicht nur umweltgerecht zu produzieren, sondern auch ein gutes Einkommen zu generieren.“

Nach Sengls Meinung kann die bayerische Milchwirtschaft nur überleben, wenn sie sich von der Masse abhebt. „Die bayerischen Konsumenten wollen Milch mit Mehrwert und auch der Handel fordert dies immer häufiger ein“, betonte sie. Wie das funktionieren kann, berichteten Franz Berchtold aus Legau, Biobauer und einer der beiden Geschäftsführer der Bio-Schaukäserei Wiggensbach, und Sabine Fischer aus Waltenhofen, Bäuerin und Heumilchbotschafterin der Allgäuer Hof-Milch.
Er wollte schon immer in die Direktvermarktung einsteigen, aber nicht als einzelner Betrieb, erklärte Berchtold. 2003 schloss er sich schließlich mit sieben Berufskollegen aus Wiggensbach und Umgebung zusammen, die alle schon vorher biologisch wirtschafteten und ausschließlich Gras und Heu fütterten. Gemeinsam wollten sie „etwas Eigenes“ gründen, um die hochwertige Heumilch in ein anderes hochwertiges Bio-Produkt zu verwandeln und für die Milch eine höhere Wertschöpfung zu erzielen. Das war der Start zur „Bio-Schaukäserei Wiggensbach“, in der heute jährlich rund 4,5 Mio. kg Heumilch von mittlerweile 20 Mitgliedsbetrieben zu Bio-Käse weiterverarbeitet werden. „Die Nachfrage ist enorm, momentan bringen wir den Käse fast nicht her“, schilderte Berchtold den Erfolg.
Der Einstieg in die Kurzrasenweide ist für Berchtold nicht nur arbeitswirtschaftlich, sondern auch finanziell von Vorteil: „Weil die Kühe Tag und Nacht auf der Weide sind, spar‘ ich mir den teuren Futtermischwagen. Zudem verteilen die Tiere einen Teil des Düngers selber auf der Fläche“, betonte er.
Einen Mehrwert gebracht
Die kuhgebundene Kälberaufzucht war ein weiterer Schritt, der einerseits dem Verbraucherwunsch entgegenkommt, aber auch dem Betrieb einen Mehrwert bringt. „Wir wollen für die so aufgezogenen Kälber Partner in der Region suchen, die sie weitermästen“, sagte Berchtold. Eine Mammutaufgabe sei es natürlich, aus diesem hochpreisig erzeugten Fleisch ein Produkt herzustellen, das auch hochpreisig vermarktet werden kann.
Das Ohr an den Verbrauchern
Als Heumilchbotschafterin hat die Bäuerin das Ohr auch an den Verbrauchern. Sie präsentiert nicht nur die Produkte, sondern fragt auch nach, was bei den Kunden gut ankommt. Wichtig sei ihr, den Verbrauchern darzustellen, wie auf Heumilchbetrieben gewirtschaftet wird und welche ökologischen Leistungen dabei erbracht werden.
„Wir sind eine Solidargemeinschaft mit großen und kleinen sowie konventionellen und ökologischen Betrieben“, betonte Fischer. Der Kriterienkatalog und die Qualitätsansprüche der Allgäuer-Hofmilch GmbH sind streng: 100%-iger Verzicht auf Silage-Fütterung (auch beim Jungvieh), minimaler Kraftfuttereinsatz mit gentechnikfreiem Getreide, 120 Tage im Jahr Frei- oder Weidegang, völliger Verzicht auf den Einsatz von Mineraldünger und Glyphosat sowie weiteren Kriterien.
„Wir liefern an die Allgäuer-Hofmilch, weil wir einen fairen Partner als Milchverarbeiter wollen, der unsere wertvolle Heumilch zu einem Spitzenprodukt veredelt“, machte die Bäuerin schließlich deutlich.
Bei der anschließenden regen Diskussion im Netz konnten die beiden Referenten und die beiden Abgeordneten noch zahlreiche Fragen von Teilnehmern beantworten.