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Berglandwirtschaft

Viehschied: Wetter schlecht, Laune gut

Bremsen: Sie halten nicht Händchen, sondern das Vieh zurück, das am steilen Steigbachtobel-Weg von hinten schiebt: Andrea und Christian Hengge von der Alpe „Alp und Kessel“.
Susanne Lorenz Munkler
am Montag, 26.09.2022 - 10:15

Bei der Viehscheid in Immenstadt trotten über 800 Rinder mitten durch die Stadt.

Immenstadt/Lks. Oberallgäu Oben auf 1000 Meter liegt Schnee, im Tal regnet es bei 7 Grad. Nicht gerade eine Traumkulisse für Fotografen. Die riesigen Herden schwitzender und dampfender Rinder mit ihren Hirten und Helfern waren aber trotzdem eine Freude für alle, die das ursprüngliche Fest der Bauern und Hirten beim Viehscheid in Immenstadt unverfälscht erleben wollten.

Ein Scheid mituralter Tradition

Ein Scheid mit uralter Tradition. Vielleicht deshalb, weil die Stadt Immenstadt selbst Besitzerin von elf Alpen ist und allein 45 Alpen im Stadtgebiet liegen. Seit 1930 ist es im „Städtle“ deshalb üblich, die Rinder mitten durch die Stadt auf den Viehmarktplatz zu treiben. Dort werden die Tiere allerdings nicht mehr wie früher ausgeschieden, sondern gemeinsam hinaus aus der Stadt auf die jeweiligen Talweiden getrieben.

Tausende von Besuchern

Seinen 42. Alpsommer auf der Alpe Seifenmoos beendet AVA-Vorsitzender Franz Hage (l.), hier mit seinem Helfer Peter Hörmann.

Tausende von Besuchern, mehr Einheimische als Touristen, verfolgten auch in diesem Jahr das Spektakel trotz des ungemütlichen Wetters. 835 Tiere, vorwiegend Schumpen und Kälber von neun Galtalpen und einer Sennalpe, wurden durch den steilen und engen Steigbachtobel in die Stadt getrieben.

Es schien, als würde der Berg die Tiere nach mehr als hundert Tagen Sommerfrische dampfend wieder ins Tal spucken. Die größten Herden kamen von den Alpen Gund und Alpe Hinterkrumbach (200 Stück), von der Alpe „Alp und Kessel“ (90 Stück), von der Alpe Sederer (150 Stück) und der Alpe Starkatsgund (90 Stück).

Sieben Kranzrinder

Sieben Kranzrinder zeugten davon, dass der Sommer auf den Bergweiden der Nagelfuhkette unproblematisch war und weitgehend unfallfrei verlaufen ist. „Es ist normal, wenn auf einer Alpe mal der eine oder andere Schumpen verunglückt“, erklärte Moderator Gerhard Honold, Stadtförster von Immenstadt, der auch zuständig für die städtischen Alpen ist. Diesmal traf es die Alpe Hinterkrumbach, die Alpe Starkatsgund und die Sederer Alpe. Sie konnten kein Kranzrind ins Tal führen. Alles in Allem habe man aber einen tollen Alpsommer ohne große Zwischenfälle gehabt, wie Honold erklärte.

Die erste Herde, die in Immenstadt ankam, war die von Rosi und Gerlinde Lackner von der Alpe Schwanden (Besitzer Raiffeisenbank Oberallgäu Süd). Schon den 36. Sommer bewirtschaften die beiden Schwestern die Alpe, deren Pächter sie auch sind. Sie trieben 70 Jungrinder und ein prächtig geschmücktes Kranzrind ins Tal. Helga Spettel von der Alpe Wilde Gund folgte mit 40 Schumpen und einem Kranzrind. Sie verbrachte ihren 15. Sommer auf der Wilden Gund. Auf ein Kranzrind stolz sein konnte auch Lukas Steurer, der 65 Rinder und ein Kranzrind durch Immenstadt führte. Er blickt auf seinen 24. Sommer auf der Mittelberg Alpe zurück. Die Alpe „Alp und Kessel“ wird den nun 6. Sommer von Christian Hengge bewirtschaftet. Auch er kam mit einem Kranzrind und 90 Schumpen ins Tal.

Eine Herde Schumpen

Eine Herde Schumpen ohne Kranzrind trieb Bernhard Hage von der Alpe Hinterkrumbach ins Tal. Mehr Glück hatte Hage auf der Alpe Gund, die ebenfalls von ihm bewirtschaftet wird. Die Hirten waren stolz, dass ein Kranzrind die Herde von 135 Stück Jungvieh anführte. Christian Kaufmann von der Alpe Starkatsgund kam mit 90 Tieren und ohne Kranzrind.