Dillingen Anbauen und Vermarkten ohne Risiko gibt es nicht. Aber das Risiko lässt sich minimieren, wenn sich der Landwirt auf eine kluge Vermarktungsstrategie stützen kann. Hier kommt die Schwäbische Naturenergie GmbH (SNE) ins Spiel. Seit nunmehr 28 Jahren beobachtet ihr Geschäftsführer Eugen Bayer den Raps- und Getreidemarkt und bietet den Landwirten in der Region verschiedene Vermarktungsmodelle an. „Im langjährigen Mittel erhält der Landwirt je nach Vermarktungszeitpunkt über die SNE fünf bis zwanzig Euro mehr pro Tonne, als es die sonstigen Landhandelspreise hergeben“, versichert Bayer.
Es waren – wieder einmal - schwierige Zeiten, als im Dillinger Bauernverband die Idee zu einer eigenen Vermarktungsorganisation entstand. 1990 hatte die EU die Direktzahlungen eingeführt und sie mit einer obligatorischen Stilllegung von bis zu 12 % der einzelbetrieblichen Nutzfläche verknüpft. Auf den stillgelegten Flächen durften lediglich nachwachsende Rohstoffe angebaut werden, also beispielsweise Raps zur Kraftstoffgewinnung – und auch das nur, wenn der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung Verbrauch und Verarbeitung des Nawaro-Rapses nachgewiesen wurden. Dazu waren Anbauverträge und Bürgschaften der Abnehmer erforderlich, so dass anfangs nur der etablierte Agrarhandel solche Verträge angeboten hat.
Rapsvermarktung selbst in die Hand nehmen
„Aber die Dillinger Bauern wollten die Vermarktung ihres Rapses selbst in die Hand nehmen“, blickt Bayer zurück. Deshalb hoben sie 1993 die SNE mit dem sperrigen Namen „Verein zur Förderung alternativer und regenerativer Energiegewinnung und Agrarvermarktung e. V.“ aus der Taufe. Als Gesellschafter fungierten die Erzeugergemeinschaft für Qualitätsraps Mittelschwaben und der Dillinger Bauernverband. Die Geschäftsführung übernahm BBV-Kreisgeschäftsführer Eugen Bayer, den Vorsitz der damalige Kreisobmann Heinrich Gärtner. Seit 2012 übt der amtierende Kreisobmann Klaus Beyrer das Amt des Vorsitzenden aus. Mit dabei war von Anfang auch der damalige und heutige Vorsitzende der mittelschwäbischen Raps-EG Ulrich Mayerle. Die EG hatte schon vor der Gründung der SNE Konsumraps gebündelt und vermarktet.

Nach Jahren des mühsamen Aufbaus kam 2008 der große Nackenschlag: Die Bundesregierung beschloss den Raps-Kraftstoff zu besteuern. Nach der Besteuerung des Rapskraftstoffs brach der Markt für Rapsöl außerhalb der Landwirtschaft sofort zusammen und die Hersteller zeigten an der Weiterentwicklung von Rapsölmotoren kein Interesse mehr. Auch die Hoffnung der SNE, dass Rapsöl als Beimischung zu den herkömmlichen Kraftstoffen groß nachgefragt wird, hat sich zerschlagen. Besonders gegenüber dem importierten Palmöl erwies sich das Rapsöl als nicht konkurrenzfähig.
Bald schon zeichnete sich jedoch ein neuer Aufschwung ab, nachdem die EU die obligatorische Flächenstilllegung wieder abgeschafft hatte. Damit waren auch keine Anbauverträge mehr für den Nawaro-Raps erforderlich und die SNE verlegte ihren Schwerpunkt von der Rapsölproduktion auf die Rapsvermarktung. Außerdem stieg die GmbH in die Vermarktung von Getreide ein, vor allem für die EG Aislingen/Bibertal. „Die Getreide-EG und die Raps-EG waren jedoch keine Vollkaufleute, die für die Erfüllung der Verträge haften“, erklärt Beyrer. Deshalb haben beide Erzeugergemeinschaften die Vermarktung an die SNE abgegeben. Diese vermarktet heute nicht nur Getreide und Raps aus den Erzeugergemeinschaften, sondern bietet ihre Dienste jedem interessierten schwäbischen Landwirt an.
Vermarktungsmodelle für Raps und für Getreide
- Klassische Kontrakte: Der Landwirt entscheidet, wann er welche Menge zu welchem Preis verkaufen will.
- Pool-Vermarktung: Die Landwirte melden ihre voraussichtlichen Erntemengen an. Die SNE fasst diese zu einem Pool zusammen und verkauft sie in Etappen über das Jahr hinweg. Der Pool wird jeweils im September nach der Ernte abgeschlossen. Aus den Preisen der Etappenverkäufe wird ein durchschnittlicher Poolpreis ermittelt und ausgezahlt.
- Der Landwirt schließt einen klassischen Kontrakt mit Einzelverkauf ab.
- Kontraktpaket: Die SNE sammelt Einzelkontrakte zu einem Paket, das in mehreren Etappen vermarktet wird. Anders als bei der Poolvermarktung erhält jeder Landwirt einen festen Preis für seine kontrahierte Menge.
- Ableitungsmodell: Will sich ein Landwirt vor der Ernte nicht auf eine bestimmte Menge und einen bestimmten Preis festlegen, dann leitet die SNE den Preis nach der Ernte von den Notierungen an der Bayerischen Warenbörse ab.
Bedauerlich sei es, so Bayer, dass etliche Landwirte zwar gerne die Informationen aus der SNE und den Erzeugergemeinschaften nutzten, sich ihnen aber nicht anschließen wollten. „Das unterläuft unsere Marktstrategie. Wir wollen für die Landwirte auch noch den allerletzten Cent rauskitzeln, den der Markt hergibt.“