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Rechtfragen

Streitigkeiten im Forst: Immer möglichst gütlich einigen

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Toni Ledermann
am Dienstag, 14.12.2021 - 10:27

Bei der FBG Mindelheim standen die Themen Grenzabstände und Baumarten-Porträts auf dem Herbstprogramm.

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Kammlach/Lks. Unterallgäu Im Rahmen des Herbstprogramms der FBG-Mindelheim und des AELF Krumbach-Mindelheim standen in Kammlach die Themen „Streitigkeiten im Forst“, „Interessante Baumarten, die dem Zukunftsklima standhalten“ im Mittelpunkt. Referent war der Leiter der Abteilung Forsten am AELF Krumbach-Mindelheim, Dr. Stefan Friedrich.

Vor allem der Bereich der Grenzstreitigkeiten sei immer mal wieder „Thema“ zwischen Waldbesitzern. Grenzzeichen müssen stets gut erkennbar sein. Bei Erd- und Forstarbeiten oder auch beim Überfahren mit Traktoren könnten Grenzsteine schon mal in den Boden gedrückt werden und verschwinden. Oft seien es dann die Feldgeschworenen, die bei der Suche helfen und über Lage der Grenzzeichen Bescheid wissen. Neuerdings kämen auch GPS-Satelliten zum Einsatz. Grenzsteine dürfen nicht weggenommen, verrückt, vernichtet, beschädigt oder unkenntlich gemacht werden. Beteiligte bei einer Abmarkung seien immer alle anliegenden Waldbesitzer.

Ärger vermeiden

Auch zu den Kosten einer Abmarkung informierte Friedrich: Grundsätzlich zahle der Antragsteller, doch sei es sinnvoll, zuvor eine Einigung unter den Beteiligten herbeizuführen. Der erste Grenzpunkt koste 260 €, die weiteren werden dann günstiger. Generell riet Friedrich dazu, eine möglichst gute Nachbarschaft zu pflegen. Das erspare spare viel Ärger und gegebenenfalls Anwaltskosten.

Auch der Komplex „Grenzabstände“ wurde an diesem Abend angesprochen: Bei Grenzabständen vom Wald zu Feld und Grünland gelte:

  • Bei Bäumen, die kleiner als zwei Meter hoch sind, gelte ein Mindestabstand von einem halben Meter.
  • Bei Bäumen, die höher als zwei Meter sind, müsse ein Mindestabstand von vier Metern eingehalten werden.

Abstände einhalten

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Allerdings „keine Regel ohne Ausnahmen“, wie Friedrich anfügte: Diese Maße gelten nicht für die Verjüngung eines Bestandes, der bereits seit Januar 1900 vorhanden ist. Hier gelte ein Mindestabstand von zwei Metern. Bei einer Erstaufforstung können die Abstände auch größer festgelegt werden. Details dazu seien in der „Erstaufforstungsrichtlinie“ festgelegt. Der Abstand von Wald zu Wegen und Gewässern müsse jedenfalls zwei Meter betragen.

Ein Waldbesitzer fragte nach, wie die Gesetzeslage bei Überhängen ist, da dies häufig zwischen Waldgrundstücken vorkomme? „Dies muss geduldet werden, wenn keine wesentlichen Beeinträchtigungen vorliegen. Ist der Wald bereits seit Anfang 1900 vorhanden, besteht Duldungspflicht bis zur ersten Verjüngung – selbst bei Beeinträchtigungen“, erklärte Friedrich.

Im Selbsthilferecht sei festgehalten, dass, wenn Wurzeln über die Grenze wachsen, sofort gehandelt werden könne. Bei überhängenden Ästen erst nach einer angemessenen Fristsetzung. Angemessen heiße etwa zwei bis vier Wochen, wie Friedrich sagte. Äste unter fünf Metern müssen auf der Nord- und Ostseite nicht geduldet werden; auf der West- und Südseite nur dann, wenn Baum und Bestand dadurch nicht geschädigt werden können.

Im Anschluss stellte Friedrich verschiedene klimaresistente Baumarten vor, etwa die Baumhasel. Diese Art gedeihe auf Höhenlagen von 200 bis zu 2000 m. Der jährliche Niederschlag sollte zwischen 540 und 1500 mm liegen. Im Allgäu liege man im Schnitt bei 800 bis 1300 mm Niederschlag. Die Klimatoleranz der Baumhasel sei beachtlich, sie reiche von –38 °C bis zu einer Hitzetoleranz von +40 °C. Die Baumhasel sei in vielen Ländern zu finden, von Mitteleuropa, den USA sowie in Mittelasien. Die Bäume können bis zu 400 Jahre alt werden und mehr als 30 m hoch wachsen.

Der Blauglockenbaum

Ein weiterer, von Experten allerdings kontrovers diskutierter „Zukunftsbaum“, sei der Blauglockenbaum. Sein natürliches Verbreitungsgebiet liege in Zentral- bis Westchina, in einer Lage mit 500 bis 1800 m über NN. Diese Art komme zurecht mit mittleren Jahresniederschlägen von 600 bis 2000 mm. In Europa gedeihe er am besten unter Weinbauklima. Und dahin gehe es in Deutschland, wenn die Klimaerwärmung weiter anhält, wie Friedrich sagte.
Der Blauglockenbaum bevorzuge nährstoffreichen, tiefgründigen und gut drainierten Lösslehm oder sandige Lehmböden. Als Tiefwurzler müsste er eigentlich den süddeutschen Stürmen standhalten, meint Friedrich. Allerdings werde derzeit von der Art abgeraten, da sie sehr pflegeintensiv und in der Jugend ausfallgefährdet sei.
Zu den Schädlingen an den neuen Baumarten erläuterte der Referent, dass es diese „wohl gibt, aber noch wenige sichere Erkenntnisse darüber vorliegen“. Beim Blauglockenbaum können erhebliche Fraßschäden auftreten und er sei „extrem schwach gegenüber der Begleitvegetation“, wie Versuche ergeben haben.