Manch einer sieht sie kritisch: schwere, große Maschinen im Wald, allen voran Harvester und Forwarder, die von Forstdienstleistern auch im Privatwald eingesetzt werden. Wissenschaftler fanden heraus, dass viele Bäume entlang der Fahrspur solcher Erntemaschinen verletzt werden und dem Pilzbefall ausgesetzt sind.
Zudem verdichten schwere Maschinen den Untergrund so stark, dass Wasser und Luft oft nur noch unzureichend weitergeleitet werden können. Trotzdem sind sie heute aus der Forstwirtschaft nicht mehr wegzudenken. Unser Allgäu bespricht diese Thematik mit Philipp Götzfried, dem Geschäftsführer der WBV Kempten Land und Stadt e.V.
Unser Allgäu: Passen bis zu 40 Tonnen schwere Maschinen zu einer naturnahen Waldbewirtschaftung? Früher ging es doch auch ohne.
Götzfried: Heutzutage sind leistungsstarke Maschinen bei der Waldbewirtschaftung nicht mehr wegzudenken. Auf diese Maschinen komplett zu verzichten wäre vergleichbar, unsere Äcker wieder mit Ochse und Pflug zu bestellen.

Selbstverständlich muss es Aufgabe aller Beteiligten sein, stets eine kritische Betrachtung vorzunehmen, damit ein naturschonender Einsatz gelingt. Große Forstmaschinen stehen überdies nicht von vornherein im Widerspruch zu einem naturnahen Waldbau. Ausschlaggebend ist der korrekte Einsatz.
Natürlich wirken Harvester und Forwarder aufgrund ihrer Masse nicht besonders waldschonend. Aber auch eine kleine Maschine, nicht richtig eingesetzt, kann Schäden verursachen. Bei ungünstigen Verhältnissen, kann auch ein alter Eicher mit seinen schmalen Reifen großen Schaden anrichten. Man kann deshalb nicht sagen „früher war alles besser“.
Und noch eins: Unsere Mitglieder mit ihren knapp 6000 Hektar Waldfläche stehen schon seit längerem vor großen ökologischen, ökonomischen, aber auch logistischen Herausforderungen angesichts des Klimawandels und des schwankenden Holzmarktes. Im Hinblick darauf, ist eine effektive Waldbewirtschaftung von großer Bedeutung. Der Einsatz hochtechnisierter Forstmaschinen ist hierbei ein wichtiger Baustein.
Unser Allgäu:. Welches sind die ökonomischen, ökologischen und logistischen Herausforderungen, von denen Sie sprechen?
Götzfried: In den vergangenen Jahren wurde die Bewirtschaftung der Wälder erheblich von Extrem-Wetterereignissen beeinflusst. Nehmen wir zum Beispiel das vergangene Jahr 2020. Da fegten im Februar innerhalb von nicht einmal vier Wochen drei Stürme mit Orkanstärke über das Allgäu und knickten Bäume um wie Streichhölzer oder entwurzelten diese. Nach groben Schätzungen lagen zwischen 250 000 und 300 000 fm Schadholz zur Aufarbeitung im Wald. Die Hälfte davon im Privatwald. Hier drängt natürlich die Zeit, denn ab 16,5 Grad Tagesdurchschnittstemperatur wird der Borkenkäfer aktiv und wäre imstande noch weitere katastrophale Schäden anzurichten. Die Bewältigung dieser riesigen Schadholzmengen wäre ohne den zumindest teilweisen Einsatz von Forstmaschinen undenkbar.
Unser Allgäu: Hätte nicht jeder Waldbesitzer sein Holz selbst ernten können, statt diese schnell arbeitenden Maschinen einzusetzen?
Götzfried: Tatsächlich arbeitet ein Großteil der Waldbesitzer das Holz nach wie vor selber auf. Letztendlich muss jeder selbst entscheiden, ob er selbst tätig wird oder einen Forstdienstleister beauftragt und mit welchem Arbeitsverfahren im eigenen Wald gearbeitet werden soll.

Die Motorsäge hat im Wald genauso ihre Berechtigung, wie der Harvester. Die Stärken liegen dabei in unterschiedlichen Bereichen. Die motormanuelle Aufarbeitung mit der Säge hat ihre Vorteile, wenn es um hochwertiges bzw. starkes Holz, kleinere Mengen oder diffizile Pflegearbeiten geht. Der Harvester ist bestens geeignet für mittlere bis größere Durchforstungsbestände. Leistungstechnisch und ergonomisch bietet hier die Maschine deutliche Vorteile.
Für ein wirtschaftliches Arbeiten größerer Forstmaschinen und somit auch für den Ernte- und Bringungspreis, ist eine gewisse Mindestmenge an Holz unerlässlich. Gerade im Kleinprivatwald kommt man hier im wahrsten Sinne des Wortes schnell an die Grenze. Hier wäre das Mittel der Wahl die Sammeldurchforstung. Dabei schließen sich mehrere Waldnachbaren zusammen mit dem Ziel, ihre jeweiligen Maßnahmen effizienter umzusetzen indem sie dem Forstdienstleister eine gewisse Mindestauslastung bieten.
Auch bei Schadereignissen werden Bemühungen angestellt den Bodenschutz zu berücksichtigen. Die optimalen Bodenbedingungen abzuwarten ist in diesen Fällen leider jedoch nicht immer möglich. Trotz aller Bemühungen ist nicht immer sichergestellt, dass keine Spuren hinterlassen werden.
Unser Allgäu: Was Sie da sagen gilt für die Zeit nach einer Sturmkatastrophe oder starken Käferbefall, aber nicht für einen geplanten Hieb, oder?
Götzfried: Richtig. Bei einem geplanten Hieb kann anders als beim Schadereignis der Zeitpunkt der Maßnahme auf den optimalen Bodenzustand abgestimmt werden. Es gibt z.B. Flächen, die nur in gefrorenem Zustand befahren werden können.

Die forstwirtschaftlichen Zusammenschlüsse im Allgäu sind allesamt PEFC-zertifiziert. Die PEFC-Zertifizierung bestätigt, dass alle Wälder nachhaltig und gemäß strengen Standards bewirtschaftet werden. Es werden regelmäßige Kontrollen im Wald durchgeführt, um zu überprüfen, ob die Bewirtschaftung der Zertifizierung entspricht. Diese Kontrollen werden von unabhängigen Stellen durchgeführt. Die bodenschonende Bewirtschaftung spielt dabei eine große Rolle.
Um Schäden zu vermeiden, sollte man sich vor jedem Hieb im Klaren sein, ob, wann und wie ich eine Fläche befahren kann und welche Maschine am meisten Sinn macht. Für eine bodenschonende Bewirtschaftung sollte die Befahrung nie flächig stattfinden, sondern auf dauerhaft angelegten Gassen. Sinnvollerweise sollte der Harvester aus den Baumkronen eine Matte aus Reisig schaffen, sozusagen als Polster auf der Fahrfläche.
Auch haben sich Forstmaschinen mit möglichst vielen und breiten Reifen bewährt. Hierdurch werden punktuelle Flächenbelastung minimiert. Zur weiteren Optimierung, kann wahlweise der Reifendruck abgesenkt oder Bänder aufgezogen werden. Für fast jede Situation, gibt es mittlerweile auch eine passende Maschine. Bei den forstwirtschaftlichen Zusammenschlüssen und ihren Netzwerkpartnern arbeiten Experten. Die eingesetzten Maschinen sind hochspezialisiert mit präziser Arbeitstechnik und digitaler Datenverarbeitung. Dadurch ist gewährleistet, dass der PEFC-Standard erfüllt wird.
Mehr zum Thema lesen Sie in Heft 10 des Bayerischen Landwirtschaftlichen Wochenblatts:
WBV Kempten Land und Stadt e.V.
- Gründung: 1969
- Mitglieder: 1709
- Waldfläche der Mitglieder: 6870 ha
- Jährl. Holzaufkommen Stammholz: 36 000 fm
- Jährl. Holzaufkommen Hackgut: 4000 Srm
- Jährl. Pflanzenbeschaffung: 42 000 Pflanzen, damit kann eine Fläche von ca. 10 Hektar aufgeforstet werden, davon 65 % Mischbaumarten;
- Betreute Waldfläche mit Waldpflegevertrag: 702 ha
- Zertifizierung nach den PEFC- Richtlinien
Forst befindet sich im Wandel
Die Serie von Unser Allgäu stellt die forstwirtschaftlichen Zusammenschlüsse heute und morgen vor. Mehr Infos zur Serie finden Sie hier.
Im ersten Teil der Serie geht Ignaz Einsiedler auf die Veränderungen im Laufe der Zeit ein. Einsiedler gibt nach fast 50 Jahren den Vorsitz der WBV Kempten ab und kann auf einen starken Wandel im Wald zurückblicken, den Unser Allgäu beschreibt. Den Artikel über Ignaz Einsiedler finden Sie hier.
Im zweiten Titel lädt Andreas Täger, der Geschäftsführer der Waldbesitzervereinigung Westallgäu, zu einem Rundgang ein. Hierbei wird deutlich, welche besonderen Wälder in seinen Zuständigkeitsbereich fallen. Hier finden Sie den Artikel.
Im dritten Teil geht es um die Forstreform, die inzwischen 15 Jahre her ist. Doch nicht immer ist nach wie vor nicht eindeutig, wer wofür zuständig ist. Roman Prestele klärt auf. Den Artikel finden Sie hier.
Im vierten Teil stellen wir Dieter Stosik, Geschäftsführer der FBG Füssen, vor. Mit Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit will Stosik das Verständnis für die Forstwirtschaft wecken. Waldbesitzer brauchen ein Gesicht in der öffentlichen Wahrnehmung, sagt er. Hier finden Sie den zugehörigen Artikel.