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Wasserkraft

Rappenalptal – es kehrt keine Ruhe ein

Weiter im Fokus: Der Rappenalpbach wurde im vergangenen Herbst – unerlaubt – begradigt. Jetzt sieht der BN weitere Gefahr für das Tal, wenn die Pläne für ein Wasserkraftwerk „ausgegraben“ werden.
Josef Gutsmiedl
am Dienstag, 28.03.2023 - 12:35

Ein Investor will am Rappenalpbach ein Wasserkraftwerk errichten, genau an jener Stelle, die bereits für Wirbel gesorgt hatte.

Oberstdorf/Kempten - In den Oberstdorfer Bergen – genauer im Rappenalptal – scheint keine Ruhe einzukehren. Die „Geschichte“ um eine Bachbegradigung im Naturschutzgebiet Allgäuer Hochalpen ist noch nicht aufgearbeitet. So machte der Bund Naturschutz BN kürzlich in einer Pressemitteilung auf eine mögliche „erhebliche Beeinträchtigung“ des noch weitgehend natürlichen Abschnitts des Rappenalpbaches aufmerksam.

Ein privater Investor, so der BN, wolle genau dort ein Wasserkraftwerk errichten. Eine Neuerung im Erneuerbare-Energie-Gesetz und eine EU-Notfall-Verordnung öffne möglicherweise eine neue Gelegenheit, das Projekt aus dem Jahr 2009 doch noch auf den Weg zu bringen.

Schon einmal abgelehnt

Damals wurde ein entsprechendes Genehmigungsverfahren eingeleitet. Die zuständige Genehmigungsbehörde verweigerte jedoch das naturschutzrechtliche Einvernehmen, da das Vorhaben der Naturschutzverordnung „Allgäuer Hochalpen“ zuwiderlaufe. Das Landratsamt Oberallgäu folgte dieser Einschätzung und versagte eine Genehmigung.

Ein Klageverfahren der damaligen Investorengruppe wurde nicht vorangetrieben und sei, so die Auskunft des Landratsamtes „statistisch erledigt“. Allerdings beantragte die Gruppe im Jahr 2011 eine erneute Prüfung des Antrages und die Wiederaufnahme des Genehmigungsverfahrens. Die rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen hätten sich geändert, so die Argumentation. Eine Entscheidung gab es wegen interner Differenzen im Kreis der Investoren damals nicht, und das Verfahren wurde in der Folge in den Ruhezustand versetzt.

Bislang liegen noch keine Unterlagen vor

„Im Jahr 2021 wurde uns mitgeteilt, dass das Projekt wieder aufgegriffen werden soll“, so die Stellungnahme aus dem Landratsamt Oberallgäu anfangs der Woche. Bislang liege aber weder ein Antrag auf Genehmigung vor, noch die erforderlichen Planunterlagen oder Gutachten. „Sollte ein Antrag eingereicht werden, wird dieser anhand der gesetzlichen Vorgaben in einem umfangreichen Verfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung und unter Berücksichtigung von Fachbehörden geprüft“, betont Pressesprecherin Franziska Springer.

Dabei sei allerdings zu berücksichtigen, dass sich die rechtlichen Bedingungen geändert haben: Sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene ist inzwischen gesetzlich verankert, dass der Ausbau erneuerbarer Energien – inclusive Wasserkraft – im „überragenden öffentlichen Interesse“ liege.

BN fordert: Naturschutzgebiete müssen tabu bleiben

Eine Neuerung, die auch beim BN angekommen ist. Der Naturschutzverband, voran die Kreisgruppe Kempten-Oberallgäu, erkennt zwar das Ziel „100 Prozent erneuerbare Energien“ an, fordert jedoch: Naturschutzgebiete müssen tabu bleiben! Zudem sei der Rappenalpbach als Biotop geschützt und eines von nur noch zwei Oberflächengewässern in Bayern, die „in sehr gutem ökologischen Zustand“ seien.

Offenbar würden nun alte Vorhaben aus der Schublade geholt, um die veränderten Rahmenbedingungen und einen daraus resultierenden Vorteil zu nutzen. Der Landesvorsitzende des BN, Richard Mergner, unterstreicht in der Pressemitteilung: „Wir fordern den bayerischen Umweltminister Thorsten Glauber und die Oberallgäuer Landrätin Indra Baier-Müller auf, diesen Plänen sofort eine Riegel vorzuschieben.“

Die Position des BN will die Oberallgäuer Landrätin jedenfalls so nicht hinnehmen. Indra Baier-Müller: „Meine Verwaltung und ich werden uns nicht an Spekulationen beteiligen, ob oder ob nicht die Arbeiten am Rappenalpbach mit den Absichten der Investoren, ein Wasserkraftwerk im Stillachtal zu errichten, in Zusammenhang stehen.“

Die Emotionen raushalten

Der BN fordere von Umweltminister Thorsten Glauber und ihr, der Landrätin, letztlich Rechtsbeugung und Behördenwillkür. Dem werde man keinesfalls folgen. Sollte die Investorengruppe einen ordentlichen Antrag vorlegen, würden die Behörden diesen prüfen und in Einklang mit der gültigen Rechtssprechung bescheiden. „So wie wir es in der Vergangenheit bereits getan haben.“ Die Landrätin weiter: „Ungeachtet der Situation am Rappenalpbach müssen wir bei dieser Frage emotionale Diskussionen und nicht belegte Annahmen vermeiden und stattdessen rationale Entscheidungen treffen.“

Die Marktgemeinde Oberstdorf behandelt das Thema bislang als „nicht öffentlich“. Zu gegebener Zeit, so die Auskunft der Verwaltung, werde man sich auch in öffentlicher Sitzung der Gremien damit befassen entsprechend dem rechtlich vorgesehenen Prozedere.