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Allgäu

Rappenalptal: Aussage steht gegen Aussage

Rappenalpbach
Michael Nagel Portrait
Michael Nagel
am Mittwoch, 28.12.2022 - 16:39

In der Vorwoche hatte Alpmeister Hannes Thaumiller der Landrätin vorgeworfen, zu lügen. Nun weist die Landrätin den Vorwurf zurück.

Hannes Thaumiller, Vorsitzender der Alpgenossenschaft Rappenalptal, hat sich erstmals zu den baulichen Eingriffen in den Rappenalpbach geäußert.

Jetzt kommt Bewegung in die Aufarbeitung der Hintergründe, die zum „Umweltskandal“ im Rappenalptal geführt haben. Denn der Vorsitzende der beschuldigten Weidegenossenschaft, Hannes Thaumiller, hat sich erstmals zu den Vorwürfen geäußert. Im Interview mit dem Wochenblatt widerspricht er Aussagen von Landratsamt und aus Reihen des Naturschutzes. Der Oberallgäuer Landrätin Indra Baier-Müller wirft er gar vor, gelogen zu haben.

Wie berichtet hatte ein Starkregen am 19. August dazu geführt, dass der Rappenalpbach bei Oberstdorf eine Menge an Geröll in die angrenzenden Weideflächen gespült hat, teilweise bis zu einem Meter hoch. Auch der Alpweg in das Rappenapltal wurde überspült. Entgegen der Meinung von Naturschützern komme es immer wieder vor, dass Wildbäche ausufern, sagt Thaumiller. Er erinnert sich an mindestens gleich große Schäden in den Jahren 1999 und 2005, als die damaligen Alpmeister den Wildbach in Abstimmung mit dem Landratsamt wieder mit Baggern und Schubraupen „in Form“ gebracht haben. Das sei auch diesmal wieder nötig gewesen.

Gemeinsame Begehung

Nachdem der Wildbach über die Ufer getreten ist, sei es am 30. August „direkt am Bach“ zu einem Treffen mit Vertretern der Naturschutzbehörde beim Landratsamt gekommen. Dabei habe ein Mitarbeiter eine Skizze (die leider nicht mehr vorliegt) angefertigt, wie eine Modellierung des Geländes aussehen könnte. „Schon am selben Abend haben wir dann den Bescheid vom Landratsamt bekommen. Mit dabei war auch ein Luftbild, wo die ganzen 1,6 km gelb markiert waren,“ erklärt Thaumiller. Ebenso sei darin vermerkt, dass mit den Arbeiten „schon am Freitag nach der Begehung“ begonnen werden könne.

Wer hat wann was gesagt?

Zur entscheidenden Frage, ob der Bescheid aus dem Landratsamt tatsächlich eine „Genehmigung“ für die umfangreichen Arbeiten war, erklärt Thaumiller: „Keiner hat uns gesagt, dass eine andere Fachabteilung im Landratsamt zuständig sei. Auch hat keiner gesagt, dass es weitere Prüfungen oder Genehmigungen braucht!“ Daraufhin habe die Alpgenossenschaft die Firma Geiger, Oberstdorf, mit den Baggerarbeiten beauftragt. Die ersten Bagger seien am Montag, den 26. September eingetroffen. Thaumiller habe den Bauleiter und die Fahrer entsprechend der Vorgaben aus dem Aktenvermerk und der Zeichnung eingewiesen. „Der gelb markierte Verlauf auf dem Luftbild hat die Strecke ja vorgegeben“, sagt er.

Wann genau Thaumiller die ersten Fotos vom Baufortschritt ans Landratsamtsamt geschickt hat, geht aus dem Interview nicht hervor. Laut Landratsamt seien erste Fotos erst am 6. Oktober dort eingetroffen, wie es jetzt in einer Mitteilung der Behörde heißt. Am gleichen Tag habe „unser Kollege (...) unter Zeugen noch am Telefon den Vorsitzenden der Alpgenossenschaft angewiesen, die Bagger umgehend aus dem Bach zu holen“, heißt es aus dem Landratsamt.

Thaumiller bestreitet Baustopp

Diesen Baustopp aber bestreitet Thaumiller: „Gar nicht“, sei dieser angeordnet worden. „Ich habe die Bilder um 8 Uhr morgens an das Landratsamt geschickt und um 11 Uhr wurde ich angerufen, dass alles so aussieht wie besprochen und die Arbeiten so weitergehen können. Erst am 24. Oktober sei für den kommenden Tag eine weitere Besichtigung mit Wasserwirtschaftsamt (WWA) und der Gemeinde Oberstdorf vereinbart worden. Dabei habe das WWA einen sofortigen Baustopp verhängt. „Bereits am nächsten Tag wurden die Bagger abgeholt“, so Thaumiller.

„Falsch“ seien auch Mutmaßungen, die Älpler wollten einen Hubschrauberlandeplatz anlegen. Die besagte Stelle sei ein Holzlagerplatz, der seit über 20 Jahren auch für Rettungs- und Versorgungsflüge genutzt werde. Beim Umdrehen hätten die Bagger den Platz „aus Versehen aufgerissen“, was dann wieder glatt gemacht worden sei, erklärt der Älpler.

An vielen Punkten stellt Thaumiller im Interview die Darstellung und Kommentare aus dem Landratsamt infrage. In mehreren Punkten steht Aussage gegen Aussage. „Ich weiß noch genau, was wir vor Ort mit ihrem (der Landrätin) Mitarbeiter vereinbart haben. Der hat scheinbar einen großen Fehler gemacht“, sagt Thaumiller und unterstellt der Landrätin, in der Öffentlichkeit die Tatsachen verdreht und sich in ihren Lügen verstrickt (zu haben). “Die Schäden, die daraus für die gesamte Alpwirtschaft, unsere Existenz, meine Familie und für mich entstanden sind, sind nicht wieder gutzumachen.“

Vorwurf der Lüge

Darauf hat die Landrätin reagiert und weist den von Thaumiller erhobenen Vorwurf der Lüge zurück: „Meine Verwaltung hat sich korrekt verhalten“, heißt es in einer Mitteilung von Mittwoch dieser Woche. Es seien „punktuelle Sofortmaßnahmen“ an vier Stellen vereinbart worden, wiederholt sie. Juristen beurteilten die von der Alpgenossenschaft durchgeführten Maßnahmen „unzweifelhaft um einen genehmigungspflichtigen Gewässerausbau“.

Für jeden verständigen Empfänger sei „eindeutig erkennbar“ gewesen, dass es sich nicht um eine wasserrechtliche Genehmigung eines Gewässerausbaus im Umfang von 1,6 km eines Wildbachs in einem hochsensiblen Naturraum handele.

Landrätin Indra Baier-Müller bezichtigt Hannes Thaumiller nun ihrerseits der Lüge. Er habe „in mehrfacher Hinsicht nachweislich die Unwahrheit gesagt“. Seine jüngsten Äußerungen seien „offensichtliche Schutzbehauptungen“.