Fischach/Lks. Augsburg Auf zwei Jahrzehnte Arbeit für die bäuerliche Landwirtschaft mit all ihren Facetten kann die bayernweite „Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft“ zurückblicken. Die Regionalgruppe Bayerisch-Schwaben wurde 2011 gegründet. Geschäftsführerin Andrea Eiter freute sich nach den Coronajahren wieder zu einer Jahreshauptversammlung einladen zu können.
Wiederkäuer veredeln Pflanzen für uns Menschen
Ulrich Mück (Friedberg) sprach über die „Bedeutung der Rinderhaltung für eine nachhaltige Landwirtschaft und Ernährung“. Nachhaltigkeit sei vom Umweltgedanken her kaum zu trennen, sagte Mück. Dies gehe zurück bis ins Mittelalter, als das Heizmaterial Holz aufgrund Übernutzung knapp wurde. Nachhaltiges Denken habe dazu geführt, stärker vorauszudenken und die Holznutzung zu regulieren. Diese Vorgehensweise sei mit der heutigen Situation vergleichbar. Auch in der Landwirtschaft sei Ernährungssicherheit vielfach mit Nachhaltigkeit verbunden: Es herrsche die Denke: „Wenn ich meinen Hof so oder so bewirtschafte, kann ich meine Familie in den nächsten Jahren auch noch ernähren.“
Mück sprach vom „Warenkorb Erde“. Demnach teilten sich die landwirtschaftlichen Flächen, aus denen Erzeugnisse für Ernährung hervorgehten weltweit in 75 % Grünland und 25 % Acker auf. Deutschlandweit sei dieses Verhältnis fast umgekehrt, nämlich 29 % Grünland und 69 % Acker. Im Öklolandbau liege das Verhältnis hierzulande bei 52 % Grünland und 46 % Acker. Mück machte deutlich, dass auf einem großen Teil der landwirtschaftlichen Nutzflächen Pflanzen wachsen, die für den Menschen unmittelbar nicht essbar sind. Also solche, die erst durch Wiederkäuer in Lebensmittel für den Menschen veredelt werden.
Rinder sorgen für Humusaufbau
Mück stellte klar heraus, dass Tiere, die Grünland verwerten, seit Millionen Jahren CO2 aus der Atmoshäre binden und erheblich mit verantwortlich sind für den Humusaufbau. Auch zeigte er die große gemeinsame Kulturgeschichte der Menschen und der Rinder an verschiedenen Beispielen auf. So ginge das Zeichen „A“ im Alphabet auf das semitische Schriftzeichen „aleph“ für Rinder zurück. „Somit stehen Rinder am Anfang unseres Alphabets und unser A auf deren Hornspitzen“, erläuterte Mück.
Der Referent griff auch einen in der breiten Gesellschaft oft gehörten Vorwurf auf: „Die Rinder und ihr Methan sind doch Schuld am Klimawandel, da es heute so viele gibt!?“ Dies widerlegte Mück anhand aktueller Zahlen: Es gebe heute im viehreichen Bayern 22,7 % weniger Kühe als 1873! Und deshalb sei auch der Methangas-Ausstoß der Rinder in Deutschland seit 1950 um 12 % rückläufig. Seit 1990 sogar um 27 %!
Vollweide ist besonders vorteilhaft als klimaschonende Rinderhaltung
Ergänzend zeigte der Experte auf, wie klimaschonende Rinderhaltung aussehen könnte: Vollweide spare mindestens 91 % fossilen Energieeinsatz gegenüber Stall-Fütterung! Auch auf die Effizienz der Erzeugung tierischer Lebensmittel ging Mück an diesem Abend ein: Rinder verwandelten für den Menschen nicht essbares Grün in Milch und Fleisch. Sofern sie mit Grünland gefüttert werden, seien sie so die effizientesten landwirtschaftlichen Tiere. Sie bringen von der Energiedichte her umgerechnet mehr „Lebensmittel“ hervor, als an sie verfüttert wird.
Weiter widerlegte er den immer wieder vorgebrachten Vorwurf, Rinder seien Wasserverschwender. „Sie saufen nur soviel, wie sie für ihr Wohl und die Milchgewinnung benötigen“ sagte er. „Und natürlich können sie nichts dafür, wenn viel Regen auf ihr Futter fällt“– und dieser Regen mitgerechnet werde.
Weiderinder reduzieren Borreliose-Gefahr für Menschen

Ergänzend wies der Referent auf einen bisher relativ wenig beachteten aber wichtigen Aspekt der Rinderhaltung hin: „Weiderinder leisten Gesundheitsvorsorge für die Menschen, da sie Borreliose reduzieren: Durch den Biss an Rindern, Schafen und Ziegen werden Zecken, die Überträger auf den Menschen, von der Krankheit Borreliose „geheilt“ und seien nachher nicht mehr infektiös.
Weiter interessant: Durch Grünland und Rinder werde die Ernährungssicherheit gefördert, denn auf Grünland könne mehr Regen versickern als auf dem Acker. Grünland sei zudem erosionsschützend und auch widerstandsfähiger gegen Spätfröste und Auswinterung. Nach Hagel treibe Grünland vergleichsweise schneller neu aus. Dies gelte auch nach Dürreperioden.
Mück schloss seinen Vortrag mit der Feststellung, dass Rinder für eine nachhaltige Landwirtschaft und Ernährung unentbehrlich sind. Zukünftige nachhaltige Ernährung müsse regional sein und aus vielfältiger pflanzlicher Nahrung auf einer Basis von Rindfleisch und Milch aus Grünland-Fütterung bestehen.