
Erkheim/Lks. Unterallgäu - Beim schwäbischen „Info-Treff“ des Verbandes der Milcherzeuger Bayern e.V. (VMB) in Erkheim konnte VMB-Vorsitzender Wolfgang Scholz mit Silvio Reimann (54) einen Praktiker begrüßen, der als Geschäftsführer des Großbetriebs „Milch-Land GmbH Veilsdorf“ in Thüringen über seine Arbeit berichtete.
Reimanns Betrieb liegt im schon fränkisch geprägten südthüringischen Veilsdorf, unweit von Coburg und ist aus dem Zusammenschluss der LPG Tierproduktion Veilsdorf und der LPG-Pflanzenproduktion Hessberg entstanden. Die Betriebsfläche beträgt 4870 ha, davon sind 2740 Acker- und 1975 ha Grünland. Hinzu kommen 95 ha Forst. Diese Flächen werden von 113 Mitarbeitern und bis zu zwölf Lehrlingen bearbeitet. Der Jahresumsatz beträgt etwa 13 Mio. €. Die Rindfleischerzeugung ist QS- und die Milchproduktion QM-zertifiziert. Die Milch wird GVO-frei erzeugt. 2014 hat der Landwirt in ein neues Melkkarussell für die Holstein-Herde angeschafft.
Gute Mitarbeiter finden und halten
Reimann machte deutlich, dass die Mitarbeiterführung in so einem Großbetrieb durchaus schwierig ist: „Davon habe ich viele graue Haare bekommen“, sagte er. Ebenso schwierig sei es, gute Mitarbeiter zu bekommen. Dass es bei ihm einigermaßen funktioniere, zeige die niedrige Fluktuationsrate. Dies führt Reimann auf ein gutes Betriebsklima, geregelte Arbeitszeiten mit einem Acht-Stunden-Tag sowie geregeltem Urlaubsanspruch zurück. Zudem legt er großen Wert auf eine angemessene Bezahlung und Sachleistungen.
Um die Zukunft bewältigen zu können, will Reimann noch mehr Wert auf die laufende Modernisierung seines Unternehmens legen. Dazu gehöre vor allem auch die Sicherung der Flächen. Das sei wichtiger, als in neue Ställe zu investieren. Auch bei der Milchleistung seiner Kühe soll „nicht übertrieben werden“. Mit der aktuellen Herdenleistung von 9.000 bis 10.000 kg Milch ist Reimann zufrieden. „Nicht immer weiter zu wachsen“ ist seine Devise für die kommenden Jahre. Besser sei es, interne Effizienzreserven zu erschließen. Weiteres Einkommen verspricht sich der Landwirt über Diversifizierung und Nachhaltigkeit. „Doch auch Diversifizierung hat Grenzen und macht zusätzlich Arbeit“, gab er zu bedenken.
Reimann ist stellvertretender Vorstandsvorsitzender der genossenschaftlichen Milchwerke Oberfranken West in Meeder bei Coburg. Dort müssen die Landwirte Neubauten mit der Molkerei absprechen. Der Hintergrund dazu: Wer mehr liefert will, muss auch zusätzlich Anteile kaufen. Es sei wichtig, mit dem Verbraucher im Gespräch zu bleiben, betonte er. Man müsse stetig um Akzeptanz für die Arbeit der Landwirte werben. Und klar sei überdies: „40 Cent Milchgeld brauchen wir einfach. Jeder der sagt, dass er billiger produzieren kann, lügt sich in die eigene Tasche,“ betonte der Landwirt.
Butterverbrauch sinkt, Käse weiterhin gefragt
Den Milchmarkt beleuchtete Jürgen Geyer, der Geschäftsstellenleiter des VMB in Kempten. Die steigende Bevölkerungszahl in Deutschland (Stand 2019: über 83 Mio. Einwohner) lasse grundsätzlich ein Wachstum in der Milchbranche erwarten. Allerdings gebe es kein einheitliches Bild und durchaus auch gegenläufige Tendenzen: Während der Butterabsatz im letzten Jahr um 200 g/Einwohner zurück gegangen ist, habe sich der gute Trend bei Käse fast gehalten. Mozzarella stehe weiterhin in der Verbrauchergunst.

Unter den Gästen waren auch Unterallgäus Kreisobmann Martin Schorer (l.) sowie Kreisbäuerin Margot Walser (nicht auf dem Bild).
Die Nachfrage nach Bio- und Weidemilch steigt
Bei Konsummilch und Frischprodukten musste man erneut einen rückläufigen Verzehr feststellen. In der Gruppe „Trinkmilch“ wiederum habe sich ein gesteigertes Interesse an Bio- und Weidemilch gezeigt - mit Zuwachsraten. „Die deutschen Verbraucher haben den Absatz von Weidemilch auf einen Handelsumfang von fast 100 Mio. kg Milch steigen lassen“, berichtete er. Konsummilch sei trotzdem das Sorgenkind, da der Gesamtverbrauch von 53 auf 50 l zurückgegangen ist. Geyers Fazit: Der Konsum an Milchprodukten habe in Deutschland seine Grenzen erreicht, ein Mehrverbrauch entstehe nur über ein Bevölkerungswachstum.
Sorgen bereiten dem Fachmann die Querschüsse des amerikanischen Präsidenten Trump und die damit zusammenhängenden Strafzölle auf Käse. Grundsätzlich erwartet Geyer aber eine gute Export-Nachfrage und einen aufsteigenden Trend. Möglich seien bei manchen Molkereien dennoch leichte Milchpreiserhöhungen. Momentan sieht er beim Preis eine Seitwärtsbewegung in Europa und weltweit.
Bei anzeigepflichtigen Seuchen finanzielle Hilfe
Der schwäbische BBV-Bezirkspräsident und zweiter stellvertretender Vorsitzender des VMB, Alfred Enderle, stellte die Grundprinzipien des Milchförderungsfonds (MFF) und des Maul- und Klauenseuche-Fonds (MKS-Fond) vor. Der MFF trage mit einem Teil der von den Milcherzeugern eingelegten 0,05 ct zur Image- und Absatzförderung sowie der Informations- und Marktarbeit bei.
Aus dem MKS-Fonds sowie durch Zuführung von Mitteln aus dem MFF werden die Milcherzeuger bei MKS und auch bei allen anderen anzeigepflichtigen Tierseuchen unterstützt. Neu sei, dass aus dem MKS-Fond im Schadensfall auch Milcherzeuger unterstützt werden, die zusätzlich noch eine ergänzende Ertragsschadenausfallversicherung abgeschlossen haben. „Wir haben dies beim BBV sehr genau angeschaut und diskutiert, da es ja ein BBV-Unterkonto ist,“ stellte Enderle fest.
Onlineverzeichnis für den Milchverkauf ab Hof
VMB-Geschäftsführer Dr. Hans-Jürgen Seufferlein gab einen Überblick über aktuelle und milchwirtschaftliche Themen. Er wies beispielsweise auf die neu gestaltete Verbandshomepage www.milcherzeugerverband-bayen.de hin. Darin gebe es auch eine bayernweite Übersicht, wo Milch ab Hof gekauft werden kann. Vorteile sind unter anderem die einfache Registrierung und die Steigerung des Bekanntheitsgrads für Milcherzeuger sowie die für Verbraucher praktische Anbietersuche. Zudem ging der Referent auf die Definition der Kombinationshaltung ein, zu der Interessierte auch auf der VMB-Homepage wichtigen Erläuterungen finden.
Seufferlein sprach den Maßnahmenkatalog der Tierwohl-Kriterien sowie die Kriterien der Paratuberkulose-Untersuchungen an. Zudem informierte er über Neuerungen beim Standard QM-Milch ab Januar 2020. Die wichtigsten Veränderungen für die Milcherzeuger sind unter anderem die Ermittlung des Trächtigkeitsstatus, die Lagerung von Arzneimitteln sowie ein ordentliches Erscheinungsbild des Betriebs.