
Sulzberg/Lks. Oberallgäu - Von keinem leichten Jahr und schwierigen Milchpreisverhandlungen berichteten die Vorstände der Milcherzeugergemeinschaft (MEG) Kempten-Oberallgäu w.V. bei der Mitgliederversammlung in Sulzberg. Über die Gespräche mit der Firma Stegmann Emmentaler Käsereien GmbH informierte der 1. Vorsitzende der MeG, Ferdinand Gruber, über die mit der Edelweiss GmbH & Co. KG der 2. Vorsitzende Georg Hiepp.
44,52 Mio. kg Milch angeliefert
Die 165 Mitgliedsbetriebe der MEG Kempten-Oberallgäu lieferten 2019 insgesamt 44,52 Mio. kg Milch an, davon 18,79 Mio. kg an Edelweiß, 20,82 Mio. kg konventionelle Milch an Stegmann und 4,91 Mio. kg Biomilch an Stegmann. Obwohl 16 Betriebe und 1,45 Mio. kg Milch weniger als 2018, stieg die durchschnittliche Liefermenge pro Betrieb um 16.000 kg auf 270.000 kg. Der vorläufige Milchpreis 2019 (ohne Nachzahlung) beläuft sich bei Edelweiß auf 35,79 ct/kg und bei Stegmann auf 36,22 ct/kg. Stegmann Bio kommt vorläufig auf 47,57 ct/kg, das sind ca. 2 ct weniger als 2018.
Nur kleiner Teil der Biomilch kann kostendeckend abgesetzt werden
Von insgesamt 10 Mio. kg angelieferter Biomilch habe die Firma Stegmann nur 3 Mio. kg kostendeckend vermarkten können, der Rest wurde am Spotmarkt verkauft, berichtete Ferdinand Gruber. Wegen der Absatzprobleme habe Stegmann versucht, die Biomilchmenge zu reduzieren. Die Kündigung von Biomilchlieferverträgen sei angedroht bzw. der vorzeitige Ausstieg aus dem Liefervertrag angeboten worden. Zudem musste in den Verträgen auf Preisabsicherung verzichtet werden. In der Folge wechselten zum Jahresende 13 Biomilchlieferanten der MeG zur Allgäu Milch Käse eG nach Kimratshofen.
„Selten hatten die Verhandlungspartner die gleichen Ansichten über die Milchpreisentwicklung“, berichtete Georg Hiepp aus den Verhandlungen mit Edelweiss. Der Preis für Fett und Eiweiß habe sich zugunsten von Eiweiß entwickelt, von Seiten der Molkerei sei aber kein höherer Preis zugestanden worden. „Hier haben wir einen Nachholungsbedarf!“, so Hiepp.
Neuer besonders sensibler Test
Er wies auch darauf hin, dass bei Edelweiss in der zweiten Jahreshälfte die Hemmstoff-Untersuchung auf die „BRT hi-sense“-Methode umgestellt werde. Dieser Test habe eine besonders hohe Sensitivität gegenüber einer Vielzahl von Tierarzneimitteln. Die Umstellung führte in der Diskussion zu Kritik: Der neue Test sei nur für Sammelmilch geeignet und nicht für die Probe bei der Einzelkuh – diese müsse mit dem alten Test erfolgen. Das könne dazu führen, dass der alte Test die Milch als „ok“ ausweist, die Sammelmilch aber beanstandet wird, wurde bemängelt. Für dieses Dilemma gebe es zurzeit keine Lösung, meinte Hiepp, der auch über Aktuelles aus der Bayern MeG berichtete.
Tierwohl: Bei schwerwiegenden Verstößen erfolgt Rauswurf
Dabei ging es auch um das Bestreben von Molkereien, den Tierschutz in die Lieferverträge mit aufzunehmen. Die Bayern MeG habe dazu einen Vorschlag entwickelt. Dabei wird zwischen schwerwiegenden und geringfügigen Verstößen gegen den Tierschutz unterschieden. Bei gravierenden Verstößen müsse die Milch nicht mehr abgeholt und auch nicht mehr bezahlt werden. Bei geringfügigen Verstößen wird eine (kurze) Frist zur Behebung gesetzt, die Milch müsse danach wieder abgeholt und bezahlt werden, erläuterten die Vorstände.
Hiepp wies auch darauf hin, dass über die Bayern MeG eine Warenkreditversicherung angeboten wird, die das Milchgeld bei Insolvenz einer Molkerei absichert. Auch die MEG Kempten-Oberallgäu hat ein Angebot angefordert.
Kaum Bewegung am Milchmarkt
„Eigentlich ohne viel Bewegung“, so lautete die Bilanz über den Milchmarkt 2019 von Jürgen Geyer vom Verband der Milcherzeuger Bayern e.V. (VMB), Geschäftsstelle Kempten. In Deutschland lag 2019 der durchschnittliche Milchpreis für konventionelle Milch bei 33 ct/kg. Die Milchanlieferung in der EU ist trotz der Dürre 2018 um +0,5 % gestiegen, was dazu führte, dass der Handel erneut Druck aufgebaut hat, vor allem bei Butter und Käse. Das erfreulich gute Geschäft mit Magermilchpulver sorgte wiederum für Entlastung am Markt. In Bayern lag 2019 der Auszahlungspreis für konventionelle Milch im Mittel bei 35,10 ct und für Biomilch bei 47,65 ct.
Mit Skepsis sieht Geyer den negativen Trend beim Verbrauch von Milch und Milchprodukten im Inland, obwohl die Bevölkerungszahl in Deutschland mit 83 Mio. Menschen einen neuen Höchststand erreicht hat. Die private Nachfrage nach Konsummilch, Butter, Joghurt, Quark und Käse ging zurück, dagegen stieg die Nachfrage nach Bio-Trinkmilch (+ 8,1 %), Weidemilch (+ 16,2 %) und Milchimitaten (+ 33,5 %). Offenbar suche der Verbraucher nach Alternativen zu Fleisch und Milch und reagiere auf Tierskandale.
Wie sich der Milchmarkt 2020 entwickelt, lasse sich schwer vorhersagen, bedauerte Geyer. Eigentlich war die Ausgangsposition im Hinblick auf Nachfrage und Angebot bis Mitte 2020 als gut zu bewerten. Das Angebot auf dem Weltmarkt und in der EU-28 war 2019 auf Vorjahresniveau und der Welthandel an Milchprodukten nahm zu – bei Magermilchpulver (MMP) um + 6,89 %, bei Vollmilchpulver (VMP) um + 3,22 %, bei Butter/-öl um + 1,80 % und bei Käse um + 4,05 %. Zudem hat China 2019 mehr MMP (+ 23 %) und VMP (+ 29 %) geordert. Der Export aus der EU verzeichnete Ende 2019 in fast allen Segmenten eine steigende Tendenz, so Geyer. Auch die Handelspreise im Inland waren ab Herbst fest bis leicht steigend.
Corona-Virus drückt auf die Märkte
Nun könnte aber durch das Corona-Virus der Handel mit China ins Stocken oder gar zum Erliegen kommen und in Folge die Milchpulverpreise in den Keller rutschen. Weitere Handelshemmnisse wie Handelseinschränkungen der USA gegenüber China und Europa, politische Auseinandersetzungen und der Brexit bergen weitere Unwägbarkeiten.
Ein Unsicherheitsfaktor ist auch der Trend zu veganen Lebensmitteln. Bei Trinkmilch und Quark war zwar die Nachfrage gut, die Verkaufspreise waren relativ stabil und die Bedingungen am Weltmarkt mit mehr Export aus der EU ebenfalls gut. Im April wird aber das Frische-Segment für Mai bis Oktober kontraktiert und wenn das Corona-Virus weiter sein Unwesen treibt, könnten die Preise auch hier absinken und würden dann bis Oktober stehen bleiben, auch wenn zwischenzeitlich die Nachfrage wieder steigt. „Zurzeit herrscht eine fragile Stimmung am Milchmarkt für die nächsten Monate“, fasste Geyer zusammen.
Neuwahlen und Ehrung
Wiedergewählt wurden Ferdinand Gruber (Waltenhofen-Martinszell) als 1. Vorsitzender und Georg Hiepp (Kempten-Leupolz) als 2. Vorsitzender. Neuer 3. Vorsitzender ist Manuel Diepolder (Waltenhofen-Leutenhofen). Als Beiräte wiedergewählt wurden Wolfgang Brack (Urlau), Hans-Peter Fleschutz (Probstried), Stefan Haslach (Durach-Feuerschwenden), Stefan Haider (Altusried), Sebastian Klaus (Waltenhofen), Gerhard Landerer (Sulzberg), Thomas Lang (Betzigau), Klaus Lerchenmüller (Kempten-West), Hermann Martin (Sulzberg), Harry Pfefferle (Wildpoldsried), Ferdinand Wölfle (Reicholzried) und – neu, für Bio – Philipp Kiechle (Altusried). Otto Köberle legte sein Amt als Kassenprüfer nieder, zu seinem Nachfolger bestimmten die Mitglieder Armin Hummel (Betzigau). Zweiter Kassenprüfer bleibt Manfred Neher (Durach).