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Kreisversammlung

An der Kommunikation hapert’s noch

Augsburg
Michael Ammich
am Donnerstag, 05.12.2019 - 10:16

Selbstkritik bei der Kreisversammlung des BBV Augsburg in Biburg.

Biburg/Lks. Augsburg - „Ich bin tief beeindruckt, wie es dem Netzwerk ,Land schafft Verbindung’ innerhalb weniger Tage gelungen ist, große Schlepper-Demonstrationen auf die Beine zu stellen“, sagte Schwabens BBV-Präsident Alfred Enderle auf der Kreisversammlung des Augsburger Bauernverbands in Biburg. „Ich verstehe nicht, warum der BBV das nicht schafft.“ Das Netzwerk habe gezeigt, welche Möglichkeiten es gibt, die Menschen über die neuen Medien zu erreichen. „Als Verband müssen wir hier dabei sein.“

Kommunikation muss besser werden

Als Vorsitzender des Landesfachausschusses Öffentlichkeitsarbeit im BBV bescheinigte er dem Verband, dass dieser zwar „fachlich unschlagbar“ sei. Aber seine oft mehrere Seiten langen Mitteilungen an die Mitglieder müssten offenbar stärker auf den Punkt gebracht werden.

Die Kommunikation mit der Basis sei auch ein verbandsinternes Problem, gab Enderle zu verstehen. Nicht jede Haltung und Argumentation des BBV komme bei den Mitgliedern tatsächlich an. „Im Landesfachausschuss für Öffentlichkeitsarbeit zerbrechen wir uns in jeder Sitzung den Kopf über die Frage, wie wir hier noch besser werden können.“ So habe der schwäbische Bauernverband dem Netzwerk „Land schafft Verbindung“ eine Zusammenarbeit angeboten.

Weniger Rückhalt in der Politik

Ein weiteres Problem bestehe darin, dass anders als noch vor wenigen Jahren kein einziger BBV-Bezirkspräsident mehr im bayerischen Landtag sitzt. Und selbst wenn das der Fall wäre, stünden auch diese bei Entscheidungen meist unter Fraktionszwang. Die CSU, die früher traditionell der Landwirtschaft nahe stand, erweise sich als Ausfall, nachdem sie Vorsitzender Markus Söder grüner machen will. „Es gibt also niemanden mehr, der uns hilft.“ Enderle verwies auf die wachsende Polarisierung zwischen Rechts und Links in Politik und Gesellschaft. „Die Landwirtschaft muss aufpassen, dass sie hier nicht zerrieben wird.“ Schon deshalb sei jeder Zeitaufwand, den sie in die Öffentlichkeitsarbeit steckt, eine gute Investition. 

Das gelte umso mehr, als die „Gehirnwäsche“ der Bevölkerung nicht nur über die Medien, sondern bereits in den Schulen stattfinde. Es sei schwierig, über die Medien Fachargumente in die Gesellschaft zu tragen. „Hier müssen wir oft auf Kindergarten-Niveau heruntergehen“, bedauerte Enderle.

Junge Menschen gezielt ansprechen

Überhaupt blicke die jüngere Generation kaum mehr in Print- oder TV-Medien, sondern oft nur noch in die neuen, sozialen Medien. „Wir müssen die jungen Leute erwischen, bevor sie in dieser Blase gefangen sind“, wandte sich der Bezirkspräsident an die Ortsobmänner und Ortsbäuerinnen. „Das ist Eure Aufgabe.“ Freilich gebe es auch Zeitgenossen, die sich ideologisch derart festgefahren haben, dass eine Auseinandersetzung mit ihnen gar nicht erst lohnt. Die Hälfte der Bevölkerung sei jedoch für vernünftige und sachlich-fachliche Argumente durchaus zugänglich.

Thomas Graupner, Kreisgeschäftsführer des Augsburger BBV, erläuterte den Ortsobleuten die basisdemokratischen Strukturen im Bauernverband. Ausschlaggebend für die Meinungsbildung von unten nach oben seien insbesondere die 18 Landesfachausschüsse des BBV, in denen jeweils einer der sieben Bezirkspräsidenten den Vorsitz führt. Die Fachauschüsse bilden die Vielfalt der landwirtschaftlichen Produktionsschienen und Interessen ab und setzen sich aus Vertretern der Bezirksverbände, der Landfrauen und der Landjugend zusammen. Die Ausschüsse sorgen dafür, dass auch regionale Belange Gehör finden.

Bezirkspräsident Alfred Enderle ist Mitglied in zwei Fachausschüssen: Öffentlichkeitsarbeit sowie Nebenerwerbslandwirtschaft und Diversifizierung. In beiden führt er zudem den Vorsitz. Darüber hinaus steht Enderle dem Arbeitskreis Grünland vor. Als Bezirkspräsidenten können die Vorsitzenden der Landesfachausschüsse die Meinungsbildung in die Präsidentenkonferenz transportieren, erklärte Enderle. Außerdem sitzen sie in den Fachausschüssen des Deutschen Bauernverbands. In die Landesfachausschüsse werden auch Vertreter der bayerischen Staatsministerien geladen, um sich mit der Politik vernetzen zu können.

Klageweg wird wohl öfter beschritten werden

Enderle zufolge beschäftigen sich die Ausschüsse nicht nur mit regionalen Themen, sondern richten ihren Blick beispielsweise auch auf den Brexit, die Gentechnik, den Klimaschutz oder das Mercosur-Freihandelsabkommen. Oft geht es darum, praxisfremde Vorgaben aus der Politik möglichst frühzeitig zu entschärfen. In den Ausschüssen gemeinsame Positionen zu finden, sei wichtig, weil sie der Politik als Vorlagen dienen können.

Enderle kündigte an, dass der Bauernverband im Dauerfeuer auf die Landwirtschaft „bis zur letzten Patrone kämpfen“ und künftig wohl auch vermehrt – beispielsweise in Sachen „Rote Gebiete“ – den Klageweg beschreiten werde.

Ausrufung zur Öko-Modellregion verwundert

„Die Stimmung in der Landwirtschaft ist so schlecht wie nie zuvor“, bekannte Kreisobmann Martin Mayr. Aber es gelte, nicht den Mut zu verlieren, sondern nach vorne zu schauen. Verwundert zeigte sich Mayr über die Ausrufung des Landkreises Augsburg zur Öko-Modellregion mit besonderer Förderung der ökologischen Landwirtschaft. „Es ist schon seltsam, dass davon weder der Bauernverband noch die Öko-Verbände etwas wussten.“ Vielmehr sei die Öko-Modellregion vom Landschaftspflegeverband eingefädelt worden.

Einen Rückblick auf die Landfrauenarbeit im vergangenen Jahr hielt Kreisbäuerin Andrea Mayr. Ganz besonders hob sie die Leistung der Bäuerinnen hervor, die die beiden Landfrauentage trotz des kurzfristigen Ausfalls des vorgesehenen Referenten bravourös gemeistert hatten. 
Schließlich versicherte der Leiter des AELF Augsburg, Wolfgang Sailer, den Ortsbäuerinnen und -obmännern die Solidarität seiner Behörde. „Wir müssen es schaffen, dass die Landwirtschaft wieder eine Wertschätzung erfährt.“ Dafür seien neue Wege der Kommunikation erforderlich. „Die Landwirtschaft muss es auch schaffen, wieder mehr Wertschöpfung aus ihren Produkten zu generieren.“