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Handwerk

Kerzen aus Bienenwachs - in der Silikonform wird jedes Detail sichtbar

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Brigitte Früh
Brigitte Früh
am Montag, 21.12.2020 - 08:45

Kerze aus Bienenwachs selbst herstellen - in mehreren Schritten zum angenehm duftenden Endprodukt.

Kerzen aus reinem Bienenwachs verströmen einen unvergleichlichen Duft, erinnern mit ihrer sattgelben Farbe an den Sommer und schaffen eine behagliche Atmosphäre im Raum. Ihre Herstellung ist aufwändig und zeitintensiv. Vom winzigen Wachsplättchen, das die Honigbiene in ihren Wachsdrüsen erzeugt, bis hin zur fertigen Bienenwachskerze sind viele Arbeitsschritte und ein hoher Energieaufwand, zunächst seitens der Honigbiene, und dann auch vom Imker erforderlich.

Wachs reinigen

Kerz-oeffnen

Bevor Bienenwachs zum Gießen von Kerzen verwendet werden kann, muss es geklärt und gereinigt werden. Selbst kleine Unreinheiten führen dazu, dass die Kerze nicht richtig abbrennt oder sogar erlischt. Zur Grobreinigung wird das Wachs im Wasserbad geschmolzen und durch ein Edelstahl-Sieb in ein Gefäß mit einigen Zentimetern Regenwasser gegossen. Danach wickelt man das Gefäß in Decken ein, damit das Wachs möglichst langsam abkühlt und Schwebstoffe absinken können. Der erstarrte Wachsblock wird aus dem Gefäß gestürzt und das Wasser samt Verunreinigungen weg geschüttet. Weiterer Schmutz, der sich unten am Wachsblock abgesetzt hat, wird abgekratzt. Für Kerzen wird das Wachs erneut verflüssigt und durch ein Filtervlies, zum Beispiel Dunstabzugsvlies, oder einen fein gewebten Stoff gegossen. Dieser Vorgang kann nochmal wiederholt werden.

Um eine Verfärbung oder Verseifung des Wachses zu vermeiden, sollten kalkfreies Wasser und Gefäße aus Edelstahl, (unbeschädigtem!) Emaille oder Kupfer verwendet werden. Für das Einschmelzen im Wasserbad eignet sich ein Einkochautomat bestens.

Der richtige Docht

Kerz-Docht

Bienenwachskerzen können aus Mittelwänden gerollt oder ausgestochen, in Silikonkautschukformen gegossen oder aus flüssigem Wachs gezogen werden. Grundsätzlich muss die Dochtstärke zum Kerzendurchmesser passen, sonst brennt die Kerze zu schnell ab oder der Docht „ertrinkt“ im Wachs. Ganz wichtig ist es, dass das „V“ im Flechtmuster des Dochtes in Brennrichtung immer nach oben offen ist. Weil man das schlecht sieht, markiert ein Knoten im Docht, wo an der Kerze oben ist. Diesen Knoten flicht man nach dem Ablängen des Dochtes am besten gleich wieder in den Restdocht.

Mit dem Gießen in Silikonkautschukformen lassen sich die unterschiedlichsten Kerzenmotive herstellen, vom Osterei über Teelichter, Christbaumkerzen bis hin zu Tieren, Blumen und weihnachtlichen Motiven. Gießformen aus Silikon sind beispielsweise im Imkereifachhandel erhältlich und nicht ganz billig. Sie können aber auch selbst hergestellt werden, etwa in Kursen von Imkerschulen. Dafür benötigt man ein Original von den gewünschten Motiven.

Kerz-Gießform-Rose

Silikongießformen sind an einer Seite bis zur Mitte hin aufgeschnitten. Vor dem Gießen wird der Docht in der richtigen Richtung eingelegt. Achtung: In der Gießform steht die Kerze auf dem Kopf! Bei Christbaumkerzen, deren Gießform nicht seitlich offen ist, wird der Docht mit einem Dochteinfädler eingezogen. Danach schließt man offene Gießformen durch das Anbringen von Haushaltsgummis und strafft den Docht, indem man zwei Holzspieße mit Gummis fest verbindet und den Docht dazwischen durchzieht. Sitzt der Docht jetzt stramm und mittig, kann das zuvor eingeschmolzene Wachs zum Beispiel mit einem Schnabellöffel zügig eingegossen werden. Das Schmelzen des Wachses im Wasserbad nimmt, je nach Größe des Wachsblockes, durchaus einige Stunden in Anspruch. Diese Zeit sollte einkalkuliert werden, wenn man Kerzen gießen will.

Nach dem Erkalten, was je nach Durchmesser der Kerze und Temperatur im Raum unterschiedlich viel Zeit braucht, kann man die Kerze entnehmen und nach Wunsch nachbearbeiten oder bemalen. Der Docht wird zum Schluss noch in flüssiges Wachs getaucht, so brennt er leichter an.

Faszinierend ist, wie beim Gießen in Silikonformen jedes noch so winzige Detail im Motiv wiedergegeben wird. Die fertige Kerze ist problemlos zu entnehmen. Eine handgefertigte Kerze aus echtem Bienenwachs ist etwas ganz Besonderes, bereitet viel Freude und lohnt auf jeden Fall den Aufwand! Brigitte Früh

Wertvolles Naturprodukt

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Bienenwachs war früher ein unersetzbarer Rohstoff, etwa zur Herstellung von Kerzen. Obwohl es inzwischen eine Vielzahl an Ersatzwachsen gibt, gewinnt reines Bienenwachs heute wieder an Bedeutung und hat seinen Preis. Es wird natürlich in der Imkerei, aber zum Beispiel auch zur Herstellung von Kosmetik, für Salben, Wachsauflagen, Lacke, Möbelpolituren, als Trennmittel in der Lebensmittelindustrie, zum Modellieren und zur Kerzenherstellung eingesetzt. Ein aktueller Trend ist die Herstellung von Bienenwachstüchern zur Aufbewahrung von Lebensmitteln anstelle von Frischhaltefolien oder Plastiktüten.

Die Honigbienen erzeugen Wachs in ihren Wachsdrüsen und scheiden es als winzige farblose Wachsplättchen mit je 0,0008 g Gewicht aus („ausschwitzen“). Erst durch die Beimischung von Pollenbestandteilen, Drüsensekreten und Kittharzanteilen entsteht die gelbe Färbung. Durch Belauf und Bebrüten wird das Wachs dunkler. Bienenwachs besteht aus Fettsäuren, Alkoholen und Fettsäureestern. Insgesamt sind über 300 verschiedene Stoffe enthalten, davon haben nur vier Stoffe über 5 % Anteil.

Der Imker gewinnt Bienenwachs durch das Einschmelzen von Waben oder Wachsdeckeln, die beim Entdeckeln von reifen Honigwaben anfallen. Vor der Weiterverarbeitung folgen mehrere Arbeitsgänge, in denen das Wachs geklärt und gereinigt wird. Bei längerer, kühler Lagerung bildet sich auf Bienenwachs ein reifartiger, grauer Überzug, die so genannte Wachsblüte. Dies ist kein Verderb, sondern ein Kennzeichen reinen Bienenwachses. Der Graubelag kann leicht durch Abwischen mit einem Tuch oder leichte Erwärmung mit einem Haarföhn entfernt werden.

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