Immer mehr bäuerliche Familien entdecken ihr Herz für den Artenschutz, auf immer mehr Blühflächen finden Insekten, Vögel und Wild einen Rückzugsraum mit vielfältigem Nahrungsangebot. In Birkhausen, mitten in der intensiv bewirtschafteten Agrarlandschaft des Nördlinger Rieses, nimmt der Betrieb von Tanja und Markus Zellinger als einer von drei bayerischen Betrieben an einem Projekt zum Insektenschutz teil. Auf mehreren Ackerschlägen wurden „Beetle Banks“ angelegt. Dabei handelt es sich um Erdwälle, die mit Blühmischungen eingesät werden und neben Käfern auch anderen Insekten ein Zuhause geben sollen.

Erfahrungen zu den Insektenwällen gibt es in Mitteleuropa kaum

Erfahrungen zu den Insektenwällen gibt es in Mitteleuropa kaum, erklärt Dr. Daniel Hoffmann, geschäftsführender Direktor des Game Conservancy Deutschland. In Großbritannien dagegen wurde das Konzept schon in den 80er Jahren erprobt. Die Insektenwälle bieten allen Tier- und Pflanzenarten des Offenlands über das gesamte Jahr hinweg einen Lebensraum. Mit der Anhäufung des Ackerbodens zu einem Wall entstehen windberuhigte Bereiche. Durch die lockere Erde können die Wälle nach Niederschlagsereignissen schnell abtrocknen. Außerdem kriechen Staunässe und Frost in die Erdhaufen langsamer als in den flachen Boden.
Erste Erfolge stellen sich ein
Markus Zellinger kann schon jetzt erste Erfolge sehen: „Auf den Wällen gibt es deutlich mehr Insekten und Spinnen als auf den konventionell genutzten Flächen ringsum.“ Das wird auch an den 26 Fallen sichtbar, die über die Erdwälle und Blühflächen verteilt sind. Ein Blick in die kleinen Behälter zeigt jeweils hunderte Tierchen, die sich darin verfangen haben und regelmäßig gezählt werden. Darunter befinden sich zahlreiche Nützlinge, die beispielsweise bei der Bekämpfung der Blattläuse in Kartoffelbeständen helfen können.

Insgesamt zehn Wälle in verschiedenen Varianten hat Zellinger errichtet. Mit dem Pflug häufte er im März jeweils den Ackerboden auf einer Breite von mehreren Metern bis zu einer Höhe von 75 cm auf. An anderen Stellen wurden nur Blühstreifen ohne Wall geschaffen. Nach dem Anhäufen blieben die grobscholligen Wälle drei Wochen lang unbearbeitet, im April wurde die Blühmischung mittels Schlepper und umgebauter Sämaschine angesät. Da die Kräuter und Gräser Lichtkeimer sind, können sie offen auf und zwischen den Schollen verbleiben. Zusammengesetzt ist die Blühmischung aus Leindotter, Koriander, Buchweizen, Sonnenblume, Hornklee, Esparsette, Luzerne, Phacelia, Inkarnat- und Wiesenklee, Futterwicke, Glatthafer, Weicher Trespe, Wiesenkammgras, Knäulgras, Wiesenschwingel, Wolligem Honiggras und Wiesengoldhafer.
Ökologische Wirkung lässt sich steigern
Die Insektenwälle sollten mehr als 200 m lang und 2 m breit sein. Ein Abstand der Wälle von höchstens 150 m gewährleistet, dass die genutzte Ackerfläche zwischen ihnen gleichmäßig von den Insekten beeinflusst wird. Grenzt ein Wall an eine andere Biotopfläche an, steigert sich die ökologische Wirkung. Auf beiden Seiten des Walls sollte in einem Abstand von jeweils 6 m auf chemischen Pflanzenschutz und Düngung verzichtet werden. Die durchschnittliche Schlaggröße beläuft sich beim Betrieb Zellinger auf rund 5 ha. Da die Schläge meist eine Länge von 220 bis 300 m aufweisen, kann dort gut eine Beetle Bank angelegt werden.
Bevölkerung kann sich eine Scheibe abschneiden
Auch Zellingers Tochter Sofia ist von den Insektenwällen überzeugt. „Da kann sich die Bevölkerung eine Scheibe abschneiden von dem, was die Landwirte für die Biodiversität leisten“, sagt die angehende Landwirtschaftsmeisterin und Vorsitzende der Donau-Rieser Jungbauernschaft. In den Wällen und Blühflächen sieht sie eine „Chance, das Image der Landwirtschaft zu verbessern“. Die Blühflächen seien ein Signal an die Gesellschaft, dass die Bauern nicht nur vom Naturschutz reden, sondern handeln.