Was tun, wenn zwischen Auslauf und Stall eine viel befahrene Straße verläuft? Die Familie Spegel in Birkhausen / Lks. Donau-Rieshat sich für ihre Bio-Legehennen etwas Besonderes einfallen lassen. Von ihrem „Arbeitsplatz“ im Stall kommen die Hühner seit Frühjahr 2019 in fünf Metern Höhe über eine abgesicherte Brücke ins Freie. Zeigte sich das Federvieh anfangs noch skeptisch, so läuft der Brückenverkehr jetzt reibungslos, freuen sich Yuliya und Dominik Spegel. „Damit ist unser Projekt, die alte Hofstelle zu nutzen, gelungen.“
Hühnerbrücke führt auf die andere Straßenseite

Um Kosten zu sparen, hat der Biobauer die 45 m langen Brücke samt Auf- und Abgang selbst geschweißt und gebaut. Die Konstruktion wurde aus Vierkantrohren gefertigt, die Steher wurden in Beton eingegossen. Das Dach aus Trapezblech ist aufklappbar. Als Seitenwände hat Spegel gelochte Trapezbleche verwendet, damit „im Sommer kein Hitzestau entsteht und die Hühner die Brücke im Winter nicht als Stallersatz nutzen“.
Die Auf- und Abgänge haben eine 30-Grad-Neigung. „Mir wurde empfohlen, unter 45 Grad zu bleiben, und das funktioniert gut“, versichert Dominik Spegel. Die Laufflächen bestehen aus Gitterrosten. Ein Drittel des Aufstiegs ist mit einer Gummimatte belegt. „Hühner haben Höhenangst, mit der Matte geht es leichter.“ Wenn sich die Tiere nach einiger Zeit an den Aufstieg gewöhnt haben, wird die Matte wieder entfernt. Der Abgang zur Wiese ist als Gitter ohne Matte gefertigt, die Brücke selbst dagegen komplett mit Gummimatten ausgelegt, damit kein Kot auf die darunterliegende Straße fallen kann.
Landwirtschaft frühzeitig für sich erkannt

Die Landwirtschaft hat der Biobauer schon als Bub für sich entdeckt. „Ich war ständig auf dem Hof meines Onkels unterwegs, der auf der anderen Straßenseite gegenüber meines Elternhauses lag. Schon damals hat er davon geträumt, einen Bauernhof zu führen. Trotzdem absolvierte er zuerst eine Schreinerlehre und erst danach die Ausbildung zum Landwirt über das BiLa-Programm. Dann schloss er ein Studium an der Technikerschule in Triesdorf an. „Bevor mein Traum vom Bauersein Wirklichkeit wurde, habe ich einige Jahr im landwirtschaftlichen Bereich gearbeitet“, blickt Spegel zurück.
Vor sechs Jahren übernahm der 33-Jährige schließlich den Schweinemastbetrieb seines Onkels mit 200 Mastplätzen. Gemeinsam mit seiner Frau Yuliya, die er während eines Praktikums in Russland kennengelernt hatte, entschloss er sich, die Schweinemast aufzugeben. Die Idee, in die Legehennenhaltung einzusteigen, hatte meine Frau“, erinnert sich Spegel. „Das Geflügel war bestens geeignet, um den Betrieb im Haupterwerb zu führen und die alte Hofstelle zu nutzen“, merkt die Biobäuerin an, die den Masterstudiengang Agrarmanagement ebenfalls in Triesdorf absolviert hat.
Cremefarbene Eier als Alleinstellungsmerkmal

2016 verließen die Mastschweine den Hof und ihr Stall wurde 2018 zu einem Legehennenstall mit einem großzügigen Wintergarten als Scharrraum umgebaut. Nachdem sich der Betrieb 2017 dem Anbauverband Demeter angeschlossen hatte, mussten die 1200 Hühner auch ins Freie können. So sei die Idee zur Brücke vom Stall über die Straße zum Grünland entstanden, sagt Dominik Spegel. Bei den Legehennen fiel die Wahl auf die Zweinutzungsrasse „Sandy“. Die Junghennen kommen im Alter von 18 Wochen vom „Bio Geflügelhof Südbrock“ in Rheda-Wiedenbrück nach Birkhausen. Für das Bruderhahn-Projekt des Geflügelhofs leistet jeder Partnerbetrieb einen kleinen Beitrag pro verkauftem Ei.
Dem Betriebsleiterpaar haben nicht nur die Zweinutzung sondern auch die cremefarbenen Eier der Sandys gefallen. „Diese Eier sind ein Alleinstellungsmerkmal unseres Betriebs im Ries“, betont Dominik Spegel. Pro 50 Hennen muss laut Demeter-Richtlinien ein Hahn zugestallt werden. „Das funktioniert nur deshalb ohne schlimme Rangkämpfe, weil die Hähne gemeinsam aufwachsen.“ Außerdem bekommt das Geflügel eines Demeter-Betriebs zu 100 % Biofutter mit mindestens 70 % Dementer-Anteil.
Heuer neuen Stall errichtet
Heuer wurde ein neuer Stall errichtet und mit 2700 Legehennen besetzt. „Der Stall ist mein Projekt, den ich selbst finanziert und die Bank mit meinem Konzept überzeugt habe“, betont Yuliya Spegel. „Ich wollte entsprechend meiner Ausbildung einen eigenen Betrieb führen.“ Das kann ihr Mann Dominik gut nachvollziehen. Inklusive der Legehennen hat die 32-Jährige rund 410 000 € investiert. „Unsere beiden Unternehmen sind also wirtschaftlich komplett getrennt.“
Dominik verkauft die Eier aus seinem Legehennenstall mit 1200 Tieren an Großhändler, Edeka-Filialen und ab Hof. Zu seinem Betrieb gehören 11 ha Ackerfläche und ein Hektar Grünland, auf dem rund 150 Haselnussbäume als Schattenspender für die Hühner gepflanzt wurden. Als Hühnerfutter werden Mais, Soja und Weizen angebaut, zusätzlich Spargel und Kartoffeln für die Direktvermarktung und Zuckerrüben für die Schweizer Zucker AG. Die Zwiebeln werden ab Hof und an andere Demeter-Betriebe vermarktet.
Die Biobäuerin vertreibt die Eier aus dem neuen Stall an einen bayerischen Demeter-Betrieb. Yuliya Spegel hat insgesamt 13 ha landwirtschaftliche Flächen gepachtet, davon sind 1,2 ha Grünland. Auf den Ackerflächen ist der Anbau verschiedener Getreide- und Gemüsesorten geplant. „Heuer habe ich mich für Dinkel entschieden, den ich an eine Mühle bei München verkaufe, außerdem Zier- und Speisekürbisse ab Hof.“ Die Eier beider Betriebe werden aus Umweltschutzgründen ausschließlich in 30er Höckern verkauft. Auch im Hofladen bringen die Kunden ihre Eierschachteln selbst mit.
Weitere Expansion geplant
Damit die Kunden ganzjährig und reibungslos mit Eiern beliefert werden können, wird neben dem heuer errichteten Stall ein weiterer Legehennenstall für 1500 Tiere entstehen. „Damit sind die angepeilte Legehennenzahl und unsere Arbeitskapazität erreicht“, sagt das Betriebleiterpaar. Beim Stallbau legt es großen Wert auf ein gutes Stallklima. Deshalb wurden als Baumaterialien Ziegel und Beton verwendet. „Sie sorgen im Sommer für eine angenehme Kühle und im Winter speichern sie die Wärme“, erklärt Dominik Spegel.