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Waldbesitzer

Holzpreis: Der Frust sitzt tief

Nordschwaben
Michael Ammich
am Dienstag, 10.12.2019 - 08:45

Die WBV Nordschwaben ist von dem hohen Schadholzaufkommen stark betroffen.

Wemding/Lks. Donau-Ries - „Ich schäme mich, weil unsere Zahlen in meiner siebzehnjährigen Amtszeit als Vorsitzender noch nie so schlecht waren wie heute“, sagte Alois Michel auf der Jahresversammlung der WBV Nordschwaben in Wemding. Zu schämen gibt es hier jedoch nichts. Angesichts der immensen Mengen Kalamitätenholz, die seit zwei Jahren auf den Markt drücken, wäre Michels WBV wohl auch weit und breit der einzige forstliche Zusammenschluss gewesen, der ungeschoren aus der Misere kommt. Dabei wäre es Michel zum Ende seiner langen Amtszeit und aufgrund seines enormen persönlichen Einsatzes für die Waldbesitzer durchaus zu gönnen gewesen, dass er eine prosperierende WBV hinterlässt.

So aber muss es Alois Michel seiner Nachfolgerin Maria Mittl und dem WBV-Team überlassen, das Beste aus der verfahrenen Situation zu machen. Nachdem der scheidende die neue Vorsitzende in ihre Aufgabe eingearbeitet hatte, trat er - wie geplant - mitten in der Wahlperiode zurück, um der Bürgermeisterin von Rögling und dritten WBV-Vorsitzenden sein Amt zu überlassen. An die Stelle von Mittl wählten die WBV-Mitglieder Hans Wiedenmann aus Ronheim zum neuen dritten Vorsitzenden. Zweiter Vorsitzender bleibt Willi Weber aus Monheim. Zum neuen Beisitzer wurde Christian Schönemann aus Aufhausen berufen.

Es fehlt Geld für nötige Inverstitionen

Michel beklagte das geringe Interesse von Bauherren, ihre Gebäude mit Holz zu errichten. Vor allem auf diesem Weg würde sich die Nachfrage nach dem Rohstoff beleben. „Die Fichte soll weg“, sagte Michel. „Wir Waldbesitzer sollen den Waldumbau betreiben und Laubholz pflanzen. Aber jeder von uns weiß, wie wenig die Buche wert ist.“ Die Preise für Laubholz seien absolut unbefriedigend. „Sie sollten doch wenigstens höher als der Brennholzpreis sein.“

Außerdem ärgerte sich Michel, dass von den Versprechen und finanziellen Zusagen der Politik „nicht viel bei uns ankommt“. Der Donau-Ries-Kreis sei zwar nur wenig vom Borkenkäfer betroffen, dennoch lasse sich das Holz kaum verkaufen, weil das Käferholz aus anderen Regionen massiv in den Markt drückt.
Die schwachen Preise bedeuten für die Waldbesitzer einen enormen Verlust an Vermögen, das ihnen jetzt für notwendige Investitionen fehlt. „Es ist zu befürchten“, so Michel, „dass sich viele Waldbesitzer aufgrund des Holzpreisverfalls nicht mehr ausreichend um ihre Wälder kümmern werden.“ Weitere Probleme, die ihnen das Leben schwer machen, seien das Eschentriebsterben und das zunehmende Auftreten des Eichenprozessionsspinners. Zudem seien vielerorts die Wildbestände noch immer nicht im erforderlichen Maß angepasst.

Umsatz eingebrochen

WBV-Geschäftsführer Bernd Tiroch hatte die undankbare Aufgabe, die schlechten Zahlen vorzustellen. So wurden im vergangenen Geschäftsjahr 24.923 fm Nadelholz über die WBV vermarktet, dazu 2.897 fm Laubholz, 3.375 fm Faserholz, 2.601 fm Hackschnitzel und 1.420 fm Brennholz. Damit belief sich die gesamte Vermarktungsmenge auf 32.217 fm. Im Geschäftsjahr 2015/16 waren es noch 64.654 fm und 2017/18 immerhin noch 44.474 fm gewesen. Dementsprechend sank der Umsatz der Holz E.V.A. GmbH & Co KG, der gewerblichen Tochtergesellschaft der WBV, von 3.111.176 € im vergangenen Jahr auf heuer nurmehr 2.084 221 €.

Wundern müsse der Rückgang der Einnahmen nicht, stellte Stefan Wurst, Geschäftsführer der Holz E.V.A., fest. Wurden 2017 in Deutschland „nur“ 17 Mio. fm Schadholz aufgearbeitet, so waren es heuer sage und schreibe 73 Mio fm. Dazu gesellen sich 70 Mio. fm Schadholz, die noch gar nicht aufgearbeitet wurden. Zum Vergleich: Im langjährigen Durchschnitt bewegte sich der deutsche Holzeinschlag bislang bei 54 Mio. fm. Erfreulich ist dagegen die kontinuierliche Steigerung der Mitgliederzahl der WBV Nordschwaben. Gegenüber dem vergangenen Jahr hat sie sich um 21 auf jetzt 2.039 erhöht. Im Aufwärtstrend liegen auch die Waldpflegeverträge. Sie wuchsen um 114,54 ha auf 1698,57 ha an.

Wurst bezifferte den Fichtenpreis zu Beginn des vergangenen Geschäftsjahrs auf ohnehin schon schwache 80 €/fm und im Sommer dann auf nurmehr 55 € für Frischholz sowie 30 €/fm für Käferholz. Immerhin: Im Landkreis Donau-Ries gab es 2018/19 so wenige Borkenkäfer wie seit Jahren nicht mehr. Einen Grund für den Rückgang des Befalls vermochte Wurst nicht zu erkennen. Die Niederschläge waren ausreichend und fielen zum richtigen Zeitpunkt. Auch für die Einschlagsaison 2019/20 rechnet der Holz E.V.A.-Geschäftsführer mit einer guten Bevorratung der Sägeindustrie. Die Rohstoffversorgung werde vor allem aus Kalamitätsgebieten erfolgen. Trotz der großen Mengen könnte der Preis für das Fichtenfrischholz wieder auf 60 – 63 €/fm steigen. „Aber die Angst vor dem Käfer bleibt.“ Auch die Wasserknappheit sei weiter ein großes Thema.

Hotpreise decken kaum mehr die Erntekosten

Wemdings zweiter Bürgermeister Hans Roßkopf bedauerte in seinem Grußwort, dass die aktuellen Holzpreise kaum mehr die Erntekosten decken. Umso mehr Respekt zollte er den Waldbesitzern und Forstleuten, die sich dieser Herausforderung stellen. „Es gibt kein perfektes Rezept, mit dem sich die Lage schnell verbessern lässt“, stellte Roßkopf fest, „auch wenn uns das manche Politiker weismachen wollen.“

„Man muss kein Fachmann sein, um zu sehen, dass mit dem Wald etwas nicht stimmt“, sagte der Bundestagsabgeordnete Ulrich Lange. Dabei spiele doch der Wald eine entscheidende Rolle in der Klimapolitik. „Er ist mehr als nur ein kurzfristiges Investment.“ Als Trostpflaster für die Waldbesitzer brachte Lange die Zusage von Bundesagrarministerin Julia Klöckner mit, dass der Bund in den kommenden vier Jahren die Wiederbewaldung von Schadflächen und den Aufbau klimafester Mischwälder mit 550 Mio. € fördern will. Aber auch der Abgeordnete wusste: „Es gibt keine einfache Lösung.“

Verwertungsmöglichkeiten für Laubholz

Den Fachvortrag hielt Stefan Torno von der Cluster-Initiative Forst und Holz in Bayern. Der Diplom-Forstwirt stellte den Donau-Rieser Waldbesitzern Möglichkeiten zu einer effizienten Verwertung von Laubholz vor. Seit 20 Jahren werde der Umbau von Nadel- zu klimastabilen Mischwäldern vorangetrieben. Inzwischen bestünden die bayerischen Wälder zu 36 % aus Laubbäumen. Deren Nutzung habe zwar zugenommen, was jedoch vor allem ihrer Verwertung als Brennholz zu verdanken sei. Es gilt, so Torno, eine bessere Nutzungsstrategie für das Laubholz zu entwickeln.  Das betreffe die Sicherung der Rohstoffversorgung ebenso wie die Steigerung der Wertschöpfung, die Optimierung der Betriebsabläufe, Forschung und Entwicklung, neue Produkte, technisch-technologische Innovationen, die Erschließung von Märkten und das Lobbying.

Torno verschwieg nicht, dass das Laubholz auch seine unbequemen Seiten hat: Es weist oftmals eine hohe Abholzigkeit, einen unrunden Querschnitt und eine gekrümmte Wuchsform auf, die Holzstrukturen sind komplex aufgebaut, die Faserlänge ist gering und die Farbvariabiltät hoch. Außerdem zeigt Laubholz ein stärkeres Quell- und Schwindverhalten als Nadelholz, seine natürliche Dauerhaftigkeit ist geringer. Dem stehen die guten Eigenschaften des Laubholzes gegenüber: seine hohe Festigkeit und Steifigkeit, seine hohe Rohdichte und der geringe Anteil von flüchtigen organischen Inhaltsstoffen.

Bislang scheint der Markt für Laubhölzer wenig attraktiv, doch das kann sich ändern, wie Torno verdeutlichte. Um die stoffliche Verwertung von Laubholz anzukurbeln, bedürfe es neuer Produkte und Verfahren, der Vermittlung der Farbvariabilität als Qualitätsmerkmal und einer Standardisierung der Sortimente. Es gelte neue Vermarktungswege für geringere Qualitäten zu erschließen und die Bereitstellungslogistik an die Bedürfnisse der Verarbeiter anzupassen. Überhaupt sollte sich, so Torno, die Forstwirtschaft an den Bedürfnissen der Laubholzverwerter orientieren. Als mögliche Bauprodukte aus Laubholz stellte der Diplom-Forstwirt Brettschichtholz für Baukonstruktionen und Furnierschichtholz vor.

Damit die Laubholzvermarktung und -verwertung in Schwung kommt, müssten potenzielle Kunden und Entscheidungsträger im Bauprozess aufgeklärt werden. Schließlich verweis Torno auf die große Rolle, die das Laubholz in der Bio-Ökonomie spielt und noch spielen könnte. Nachdem ja fossile Ressourcen durch nachwachsende Rohstoffe ersetzt werden sollen, biete sich das Laubholz mit seiner Cellulose und seinem Lignin als Basismaterial für neue Werkstoffe an, beispielsweise  Kosmetika, Wärmeisolatoren, Bioschäume oder Carbonfasern.