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Ökolandbau

Höhere Deckungsbeiträge mit Bio

Michael Ammich
am Mittwoch, 08.04.2020 - 09:25

Der Umstieg auf ökologischen Landbau kann gelingen, muss aber nicht.

Auf einen Blick

  • Beim Umstieg auf Öko-Ackerbau ist auch der Viehbesatz von maximal 2 GV/ha zu beachten.
  • Die Närstoffversorgung der Kulturen und die Unkrautregulierung sind zu optimieren.
  • Auch die innere Einstellung ist langfristig wichtig für den Erfolg.
  • Viel Bio-Geteide kommt aus Osteuropa.
  • Ab 2021 gelten deutlich verschärfte Regeln bei der Umstellung auf „bio“.
  • Verbraucher dazu bewegen zu heimischen Bio-Produkten zu greifen.

Höhere Deckungsbeiträge

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Dasing/Lks. Aichach-Friedberg - Sowohl Erzeugerpreise als auch Deckungsbeiträge des Öko-Ackerbaus liegen im fünfjährigen Mittel fast um das Doppelte über jenen des konventionellen Ackerbaus. Das wurde beim Info-Tag des AELF Kaufbeuren in Dasing zum ökologischen Ackerbau deutlich.

Wer aber nur auf die hohen Deckungsbeiträge im Öko-Landbau schielt, der könnte auch auf die Nase fallen. Eine ebenso große Rolle spielen nämlich die Überzeugung und die Motivation eines umstellungswilligen Betriebsleiters und aller Beteiligten, betonte Claudia Schatz vom Fachzentrum Ökologischer Landbau. Alle miteinander müssten sich klar sein über die künftige Betriebsorganisation, zu der beispielsweise die Einrichtung einer tiergerechten Haltung mit Auslauf oder Weidegang gehört.

Weniger als 2 GV/ha

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Eine günstige Umstellungsvoraussetzung ist ebenso ein Viehbesatz von weniger als zwei Großvieheinheiten pro Hektar oder eine angemessene Zupachtmöglichkeit oder wenigstens eine Futter-Mist-Kooperation. Nicht unerheblich ist die gesicherte Abnahme der Erzeugnisse durch Bio-Verarbeitungsbetriebe. Die aus dem konventionellen Landbau stammenden Lieferrechte, beispielsweise für Zuckerrüben oder Industriekartoffeln, sollten nicht allzu üppig sein. Schwierig wird es für einen umstellungswilligen Landwirt, wenn er schon im konventionellen Landbau über eine nur unterdurchschnittliche Produktionstechnik verfügt.

Ein Öko-Ackerbauer muss eine große Aufmerksamkeit für die Nährstoffversorgung und Beikrautregulierung mitbringen, erklärte Schatz. Dazu gehört die Planung und Einhaltung einer optimalen Umstellungs- und Zielfruchtfolge mit einem Leguminosenanteil von 25 bis 40 %. Untersaaten und Zwischenfrüchte gilt es möglichst geschickt einzusetzen. Ein besonderes Augenmerk verlangt der Boden beim Befahren und Bearbeiten, um Verdichtungen zu vermeiden. Nicht vermeiden lassen wird sich dagegen die Investition in die Striegel- und Hacktechnik. Eine passende und weite Fruchtfolge und die gezielte Förderung von Nützlingen ergänzen die mechanische Beikrautregulierung, während der Anbau von Leguminosen und Gründdüngungspflanzen zusammen mit dem Ausbringen von wirtschaftseigenen Düngern für den Erhalt der Bodenfruchtbarkeit sorgt.
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Die ökologische Einstellung und die produktionstechnischen Fähigkeiten der umstellungswilligen Ackerbauern sind die eine, das Verbraucherverhalten und der Markt die andere Seite der Medaille. „Das Angebot an Bioprodukten steigt und ihre Vermarktung wird schwieriger“, räumte Johannes Hell ein. Der Landwirtschaftsmeister ist bei der Vermarktungsgesellschaft Bio-Bauern mbH für den Getreideeinkauf in Schwaben und Oberbayern zuständig. Auf jeden Fall, so Hell, müssen die Ökoprodukte bestmöglich erzeugt werden, um sie im Handel platzieren zu können. Im Jahr 2018 hat die Bio-Bauern GmbH 26 798 t Konsum- und 20 953 t Futterware eingekauft.

Importware beeinflusst den Preis

Trotz der wachsenden Mengen kann der Markt mit heimischem Öko-Getreide bei einigen Kulturen noch kaum bedient werden, stellte Hell fest. Zudem herrscht ein Konkurrenzkampf mit Bio-Importen aus Osteuropa, vor allem bei Sonnenblumen, Sojabohnen und Körnermais. Damit werden die Preise für die deutsche Verbandsware durch die Notierungen des EU-Ökogetreides nach oben begrenzt. Für den Ökomarkt ansonsten ungewöhnlich sind die starken Preisschwankungen bei Dinkel, Roggen und Hafer. Durchweg stabile Preise gibt es dagegen für die immer knappen Körnerleguminosen.

Hell nannte die Vorvertragspreise für die Ernte 2020: pro Dezitonne Weizen 32 bis 38 €, Dinkel im Spelz 42 €, Braugerste 39 €, Hafer 36 €, Sonnenblumen 73 €, Sojabohnen 83 € und Raps 100 €. Die Preise sind also durch den Umstellungsboom noch keineswegs in den Keller gegangen. „Da ist noch Luft nach oben, ganz besonders bei der A-Ware“, sagte Hell. Ein Problem sei jedoch die Neigung mancher Ökobauern zur Spekulation. Wenn sie ihre Ware in der Hoffnung auf noch höhere Preise nicht abgeben, besorgen sie sich die Verarbeiter eben auf dem EU-Ökomarkt. Die Verbandsware bleibt dann liegen, ein Preisrückgang setzt ein.
Im Februar 2020 wurden folgende Preise für Futterdruschfrüchte notiert (in Klammern die Preise für Umstellungsware): Weizen 29 (20) €, Triticale 21 (19) €, Gerste 26 (20) €, Erbsen 39-40 (37-39) €, Ackerbohnen 45 (42) €, Körnermais 29 (25) € und Sojabohnen 70 (60) €. Hell wies auf die Vorteile von Vorverträgen mit festen Preisen hin. Sie bieten dem Ökobauern eine verlässliche Kalkulation und sind am Ende nicht weniger lukrativ als die kostenintensive Lagerung.

Neie Regeln ab 2021

Ab 2021 gilt es im Öko-Landbau neue Regeln zu beachten. Ware aus dem zweiten Umstellungsjahr darf dann nicht mehr im Mischfutter verwendet und Tiere nur noch mit durchschnittlich 25 % (bisher 30 %) Umstellungsware gefüttert werden, auch wenn sie zu 100 % aus dem eigenen Betrieb stammt. Ware aus dem ersten Umstellungsjahr muss konventionell vermarktet werden.

Ohnehin werde die Umstellungswelle seit 2017 im Ackerbau zu einer Herausforderung für den bayerischen Öko-Getreidemarkt. Sie führt zu einer starken Angebotsausweitung bei der Umstellungsware und ab 2021 voraussichtlich auch bei der A-Ware. Die wachsenden Mengen erfordern einen Ausbau der Erfassung und Lagerung. Das Platzieren der bayerischen Partien bei Kraftfutterwerken, Mühlen, Herstellern und beim Handel dürfte schwieriger werden. Umso mehr kommt es darauf an, die Importware durch heimische Erzeugnisse auszutauschen.
Eine spannende Frage ist, welchen Weg die Bio-Verbände bei der Vermarktung gehen werden – Stichwort Lidl. Vielleicht kann der Absatz von Bioprodukten an Discounter eine Möglichkeit sein, die wachsenden Mengen zu verkaufen, sagte Hell. „Die Biobauern müssen jedoch den Verbraucher erst dahin bringen, dass er nach den bayerischen Produkten greift.“ Immer ein guter Weg sei die Bündelung des Angebots über Erzeugergemeinschaften wie die Bio-Bauern GmbH. Nur mit großen Mengen hätten die Lieferanten eine bessere Marktposition als kleine Anbieter. Und je mehr Vorernte-Kontrakte, desto ruhiger bleibt der Markt. „Viele Einzelanbieter bewirken direkt einen Preisdruck nach unten“, warnte Hell.
Mit Blick auf die Risikostreuung bei schwankenden Marktpreisen empfiehlt sich eine durchdachte Anbauplanung und Fruchtfolge. Der gewählte Verkaufszeitpunkt kann eine Preisdifferenz von bis zu 30 % innerhalb einer Saison bedeuten. „Heimische Öko-Ware wird bevorzugt, aber nur dann, wenn sie auch verfügbar ist“, schloss Hell.

Fähigkeiten des Betreibsleiters müssen passen

Passen die produktionstechnischen Fähigkeiten des Betriebsleiters, die Betriebsstruktur und der Markt zusammen, steht einer erfolgreichen Umstellung auf den ökologischen Ackerbau nichts mehr im Weg, wie Franz Högg vom AELF Kaufbeuren deutlich machte. In Bayern wird bereits eine Fläche 366 000 ha ökologisch bewirtschaftet, erklärte der Leiter des Fachzentrums Ökologischer Landbau.

Für einen Wirtschaftlichkeitsvergleich von öko zu konventionell lassen sich aufgrund des Kleegraszwangs im Öko-Landbau allerdings nur die durchschnittlichen Fruchtfolge-Deckungsbeiträge heranziehen. Die doppelt so hohen Erzeugerpreise im Öko-Landbau allein sagen hier wenig aus. Vielmehr ist hier die Stickstoffbilanz von minus 7 kg/ha im Durchschnitt der bayerischen Öko-Ackerbaubetriebe zu berücksichtigen. Lediglich diese geringe Stickstoffmenge muss den Böden wieder zugeführt werden, um die Nährstoffbilanz auszugleichen. Für den hohen Stickstoffanteil in den Bio-Böden sorgen nämlich das Kleegras und die Zwischenfrüchte.
Im fünfjährigen Mittel ergibt sich im bayerischen Öko-Landbau beim Weizen mit mehr als 26 % Kleber ein Hektarertrag von 41 dt, im konventionellen Ackerbau sind es 77 bis 90 dt. Der Öko-Deckungsbeitrag beläuft sich jedoch auf 738 €, der konventionelle aber nur auf 409 bis 574 €. Die Arbeitszeit pro Hektar ist mit acht Stunden außerdem um eine Stunde geringer als im konventionellen Weizenanbau. Zu beachten ist wiederum, dass die Öko-Düngemittel im Stickstoffbereich erheblich teurer sind als die konventionellen Stickstoffdünger.

Deckungsbeiträge im fünfjährigen Mittel

Im einzelnen ergeben sich im Öko-Bereich im fünfjährigen Mittel folgende Deckungsbeiträge: Weizen 409 €, Braugerste 320 €, Dinkel 722 €, Roggen 82 €, Triticale 152 €, Hafer 152 €, Körnermais 945 €, Ackerbohne 897 €, Futtererbse 683 €, Sojabohne 1564 €, Kleegras 424 €, Speisekartoffel 6532 € und Zuckerrübe 1563 €. Obendrauf kommt noch die Ökoprämie aus dem KULAP von 273 €. Für das Jahr 2020 geht Högg bei der Bio-Zuckerrübe sogar von einem Deckungsbeitrag von 2980 € aus. Der gesamte Fruchtfolge-Deckungsbeitrag beläuft sich bei einem Öko-Ackerbaubetrieb im fünfjährigen Mittel auf 1227 € einschließlich der Kulap-Ökoprämie. Der konventionelle Kollege muss dagegen mit einem Fruchtfolge-Deckungsbeitrag von 453 € vorlieb nehmen.

Aber Högg betont auch: „Die Umstellung auf den ökologischen Ackerbau erfordert eine grundlegende Änderung der Bewirtschaftung, die wiederum eine positive Einstellung zum ökologischen Landbau verlangt“ - und nicht nur den Blick auf die hohen Deckungsbeiträge. Der ökologische Landbau wird also auch lukrativ bleiben, falls die Preise für Öko-Produkte sinken sollten.
Von 2012 bis 2016 war der Gesamtdeckungsbeitrag eines Öko-Ackerbaubetriebs nicht attraktiver als der eines konventionellen Betriebs, sagte Högg. Deshalb war der Anreiz zur Umstellung auch nur gering. Von 2014 bis 2018 habe sich der konventionelle Gesamtdeckungsbeitrag jedoch halbiert, was insbesondere den stark gefallenen Preisen für Zuckerrüben geschuldet ist. Im Öko-Ackerbau stieg der Gesamtdeckungsbeitrag im selben Zeitraum um ein gutes Drittel an – ein Grund für die Umstellungswelle.