Der Strukturwandel in der Landwirtschaft wirft in der baurechtlichen Praxis eine Reihe von Problemen auf. Bei einer Online-Veranstaltung des BBV Ostallgäu zum Thema „Bauen im Außenbereich“ befasste sich Wolfgang Raithel, Baurechtler und Rechtsanwalt von der Hauptgeschäftsstelle des Bayerischen Bauernverbandes Oberbayern, mit dem öffentlichen Baurecht.
Die Anmeldung von rund 120 Teilnehmern zeigte deutlich, dass hier durchaus Informationsbedarf besteht. Der Referent erläuterte nicht nur grundlegende Vorgaben, sondern nannte auch die Schwierigkeiten, mit denen Landwirte möglicherweise bei der Genehmigung zu kämpfen haben. Geschäftsführer Thomas Kölbl moderierte die Veranstaltung. Bei den Ausführungen des Referenten wurde mitunter deutlich, dass – trotz gesetzlicher Regelungen – die Genehmigungsbehörden gewissen Spielraum haben und etwas Hartnäckigkeit von Seiten des Bauherrn auch zielführend sein kann.

Grundsätzlich bedürfen die Errichtung, Änderung und Nutzungsänderung von Anlagen der Baugenehmigung, soweit in Art. 57 BayBO nichts anderes bestimmt ist. Zu Anlagen zählen nicht nur Gebäude, sondern auch Aufschüttungen, Abgrabungen größeren Umfangs, Ablagerungen oder Lagerstätten sowie Fahrsilos (außer für Biogasanlagen) und bestimmte Einfriedungen.
Privilegierungsvoraussetzung nach Art. 57 sind beispielsweise freistehende Gebäude ohne Feuerungsanlagen, die dem landwirtschaftlichen Betrieb dienen, eingeschossig, nicht unterkellert und zur Unterbringung von Sachen oder zum vorübergehenden Schutz von Tieren bestimmt sind. Sie dürfen nur eine Brutto-Grundfläche von höchstens 100 m² und eine überdachte Fläche von 140 m² haben. Verfahrensfrei sind auch Gülle- und Jauchebehälter und -gruben mit einem Rauminhalt bis zu 50 m³ und einer Höhe von 3 m.
Wichtige Empfehlungen gegeben
„Doch auch wenn ein Vorhaben baurechtlich verfahrensfrei ist, kann eine Genehmigung erforderlich sein“, machte Raithel deutlich. Mögliche Gründe dafür können Schutzgebietsausweisungen oder naturschutzrechtliche Kompensationsmaßnahmen sein. Er empfahl, vor allem in Landschaftsschutzgebieten äußerst zurückhaltend mit verfahrensfreiem Bauen zu sein.
Auch beim Bau von Feldstadeln kann es sinnvoll sein, eine Genehmigung einzuholen. Denn wird die Landwirtschaft aufgegeben, haben solche Gebäude keinen Bestandschutz mehr und müssen möglicherweise entfernt werden. Genehmigungspflichtig ist zudem die Umnutzung eines Feldstadels z. B. als Unterstand für PKW oder Wohnmobile. „Nutzungsänderungen sind immer genehmigungspflichtig, wenn die neue Nutzung anders als die ursprünglich genehmigte ist oder wenn ein wesentlicher Eingriff in die Bausubstanz erfolgt“, erklärte der Referent. Zum Beispiel, wenn der Bullenmaststall für Pferde umgebaut oder Ferienwohnungen in festvermietete Wohnungen umfunktioniert werden. Wird nur die Aufstallung geändert und erfolgen im emissionsrelevanten Bereich sowie bei der Tierzahl keine wesentlichen Änderungen, ist keine Genehmigung nötig.
„Grundsätzlich will das Baugesetz eine größtmögliche Schonung des Außenbereichs“, so Raithel. Privilegierte Bauvorhaben im Außenbereich sind nach § 35 Abs. 1 BauGB nur zulässig, wenn sie öffentlichen Belangen nicht entgegenstehen. Das können ein Flächennutzungsplan, die Wasserwirtschaft, Orts- und Landschaftsbild oder Grenzwerte für Geruchsimmissionen sein. Zudem muss die ausreichende Erschließung von Zufahrtsweg, Strom- und Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung gesichert sein. Das Vorhaben muss freilich einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dienen. Ein Nebenerwerbsbetrieb ist einem Haupterwerb zwar gleichgestellt, aber hier werde immer genau geprüft, ob ein essenzieller Betrag zum Betriebseinkommen geleistet wird. Privilegiert sind auch „mitgezogene Betriebsteile“, wie Urlaub auf dem Bauernhof, Direktvermarktung oder Dienstleistungsangebote des Landwirts.
Auf den Strukturwandel reagiert
Um dem Strukturwandel gerecht zu werden und Umnutzungen sinnvoll zu gestalten, wurde der § 35 BauGB für begünstige Vorhaben im Außenbereich erweitert. Dabei können ursprünglich landwirtschaftlichen Zwecken dienende und somit privilegierte Vorhaben in einem bestimmten Rahmen durch Nutzungsänderung einer neuen Nutzung zugeführt werden. Dazu müssen verschiedene Voraussetzungen wie eine zweckmäßige Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz oder die Wahrung der äußeren Gestalt des Gebäudes erfüllt werden. Raithel wies darauf hin, dass Umnutzungen ein landwirtschaftliches Gebäude auch „entprivilegieren“ können. „Die Privilegierung bleibt lediglich bei der erstmaligen Nutzungsänderung bestehen, bei jeder weiteren entfällt sie“, erläuterte Raithel. Bei Änderungen zu Wohnzwecken, z. B. nach Betriebsaufgabe, dürfen neben der bisher zulässigen Wohnung noch höchstens drei Wohnungen je Hofstelle entstehen.