Gunzesried/Lks. Oberallgäu Alte, knorrige Bäume und liegendes Totholz soweit das Auge reicht. Dieses Bild zeigt sich bei einem gemeinsamen Ortstermin des AELF Kempten und des Forstbetriebs Sonthofen der Bayerischen Staatsforsten in einem Wald im Gunzesrieder Tal. Dieser besonders naturnahe Wald des Forstbetriebs wurde nun als so genannter „Naturwald“ ausgewiesen.
Im bayerischen Staatswald sind 10,4 % der Waldfläche aus der Bewirtschaftung genommen und werden einer natürlichen Entwicklung überlassen. Bei den Naturwäldern handelt es sich um ökologisch wertvolle Wälder mit besonderer Bedeutung für die Biodiversität, die schon bisher zum größten Teil nur extensiv bewirtschaftet wurden. Der Forstbetrieb Sonthofen steuert mit rund 1300 ha einen erheblichen Anteil zu diesem grünen Netzwerk bei. „In den strukturreichen Bergmisch- und Schluchtwäldern im Gunzesrieder Tal finden besonders seltene und geschützte Arten wie beispielsweise die Orchidee Frauenschuh, der Tannen-Stachelbart und der Zwergschnäpper einen geeigneten Lebensraum“, stellt Boris Mittermeier von der Fachstelle Waldnaturschutz Schwaben fest. Hubert Heinl, Leiter des Staatsforsten-Reviers Sonthofen West, hat die Naturwälder im Gunzesrieder Tal deswegen auch für ein gemeinsames Biodiversitätsprojekt mit dem Zentrum Naturerlebnis Alpin (ZNAlp) vorgeschlagen, bei dem vor allem Tannentotholz bewohnende Arten untersucht werden.
In diesem Zusammenhang sind die Naturwälder ein integraler Bestandteil des Naturschutzkonzeptes der Bayerischen Staatsforsten, welche durch ihr integratives Vorgehen des Schützens und Nützens auch auf den bewirtschafteten Flächen Naturschutz betreiben. „Es ist für mich eine Auszeichnung unserer Waldpflege, dass die Waldbesucher oft nicht unterscheiden können, ob sie in einem Naturwald oder in einem so genannten Wirtschaftswald stehen.
Aber auch im Allgäuer Privat- und Kommunalwald gibt es viele für den Naturschutz wertvolle Flächen und Strukturen. Simon Östreicher, Bereichsleiter Forsten am AELF Kempten, erläutert dazu: „Private und kommunale Waldbesitzer können von ihren Naturschutzleistungen auch finanziell profitieren. Im Rahmen des Vertragsnaturschutzprogramms Wald fördern wir zum Beispiel das Belassen von Biotopbäumen und Totholz, um den Lebensraum für Spechte, Pilze und Totholzkäfer zu erhalten.“
Auf die Frage hin, ob solche künftigen Urwälder mit vielen absterbenden Bäumen nicht eine Gefahr für die Waldbesucher und die benachbarten Wälder sein könnten, antwortet Östreicher: „An Wanderwegen werden auch in den Naturwäldern Maßnahmen zur Verkehrssicherung durchge-führt, um diese weiterhin für die Bevölkerung erlebbar zu gestalten. Es ist auch das Fällen von vom Borkenkäfer befallenen Fichten erlaubt, wenn ein Übergreifen auf angrenzende Privatwälder droht.“ Diese Eingriffe sollten aber immer die absolute Ausnahme darstellen.