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Strategiegespräch

Grüne laden zur Zukunftsdiskussion

Podiumsdiskussion der Grünen
Toni Ledermann
am Freitag, 08.11.2019 - 09:03

Die Kernfrage lautete: Was muss sich in der Landwirtschaft ändern, damit es in Bayern in Zukunft weiterhin Landwirtschaft gibt?

Ottobeuren/Lks. Unterallgäu - Was muss sich ändern in der Landwirtschaft, damit es in Bayern in Zukunft überhaupt noch Landwirtschaft gibt? Klar ist: „Die Handelsabkommen wie aktuell Mercosur machen die Landwirtschaft kaputt, denn unsere Landwirtschaft kann einfach nicht konkurrieren mit den Weltmarktpreisen“, sagt die Grünen-MdL und stellvertretende Fraktionsvorsitzende Gisela Sengl und ergänzt: „Wir müssen uns viel mehr auf regionale Vermarktung qualitativ hochwertiger Produkte konzentrieren.“

Weiter betonte die Sprecherin für Landwirtschaft und Ernährung der Grünen-Landtagsfraktion zu Beginn der von ihr organisierten Podiumsdiskussion im Gasthof Hirsch in Ottobeuren: Die Landwirtschaft kann nur dann mehr Wertschätzung erfahren, wenn sie bereit ist, die Tiergesundheit wichtig zu nehmen.

Weitere Podiumsteilnehmer waren Iris Fuchs (Vizepräsidentin der Bayerischen Landestierärztekammer), der Leiter des AELF Mindelheim und Leitender Forstdirektor Rainer Nützel und Hans Leis (Landesvorsitzender des BDM). Die Diskussionsleitung hatte BR-Redakteurin Jutta Prediger.

Entsetzt von den Bildern

Prediger ging auch auf die Tierskandale in Bad Grönenbach ein und stellte Nützel die Frage, wie seine erste Reaktion darauf war. „Natürlich war ich entsetzt, vor allem als ich die Bilder sah.“ Leis kritisierte das Medienspektakel und die negativen Äußerungen gegenüber der Landwirtschaft insgesamt. Er bedauerte, dass durch einzelne „schwarze Schafe“ die Bauern vorverurteilt würden.

Sengl machte darauf aufmerksam, dass es landwirtschaftliche Großbetriebe sind, die sehr negativ aufgefallen sind, da solch gewaltige Tierbestände das Management erschweren. Indes sei die wirtschaftliche Situation für alle Bauern nicht einfach. Um zu überleben, müssten sie viel produzieren. Großbetriebe haben den Weg zur Massenproduktion beschritten, was letztlich mit zu dieser Situation beigetragen habe.

Bei der Frage nach Kontrollen, verwies Nützel auf die Cross-Compliance-Untersuchungen. Die Erkenntnisse aus diesen Überprüfungen würden vom AELF Mindelheim stets umgesetzt. Fakt sei, dass sich der Unterallgäuer Landrat Hans-Joachim Weirather schon früh darum bemüht habe, mehr Veterinäre für seine Behörde zu bekommen.

Nützel hinterfragte überdies, ob es sich tatsächlich um langfristig angelegtes Fehlverhalten handelte oder um eine kurzfristige aber schleichende Verschlechterung. Es seien doch immer wieder Besuchergruppen in dem Grönenbacher Stall gewesen, von Auffälligkeiten oder Hinweisen sei nichts bekannt geworden. Womöglich seien die Defizite beim Personal zu suchen gewesen. Leis rechnete vor, dass 1700 Milchkühe mit wohl 12 Arbeitskräften plus zwei Inhabern ergebe, dass pro Mitarbeiter 145 Milchkühe zu betreuen waren. Dies sei nicht zu schaffen.

Prediger wies darauf hin, dass Umfragen ergeben haben, dass Verbraucher bereit wären, für gesunde Ernährung mehr zu bezahlen, „wenn das drin ist, was auch drauf steht“. Ihr wäre wichtig die Diskussionen weiter zu führen, bis Erzeuger und Verbraucher an einem Tisch sitzen und Verbesserungen erarbeiten. Leis wies darauf hin, dass die produzierte Milch zu zwei Drittel an die Industrie verkauft wird. Eine BDM-Forderung sei, die Vorgaben auf europäischer Ebene in den Griff zu bekommen. Deshalb: „Bayern müsste in Berlin aktiver werden, um europaweit Verbesserungen zu erreichen.“

Auf Kunden zugehen

In der anschließenden Diskussion ging es um die schlechten Milchpreise sowie die „Kälberschwemme im Allgäu“, die laut eines Landwirts einen gravierenden Preisverfall verursache. Ein Bauer regte an, verstärkt auf Vereine zuzugehen, damit sie für ihre Feste Fleisch vom heimischen Metzgern kaufen. Ebenso bei Großküchen und Krankenhäusern. Dies sei besser als für die Weltmärkte zu produzieren. Weiter wurde beklagt, dass Biomilch aufgrund des Überangebots gegenüber früher einen schlechteren Preis bekommt.

In ihrem Schlusswort wies Sengl darauf hin, wie vielseitig und interessant der Bauernberuf durchaus sei. Dies zeige auch, da sie relativ viele junge außerlandwirtschaftliche Leute kenne, die große Lust auf diesen Beruf haben. „Sie fragen nicht nach Geld, sondern ihnen ist der Sinn ihres Berufs enorm wichtig.“