Was ist kuhgebundene Kälberaufzucht?
- Das Kalb muss aus dem Euter einer Kuh trinken dürfen.
- Es kann von der eigenen Mutter (muttergebunden) oder von einer Ammenkuh (ammengebunden) gesäugt werden.
- Der Kuh und dem Kalb muss nach der Geburt täglich ausreichend gemeinsame Zeit eingeräumt werden.
- Die kuhgebundene Kälberaufzucht sollte sich möglichst über die ersten drei Lebensmonate eines Kalbes erstrecken.
Wirtschaftliche Zwänge lassen kaum Spielraum

Wörleschwang/Lks. Augsburg Welche Vorteile und Herausforderungen die kuhgebundene Kälberaufzucht im Milchviehstall hat, erläuterte Agraringenieur Saro Gerd Ratter von der Schweisfurth Stiftung auf der Jahresversammlung der Regionalgruppe Bayerisch Schwaben der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL). Die kuhgebundene Kälberaufzucht beim Milchvieh stoße sowohl in der Gesellschaft als auch bei Forschern auf reges Interesse, erklärte AbL-Sprecher und Biobauer Johann Ellenrieder aus Ustersbach, der seit zwei Jahren die Ammenkuhhaltung betreibt. In der Regel erfolgt die Trennung von ihren Müttern sofort oder wenige Stunden nach der Geburt. Im Iglu werden sie meist mit Milchaustauscher getränkt. Schließlich verdient der Landwirt sein Geld, indem er die Kuhmilch an die Molkerei abliefert und nicht, indem er seine Kälber damit aufzieht. Selbst auf Bio-Betrieben verbleibt ein Kalb meist nur wenige Tage bei der Mutterkuh, allerdings enthält der Nuckeleimer Kuhmilch.

Kälberaufzucht in Biobetrieben
Wie die auf Biobetrieben geborenen Kälber praxisgerecht gehalten, aufgezogen und gemästet werden können, wurde von Dr. Lukas Kiefer (Universität Hohenheim) und Dr. Daniel Weiß (ARGE Landnutzung, Freiburg) untersucht, sagte Ratter. In ihrer Forschungsarbeit haben die beiden Wissenschaftler verschiedene Kälberaufzuchtverfahren wie Eimertränke, Ammenaufzucht, Mutteraufzucht oder eine Kombination der Verfahren auf acht Biovollerwerbsbetrieben mit 30 bis 50 Milchkühen untersucht. Dabei zeigte sich, dass die Ammenkuhhaltung oder muttergebundene Aufzuchtsysteme in der Regel mit einem höheren Milchkonsum des Kalbes einhergehen. Obwohl sich dadurch die vermarktbare Menge gut bezahlter Bio-Milch reduziert, sind diese Systeme aufgrund des geringen Arbeitsaufwands und der hohen täglichen Zunahmen wirtschaftlich zumindest konkurrenzfähig. Die Ergebnisse der Forschungsarbeit können im Internet unter „http://www.lukas-kiefer.de/downloads/Leitfaden_Kaelberaufzucht.pdf“ abgerufen werden.

In der kuhgebundenen Kälberaufzucht gibt es keine Standardkonzepte, sondern viele individuelle Lösungsansätze. Die EG „Demeter HeuMilch Bauern“, der 31 zertifizierte Heumilchbetriebe aus den Regionen Bodensee, Allgäu, Linzgau und Oberschwaben angehören hat im vergangenen Jahr mit dem Tierschutzverein „Provieh“ die „Mutter-Amme-Kalb (MAK)-Richtlinien“ und ein eigenes Siegel ausgearbeitet: „Zeit zu zweit für Kuh plus Kalb“. Die Richtlinien gelten für alle Kälber der Mitgliedsbetriebe, auch für die männlichen, „weil Milch und Fleisch zusammengehören“. Jeder teilnehmende Betrieb verpflichtet sich, alle Kälber für mindestens vier Wochen bei den Kühen zu belassen. Angestrebt und bereits umgesetzt haben nahezu alle Mitglieder, dass Kuh und Kalb die ersten drei Lebensmonate miteinander verbringen dürfen. Zielvorgabe ist die kuhgebundene Aufzucht über die gesamte Tränkezeit von vier bis fünf Monaten. Die männlichen Kälber bleiben also auf dem Betrieb und werden mit rund 240 kg Lebendgewicht zum Teil bereits direkt am Hof geschlachtet und vermarktet.
Weideschuss als stressarme Variante
Biolandwirt Günther Rauch stellte die „Weideschuss.Bio GmbH“ vor. Das Unternehmen wurde von den Allgäuer Landwirten Herbert Siegel (Missen), Franz Berchtold (Maria Steinbach), Günther Rauch (Bidingen) und Fernsehkoch Alfred Fahr (Kaufbeuren) gegründet. Die Vier haben sich nicht nur die stressfreie Tötung der Rinder auf die Fahne geschrieben, sondern auch die Nose to tail-Nutzung. So werden neben dem Frischfleisch auch küchenfertige Gerichte vermarktet.