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Erntegespräche

Flexibauer: Häufiger Fruchtwechsel gesichert

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Michael Ammich
am Donnerstag, 30.07.2020 - 12:45

Erntepressegespräch des AELF Krumbach: Der Landwirt kann auch ökologisch wirtschaften, wenn er kein Biobauer ist. Regina Schmid und Christian Mayer in Riedheim machen es vor.

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Auf ihrem 85 Hektar-Betrieb bauen sie acht verschiedene Ackerfrüchte an, das Grünland wird extensiv beweidet. Ein guter Standort also für das alljährliche Pressegespräch des AELF Krumbach.

„Der Boden ist das Kapital der Bauern“, betont Christian Mayer. Durch die vielfältige Fruchtfolge stellt er sicher, dass weder tierische noch pflanzliche unerwünschte Begleiterscheinungen auf den Feldern überhand nehmen. Außerdem sorgen Zwischenfrüchte für den Erhalt der Bodenfruchtbarkeit und den Humusaufbau. „Der häufige Fruchtwechsel ist ein Riesenvorteil mit Blick auf die neue Düngeverordnung“, bestätigt der 42-jährige Landwirt. Mit dem Anbau von alten Kulturpflanzen wie Dinkel und Emmer leistet er überdies einen Beitrag zur Rückbesinnung auf die Vorzüge regionaler Ackerfrüchte mit einer langen Tradition.

Da stellt sich die Frage, warum die Familie Schmid-Mayer ihren Betrieb nicht gleich auf den ökologischen Landbau umstellt. „Ich bewirtschafte viele Ausgleichsflächen aus dem Ökokonto der Stadt Leipheim“, erklärt Mayer. „Dafür erhalte ich wesentlich mehr Geld, als wenn ich die Öko-Prämie des Kulap beanspruchen würde.“ Gleichwohl profitiert der Betrieb auch vom Kulap, und zwar über den Programmpunkt B 46 – „Vielfältige Fruchtfolge mit alten Kulturen“.

Vielgliedrige Fruchtfolge

Auf den 85 ha Nutzfläche des Bauernhofs am Rand des Donaumooses zwischen Riedheim und Langenau werden 5 ha Sommergerste, 12 ha Weizen, 10 ha Dinkel sowie jeweils 3 ha Hafer und Emmer angebaut. Dazu kommen 7 ha Raps, 2 ha Sojabohnen und 12 ha Silomais. Auf den 32 ha Grünland weiden 16 Wasserbüffel- und 11 Dexter-Mutterkühe. In einem mobilen Hühnerstall legen 40 Hennen ihre Eier. Dinkel und Emmer vermarktet Mayer im Vertragsanbau an die Schapfenmühle in Ulm.

Acht Hauptkulturen angebaut

Der Leiter des Bereichs Landwirtschaft am AELF Krumbach, Dr. Reinhard Bader, freut sich, dass der Betrieb Schmid-Mayer mit seinen acht Hauptkulturen einen Beitrag zur Vielfalt der Kulturlandschaft leistet. Überhaupt lasse sich auf den bäuerlichen Fluren der Landkreise Günzburg und Neu-Ulm keineswegs von Monokulturen sprechen, betont der Landwirtschaftsdirektor und listet die ganze Bandbreite der Ackerfrüchte auf: 10 436 ha Winterweizen, 5057 ha ha Wintergerste, 932 ha Triticale, 163 ha Sommerweizen, 973 ha Sommergerste, 167 ha Sojabohnen, 12 812 ha Silo- und 2288 ha Körnermais, 101 ha Wintermenggetreide, 886 ha Zuckerrüben, 302 ha Ackerbohnen, 267 ha Ackergras, 2141 ha Dinkel, 208 ha Durum, 221 ha Erbsen, 163 ha Erdbeeren, 841 ha Hafer, 475 ha Kartoffeln, 1242 ha Kleegras, 196 ha Luzerne und Klee, 1578 ha Raps und 284 ha Roggen. Mit 18 800 ha beläuft sich der Anteil des Dauergrünlands auf 30 % der gesamten Nutzfläche.
Ein Verlierer der bäuerlichen Anbaustrategie ist der Weizen. Seine Anbaufläche ging von 12 900 ha im Jahr 2009 auf heute nurmehr 10 806 ha zurück, nachdem die Preise den hohen Bewirtschaftungsaufwand immer weniger kompensieren können. Im selben Zug wude der Maisanbau gesteigert. 2002 kam diese Frucht auf 8951 ha, nachdem sich die Rinderbestände immer mehr reduziert hatten. Doch dann setzte der Biogas-Boom ein. Er führte dazu, dass es heute in den Kreisen Günzburg und Neu-Ulm eine Maisfläche von insgeamt 15 100 ha gibt. Aber auch hier ist der Höhepunkt seit drei Jahren überschritten, sagt Bader. Einen enormen Aufwärtstrend erfuhr wiederum der Dinkelanbau. 1996 wurden nur 212 ha dieser alten Getreideart kultiviert, heute sind es stolze 2141 ha. „Das zeigt“, so Bader, „wie schnell die Landwirtschaft auf sich wandelnde Märkte und Verbraucherwünsche reagieren kann.“

Mehr Hülsenfrüchte angebaut

Aber auch die wiederholte Verschärfung der Düngeverordnung und die bayerische Eiweißstrategie haben ihren Beitrag zu geänderten Anbaustrategien geleistet. So wuchsen in der Region 2008 nur 300 ha Hülsenfrüchte, heute sind es rund 800 ha: Erbsen, Ackerbohnen, Wicken, Lupine, Erbsen-Ackerbohnen- und Leguminosen-Getreide-Gemenge, Sojabohnen und seit heuer auch Linsen.

Auf rund 600 ha schätzt Bader die Blühflächen, die Landwirte in den beiden Landkreisen seines Dienstgebiets angelegt haben. „Das zeigt die große Bereitschaft der Bauern, einen Beitrag zum Artenschutz zu leisten.“
Derzeit gibt es in den Kreisen Günzburg und Neu-Ulm insgesamt 1879 Betriebe, das bedeutet gegenüber dem Jahr 1996 einen Rückgang um 1200. Inzwischen hat sich der Strukturwandel jedoch merklich abgebremst. Heute sind es vor allem Nebenerwerbsbetriebe, die das Handtuch werfen. Nur noch ein Drittel der bäuerlichen Betriebe in der Region wird im Haupterwerb bewirtschaftet. Angestiegen ist dagegen die durchschnittliche Nutzfläche der Betriebe. Belief sie sich 1996 auf 21 ha, so sind es heute bereits 33,4 ha. Ein Haupterwerbsbetrieb verfügt im Mittel über 67, ein Nebenerwerbsbetrieb nur über 15 ha Fläche.

Zahl der Biobetriebe in den Landkreis steigt

Langsam, aber stetig steigt die Zahl der Biobetriebe in den Landkreisen Günzburg und Neu-Ulm. 182 Höfe haben inzwischen auf den ökologischen Landbau umgestellt, das entspricht einem Anteil von 10 % und liegt damit genau im bayerischen Mittel. Bader zufolge sind die Ökobetriebe im Durchschnitt größer als die konventionellen Betriebe. Nun wäre es noch schön, wenn der Verbraucher die Bauern beim Trend zu Öko unterstützen würde. Der aber hält sich zurück. Der Bio-Anteil unter den verkauften Lebensmitteln bewegt sich bei nur 7 %.

Bei der Ernte sind heuer in der Region durchschnittliche Erträge zu erwarten. Einem milden Winter fast ohne Fröste folgte ein warmes und trockenes Frühjahr. „Der Regen im Juni hat den Kulturen gut getan“, sagt Bader. „Aber die Trockenheit im März und April und die Nachtfröste im Mai haben ihre Spuren hinterlassen.“ So war der erste Schnitt im Grünland „nicht der große Hit“, Ackerbohnen und Erbsen zeigten sich belastet. Immerhin waren heuer in der Region bis Mitte Juli keine Starkregen oder Hagelschläge zu verzeichnen.
Der Günzburger Kreisobmann Stephan Bissinger begann am 2. Juli mit der Ernte der Wintergerste – zwei Wochen später als im Vorjahr. Die Erträge fielen unterschiedlich aus, je nachdem, ob die Böden ausreichend Wasser speichern konnten. Insgesamt aber könne man bei der Gerste mit den Erträgen noch zufrieden sein.

Coronakrise hinterlässt Spuren

Im Kartoffelanbau allerdings habe sich die Coronbakrise stark bemerkbar gemacht. Mangels Nachfrage aus Gastronomie und Großküchen mussten die Pommesfrites-Fabriken europaweit ihren Betrieb für sieben Wochen einstellen, so Bissinger. Auch die Braugerste erlebte eine starken Preiseinbruch, nachdem die Nachfrage aus den Brauereien deutlich zurückging.

Andrea Finkel vom Sachgebiet Landwirtschaft am AELF Krumbach erkennt auch einen Lichtschimmer in der Krise: Der Bevölkerung sei wieder bewusst geworden, woher ihre Lebensmittel letztendlich kommen. „Plötzlich war das Mehl vom Direktvermarkter gefragt, nachdem es in den Supermärkten ausverkauft war.“ .
BBV-Kreisgeschäftsführer Matthias Letzing macht auf den Rückgang der Viehhaltung auch in den Landkreisen Günzburg und Neu-Ulm aufmerksam. Die Ursache für die Reduzierung der Bestände sieht er weniger in den Preisen, sondern vor allem in den zunehmend strengen und kostenintensiven Produktionsauflagen in Sachen Tierwohl, Klima- und Umweltschutz.