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Zuchtverband für das Schwäbische Fleckvieh

Fleckvieh: Mehr verkaufte Zuchtbullen

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Michael Ammich
am Mittwoch, 27.01.2021 - 09:28

Die Nachfrage nach Fleckvieh ist gut. Der Trend geht zu genetisch hornlos. Der Zuchtverband für das Schwäbische Fleckvieh zieht Bilanz.

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Als krisenfest erwies sich der Zuchtverband für das Schwäbische Fleckvieh im Coronajahr 2020. „Im Zuchtprogramm konnten wir die Früchte unserer Arbeit der Vorjahre in Form von deutlich mehr verkauften Zuchtbullen ernten“, sagt Zuchtleiter Friedrich Wiedenmann. Auch für die kommende Generation von Fleckviehzüchtern sei gut vorgesorgt.

Über die steigende Zahl genotypisierter weiblicher Tiere ließ sich eine Vielzahl interessanter junger Bullenmütter finden und zusammen mit der wachsenden Zahl der Embryotransfers sei damit eine „hervorragende Saat für die Zukunft“ gelegt. Weniger gut als in der Fleckviehzucht lief es für die Landwirte in anderen Bereichen, stellt Zuchtverbandsvorsitzender Georg Kraus fest.

Preisgeschehen sorgte für Verärgerung

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Zwar machten Hitze und Trockenheit nicht so sehr zu schaffen wie in den Vorjahren, so dass die Ernte insgesamt zufriedenstellend ausfiel. Auf der anderen Seite sorgte das Preisgeschehen auf den Märkten bei den Landwirten für Verärgerung. „Seit jeher steht der Landwirt am Ende der Fahnenstange“, klagt Kraus. Er müsse mit dem zufrieden sein, was nach Abzug der scheinbar fest kalkulierten Preisspannen für Verarbeitung und Handel noch für ihn übrig bleibt. Deutlich steigern konnte der Zuchtverband im vergangenen Jahr die Verkaufszahlen beim Großvieh.

Die Erschließung neuer Absatzwege belebte den Zuchtviehexport innerhalb der EU. Trotz der coronabedingten Begrenzung der Käuferzahlen gab es auf den Zuchtviehmärkten keine Absatzprobleme, die Jungkuherlöse lagen leicht über dem Niveau des Vorjahrs. Anders sah es bei der Kälbervermarktung aus, bedauert Kraus. Weniger wegen Corona und Blauzungenkrankheit, sondern mehr aufgrund der stark beeinträchtigten Kälberexporte anderer Regionen geriet die Kälbervermarktung unter enormen Absatz- und Preisdruck.

Neue Exportwege innerhalb Europas

Beim Großvieh tendierten die Verkaufserlöse bei guter Nachfrage und aufgrund der angebotenen Qualität beständig nach oben, stellt Verbandsverwalter Georg Veh fest. Zuchtbullen stünden inzwischen in ausreichendem Umfang zur Verfügung. Die neuen Exportwege in die Niederlande, Großbritannien und Irland gelte es jetzt zu festigen und auszubauen.

Wenig zufriedenstellend seien indes die Erlöse für die weiblichen Zuchtkälber. Angesichts der geringen Nachfrage sollten die Züchter überlegen, ob ihre weitere Aufzucht bis zur Umstellung auf Jungrinder und Fresser mehr Erfolg versprechen könnte. Neu war im vergangenen Jahr der Export von 164 laktierenden Jungkühen im mittleren Leistungsbereich und mit gutem Exterieur. Der Erlös bewegte sich hier bei durchschnittlich 1455 € pro Jungkuh.

Diskussionen werden auf emotionaler Ebene geführt

Veh beklagt bei der Diskussion um Langstrecken-Tiertransporte die teils emotionale Argumentation. Mittlerweile würden nämlich größte Anstrengungen unternommen, um den erhöhten Anforderungen an den Tierschutz zu genügen. „Das Veterinäramt Dillingen und die beteiligten Mitarbeiter des Zuchtverbands achten peinlichst auf die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben“, betont der Verbandsverwalter. So habe die Vorstandschaft des Zuchtverbands beschlossen, auf Lieferungen in Drittländer zu verzichten, wenn dort kein durchgehende Tierschutz gewährleistet sei. Insgesamt wurden über den Zuchtverband im vergangenen Jahr 10 Bullen, 16 Kühe, 164 Jungkühe, 494 Kalbinnen und 95 Rinder exportiert.

Vermarktungsergebnisse

Laut Veh wurden im vergangenen Jahr im Großviehbereich folgende Vermarktungsergebnisse erzielt (in Klammern die Differenzen zum Vorjahr):

  • Bullen: 247 (+ 43) Stück zu durchschnittlich 3475 (+ 540) €
  • Kühe: 167 (- 173) Stück zu 1288 (+ 209) €
  • Jungkühe: 1119 (+ 126) Stück zu 1480 (- 117) €
  • Kalbinnen: 536 (+ 227) Stück zu 1350 (+ 46) €
  • Rinder: 624 (+ 220) Stück zu 653 (+ 61) €.

Natürlich hornlose Bullen sind gefragt

Die Vermarktung von 247 Zuchtbullen markiert einen neuen Höchststand, freut sich Veh. Besonders die Nachfrage nach natürlich hornlosen Bullen habe sich sehr gut entwickelt. Dass solche Tiere vermehrt auf den Märkten angeboten werden, zeige, dass die Aufzüchter diesen Trend erkennen und ihm Rechnung tragen.

Ebenfalls einen neuen Rekord gab es bei den Jungkuh-Verkaufszahlen. Allerdings zeigt sich dabei ein deutlicher Trend zur Stallvermarktung. Während 489 Jungkühe den Weg zu den Auktionen fanden, wurden 466 ab Stall verkauft. Letzteres bringe zwar weniger Aufwand mit sich, dafür aber auch einen geringeren Durchschnittserlös, gibt Veh zu bedenken. Für durchschnittliche Qualitäten und bei geringer Arbeitskapazität auf dem Betrieb sei der Ab-Stall-Verkauf das Mittel der Wahl. Für wirklich gute Qualitäten lohne sich aber auf jeden Fall der zeitliche Aufwand für eine Marktbeschickung. Fast ausschließlich ab Stall wurden Jungrinder und Kalbinnen vermarktet.

Rückläufige Verkaufszahlen bei Bullenkälbern

Rückläufig waren die Verkaufszahlen bei den Bullenkälbern zur Zucht, nachdem mehr Kälber von den Züchtern selbst aufgezogen wurden. Die Eigenaufzucht eines Zuchtbullenkalbs mag verlockend sein, so Veh. Dabei werde jedoch oft der damit verbundene Aufwand unterschätzt. Beim Verkauf von weiblichen Zuchtkälbern setzte sich der Abwärtstrend fort. Ein großer Teil ließ sich nur über den Weg in die Rindermast absetzen. In der Folge kam es zu einem Abwärtstrend bei den Preisen. So zeigte sich die Kälbervermarktung 2020 als durchwachsen:

  • Bullenkälber zur Zucht: 92 (- 19) Stück zu durchschnittlich 1009 (+ 74) €
  • Kuhkälber zur Zucht: 443 (- 141) zu 273 €
  • Bullenkälber zur Mast: 6588 (- 285) Stück zu 448 (- 2) €
  • Kuhkälber zur Mast: 467 (+ 147) Stück zu 242 (+ 18) €
  • Fresser männlich: 695 (-9) Stück zu 742 (- 63) €.

Typisierung weiblicher Rinder beschleunigt Zuchtfortschritt

Zuchtleiter Friedrich Wiedenmann ist mit dem Zuchtfortschritt im Verband zufrieden. Im Zuchtprogramm hätten junge Tiere zunehmend an Bedeutung gewonnen. Der überwiegende Teil der Zuchtbullen stamme inzwischen aus sehr jungen Müttern, geboren aus Embryotransfer bzw. als erstes oder zweites Kalb, mithin aus Paarungsempfehlungen für Jungrinder und Jungkühe.

Der systematische Einstieg in die Typisierung weiblicher Rinder habe für zusätzliche Zuchterfolge gesorgt. Aufgrund der erheblichen Zuchtwertabschreibungen verringerte sich die Zahl der Kühe mit Bullenmutterstatus. So kommt es, dass die klassischen Bullenmütter mit Erstaufnahme nach der zweiten Kalbung in den vergangenen Jahren zunehmend von jungen Bullenmüttern verdrängt wurden. „Weibliche Tiere mit interessanter Abstammung werden frühzeitig genotypisiert, schon als Jungrind gezielt angepaart und vermehrt auch über Embryotransfer genutzt“, erklärt Wiedenmann.

Beu Bullenvätern Trend zu jüngeren Tieren

Auch bei der Auswahl der Bullenväter setzen sich die jüngeren Tiere stäker durch. Konzentrierte sich der Zuchtverband noch vor geraumer Zeit neben den nachkommengeprüften Bullen vor allem auf genomische Jungvererber mit Nachkommenergebnissen bei der Körung ihrer Söhne, so werden seit zwei Jahren ausgewählte genomische Jungvererber bereits im Ersteinsatz in der gezielten Paarung eingesetzt.

„Ein Zuchtprogramm braucht genetische Breite, um erfolgreich zu sein“, betont Wiedenmann. Das gelinge aber nur, wenn die Paarungsempfehlungen konsequent beachtet werden. Im Innovativen Zuchtprogramm (IZP) stieg die Zahl der Embryotransfers ein weiteres Mal an, und zwar auf 40 selektierte und tatsächlich gespülte Tiere. Mit 10,7 transfertauglichen Embryonen im Durchschnitt aller Spülungen lag die Erfolgsrate leicht über der des Vorjahrs.

Beim Fleckvieh ist der Anteil der Hornlosbesamungen im vergangenen Jahr stark angestiegen. Im Juli hat er erstmals die Marke von 35 % gerissern. „Dahinter steht wohl auch die Erkenntnis, dass der gesellschaftliche Druck mit Blick auf das Tierwohl zunimmt und die Landwirte dieser Forderung gerecht werden wollen“, sagt Wiedenmann. Deshalb sei auch der Zuchtverband in diesem Bereich sehr aktiv. 2020 wurden neun natürlich hornlose Bullen für den Besamungseinsatz ausgewählt, das sind 26 % der verkauften Besamungsbullen. In der genetischen qualität hätten die Hornlosvererber nahezu den Anschluß an die gehörnte Population gefunden, konstatiert Wiedenmann.

Zuchtbullen mit guten Erlösen

Insgesamt lag der Durchschnittspreis bei den 30 über Auktionen an Besamungsstationen verkauften Bullen mit 14.843 € im absoluten Spitzenbereich. Der teuerste Bulle – Westerland, ein W1-Sohn aus der Hugoboss-Tochter Arya von der Familie Böhm in Oppertshofen - erzielte 85.000 € und überbot damit den Preisrekord des legendären Spitzenbullen Everest aus dem Jahr 2012.

Zum Jahresende waren dem schwäbischen Fleckviehzuchtverband 889 Betriebe mit insgesamt 52.175 Kühen angeschlossen.

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