Bissingen/Lks. Donau-Ries - Steigende Energiepreise sind seit Jahren zu beobachten, infolge des Ukrainekriegs eskalierten die Preise für Gas und Strom und brachten auch die landwirtschaftlichen Erzeuger in Bedrängnis. Hannes Geitner, Fachberater für Landtechnik und erneuerbare Energien beim AELF Nördlingen-Wertingen, möchte die Krise als Chance genutzt sehen, und präsentierte in seinem Vortrag auf dem Nordschwäbischen Milchviehtag betriebliche Optimierungs- und Entwicklungsmöglichkeiten für Landwirte.
„Unser Stromverbrauch wird dank Wärmepumpen und E-Autos weiter ansteigen“, prognostiziert Geitner. Eine mittelfristige Stabilisierung des Strompreises setze den massiven Zuwachs erneuerbarer Energien voraus. Der Ausbau der dafür benötigten Stromnetze werde einen Anstieg der Netzentgelte zur Folge haben. Ähnlich werden sich die Gaspreise 2023 voraussichtlich einpendeln, aber durch die steigende CO2-Abgabe wieder in die Höhe getrieben. Auch wenn sich die Energiemärkte also beruhigen, werden staatliche Entgelte dem Preisverfall entgegenwirken. Ein guter Grund für Landwirte, die Seiten zu wechseln und von Energiekonsumenten zu -produzenten zu werden.
Steigenden Kosten mit Eigenstromversorgung begegnen
Ein Weg, den Geitner mit Praxisbeispielen belegte, ist die PV-Eigenstromversorgung. Als Beispiel diente ein Laufstall-Neubau aus dem Jahr 2017 mit starker Automatisierung, einem Stromverbrauch von 100 000 kWh/Jahr und ca. 10 kW Dauerlast. Mittels einer 50-kWp-PV-Anlage und Investitionskosten von 60 000 € konnte der Landwirt einen Stromertrag von 1050 kWh/kWp erzielen und eine Autarkie von 32 % (im Sommer von fast 50 %) erreichen, ca. 70 % des PV-Stroms werden selbst genutzt. Einnahmen und Ersparnis summierten sich im ersten Jahr auf 13 635 €; der Gewinn lag bei 8029 € pro Jahr. Bei geschätzten 6 % Strompreissteigerung und 5 % allgemeiner Teuerungsrate könne der Landwirt mit einer Amortisation seiner Investition nach acht Jahren rechnen.
Wärmeverkauf bei Ortslage des Betriebes
Für Hofstellen in Ortslage biete sich der Wärmeverkauf an. Kurze Wege seien wichtig, um die Tiefbaukosten niedrig zu halten. Als Beispiel führte Geitner einen Kälberaufzucht- und Färsenmastbetrieb mit ca. 60 GV an, der, mitten im Dorf gelegen, keine Entwicklungsperspektive hatte. Mit dem Wärmeverkauf schuf sich der Landwirt einen Nebenverdienst. Arbeiten fallen vor allem im Winter an, wenn in der Landwirtschaft wenig zu tun ist. Basis für das Projekt waren der Anschluss von elf Häusern und ein gemeldetes Heizöläquivalent/Jahr von 25 100 Litern. Realisiert wurde der Neubau eines Heizgebäudes mit Garage und Werkstatt und einem 2 x 120 kW HS-Kessel bei Investitionskosten von 126 000 €. Ein Projekt, das sich mit der Zeit entwickeln kann: Inzwischen wurde die Anlage um 18 Abnehmer erweitert, darunter fünf Wohnblöcke.
Bio-Flüssiggas als Treibstoff
Entwicklungsperspektiven bieten laut Geitner schließlich auch große LNG- bzw. Güllemethananlagen. Die mit der Gülle- und Mistvergärung verbundene hohe Treibhausgas-Minderung werde staatlicherseits ebenso hoch vergütet. Die Wirtschaftlichkeit basiere somit allein aufgrund politischer Entscheidungen und Rahmenbedingungen. Für Bio-LNG sprechen unter anderem ein geringer Kraftstoffverbrauch, die Verringerung der Emissionen von Feinstaub, Schwefeloxid, Stickoxid und Lärm, eine CO2-Negativemission von bis zu –100 %, eine große Reichweite, die sichere, umweltfreundliche Betankung sowie minimale Betriebs- und Wartungskosten.
Hier müsse aber „groß gedacht“ werden. Geitner sprach von einer Anlage mit 9 t LNG/Tag (ca. 2,4 MW), die ca. 30 Mio. € in der Anschaffung kostet. Bei Einnahmen von 3,51 Mio. € für das LNG und 16 Mio. € aus der THG-Quote sei eine Amortisation bereits nach vier Jahren, bei kleineren Anlagen nach sechs Jahren möglich.
Bei LNG muss "groß" gedacht werden
Die für den Betrieb einer solchen Anlage nötigen 250.000 m³ Gülle werden aus einem Radius von 10 bis 15 km bei den Landwirten abgeholt, die Dickgülle zurückerhalten, welche sie als Stickstoffdünger auf den Feldern ausbringen. Ähnlich profitieren könne man von den THG-Quoten mit Biomethan-Anlagen. Entscheidende Aspekte für die Wirtschaftlichkeit solcher Anlagen seien kurze Transportwege, eine günstige Wärmeversorgung, die Nähe zum Gasnetz und – eben – eine hohe THG-Quote.