Massentierhaltung, Monokultur, Insektensterben, Artenschwund und Subventionen – alles negativ besetzte Begriffe, die Gesellschaft und Politik mit der Landwirtschaft assoziieren. Doch die heile Welt, die sich der Verbraucher auf den Bauernhöfen wünscht, bleibt eine Utopie. Zumindest solange, bis die marktwirtschaftlichen Rahmenbedingungen an mehr Tierwohl, weniger Pflanzenschutz und noch mehr Vielfalt angepasst werden.
Auf die Verbraucher zugehen und aufklären

Bei einer Online-Veranstaltung des Schwaben-Teams im Netzwerk „Land schafft Verbindung“ (LsV) zeigte Marx Unseld aus Luippen (Lks. Neu-Ulm), wie er auf die Verbraucher zugeht und ihnen erklärt, warum in der Landwirtschaft vieles ganz anders ist und sein muss, als sie es sich vorstellen. Moderiert wurde die Veranstaltung von LsV-Pressesprecherin Josephine Glogger-Hönle, die gut 25 Teilnehmer an ihren Bildschirmen begrüßen konnte. Ihr ist die Aufklärung der Verbraucher ein besonderes Anliegen.
Das gilt auch für den Referenten Marx Unseld, der in Luippen einen konventionellen Ackerbaubetrieb mit 600 Schweine- und 31 500 Hähnchenmastplätzen bewirtschaftet. Zum Betrieb gehören 65 ha Nutzfläche, dazu 3,6 ha Wald und eine 0,8 ha große Kurzumtriebsplantage mit Pappeln. Um Kosten zu senken und immer auf aktuelle, schlagkräftige Technik zugreifen zu können, hat Unseld zusammen mit vier weiteren Landwirten eine Maschinengemeinschaft gegründet, von der insgesamt 250 ha Fläche bewirtschaftet werden.
„Das Volksbegehren zur Artenvielfalt hat uns Landwirte schwer getroffen“, sagte Unseld. Es sei komplett gegen die Landwirtschaft gerichtet, was die Bevölkerung auch noch mit einer hohen Zustimmung quittierte. „Was ist da eigentlich passiert?“ Um das herauszufinden, hat Unseld Verbraucher auf seinen Hof eingeladen und sie einfühlsam an die moderne Landwirtschaft herangeführt. „Dabei musste ich feststellen, dass vielen von ihnen überhaupt nicht bewusst ist, was sie da beim Volksbegehren unterschrieben haben.“
Die Besucher am Hof waren überrascht
Auch zum Klimaschutz leistet der Betrieb in Luippen einen Beitrag. Der Hähnchenstall wird über eine 200 kW-Hackschnitzelanlage beheizt. Das spart jährlich rund 35 000 l Heizöl ein. Der verbrauchte Strom kommt zu 40 % aus der betriebseigenen Photovoltaikanlage, die zugekaufte Energie aus regenerativen Quellen.
Dem Lockruf der Supermärkte erlegen

Jeder Bundesbürger verzehrt durchschnittlich 235 Eier pro Jahr. Diese werden rechnerisch von einem einzigen Huhn gelegt. Im Landkreis Neu-Ulm leben 175 000 Menschen, was einen Bedarf von 41 Mio. Eiern oder 160 000 Legehennen ergibt. Würden diese allesamt höchst artgerecht in mobilen Hühnerställen mit jeweils 240 Hennenplätzen gehalten, bräuchte es im Kreis Neu-Ulm insgesamt 666 Mobilställe, um den regionalen Eierbedarf zu decken – eine utopische Zahl.
Außerdem werden im Landkreis nur 44 000 Legehennen anstatt der notwendigen 160 000 Stück gehalten. Und was die Massentierhaltung betrifft: In Bayern stehen im Schnitt 11 900 Hühner auf einem Legehennenbetrieb, in Sachsen sind es 57 740.