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Besuch am Melkstand

Daheim bei Josef Holzheu: Er ist einer der besten Melker Deutschlands

Ein junger Landwirt beim Melken im Melkstand.
Anja Kersten
am Freitag, 26.05.2023 - 11:04

Josef Holzheu aus Honsolgen bei Buchloe hat zusammen mit Simon Eisenreich aus Neumarkt-St. Veit Silber im Wettbewerb der Bundesländer des Bundesmelkwettbewerbes geholt. Wer hat ihm das Melken gelernt?. Wir haben Josef auf seinem Familienbetrieb besucht.

Wie ist es mit einem der besten Melker Deutschlands im Melkstand zu stehen? Über diese Frage muss Marlene Holzheu erst mal schmunzeln bis sie mit einem Blick auf ihren Sohn Josef mit einem Lachen antwortet: „Gar nicht so einfach, weil der Josef jetzt auf jeden meiner Handgriffe achtet“, fügt aber hinzu: „Aber ich kann auch wirklich noch was von ihm lernen.“ Zusammen mit 24 Nachwuchsmelkern hatte er sich in der Lehr- und Versuchsanstalt (LVA) für Viehhaltung Hofgut Neumühle in Rheinland-Pfalz dem 37. DLG-Bundesmelkwettbewerb gestellt. Bayern sicherte sich dabei den zweiten Platz vor Mecklenburg-Vorpommern.

Das Melken hat er von der Mama gelernt

Bundesmelkwettbewerb-Sieger-Josef-Holzheu-Eltern

Ein bisschen Ruhm gebührt aber auch seiner Mutter, findet Josef, schließlich hat er von ihr als junger Bub das Melken gelernt. „Ich mag das Melken und den Kontakt mit den Tieren“, erklärt seine Mutter und vielleicht ist es auch ihre Begeisterung, die sie an Josef weitergeben hat.

„Wir sind ein gutes Team beim Melken“, sagen die beiden übereinstimmend während sie im Stall arbeiten und Josef fügt erklärend hinzu, dass seine Mutter und er melken, während sein Vater alle anderen Arbeiten im Stall übernimmt. Richtig gelernt oder einen Tierhaltungskurs hätte sie nie besucht, erzählt Marlene Holzheu. Sie hätte es halt so gemacht, wie sie es von ihren Eltern auf dem Bauernhof gesehen hat und immer viel Fachliteratur gelesen, um auf dem neuesten Stand zu sein. Jetzt bekomme sie die Tipps von ihrem Sohn quasi aus erster Hand, schmunzelt sie. Auch als er im Rahmen seiner Ausbildung einen Tierhaltungskurs am Spitalhof Kempten absolvierte, hat er sein Wissen gern mit ihr geteilt. Und sie hat es gerne angenommen.

Teilnehmer bei Wettbewerben im Melken und der Landwirtschaft

Dort im Melkkurs fiel seine Arbeitsweise beim Melken zum ersten Mal positiv auf und so durfte er 2019 beim Landesentscheid im Melkwettbewerb am Spitalhof in Kempten teilnehmen. Er wurde damals Fünfter und hatte sich somit nicht für den Bundeswettbewerb qualifizieren können. Dann aber kam Corona. Der Bundeswettbewerb wurde verschoben und sollte 2023 endlich stattfinden.

Das Thema Melkwettbewerb war für den jetzt 20-jährigen Josef, der nach seiner Ausbildung inzwischen die Landwirtschaftsschule in Kaufbeuren besuchte, längst abgehakt. Immerhin war der jetzt schon vier Jahre her. Vielmehr bereitete er sich in diesem Jahr zusammen mit seinem Kollegen Tom Guggemos auf den Bezirksentscheid des Berufswettbewerbs im Teamwettbewerb Landwirtschaft vor. Zusammen gewannen sie den Bezirksentscheid Landwirtschaft und traten auch zum Landesentscheid an, qualifizierten sich aber nicht mehr für den Bundesentscheid. „Eigentlich hat es mir mit den Wettbewerben dann auch gereicht“, sagt Josef ehrlich.

Bundesweiter Melkwettbewerb: Eine einmalige Gelegenheit

Dann kam, völlig unerwartet, diese Mail, dass er beim Bundesmelkwettbewerb antreten könne. „Damit hatte ich überhaupt nicht gerechnet, weil ich ja nur Fünfter geworden bin“, erzählt er. Doch weil der Erst- und Zweitplatzierte absagten und der Dritte inzwischen zu alt war, kam er zusammen mit Simon Eisenreich zum Zug beim Bundesmelkwettbewerb.

Sein erster Gedanke war, abzusagen, weil er, wie er dachte, „sowieso keine Chance hätte“. Außerdem wollte er die Eltern nicht wieder mit der ganzen Arbeit allein lassen. Schon beim Berufswettbewerb hatte er mehrere Tage gefehlt. Doch er hatte nicht mit der Reaktion seiner Eltern gerechnet. „Klar, fährst du“, redeten sie ihrem Sohn zu. Arbeit hin oder her, das würden sie schon schaffen. „Die Chance, sich mit anderen jungen Landwirten aus ganz Deutschland zu messen und sich zu treffen, dass muss man doch nutzen“, freute sich Vater Josef Holzheu. „Selbst wenn man nicht vorne dabei ist, die Gelegenheit kommt doch nie wieder“, fügt seine Mutter hinzu.

Zwei Allgäuer melken um die Wette in der Rheinland-Pfalz

Bundesmelkwettbewerb-Sieger-Holzheu-Eisenreich

So machte er sich gemeinsam mit Simon Eisenreich auf dem Weg nach Rheinland-Pfalz. Vorher hatten sie noch ein Melktraining in Achselschwang absolviert, bei dem sie den Ablauf mehrmals durchgegangen sind und besprochen haben, worauf beim Wettbewerb zu achten ist. Natürlich könne er melken, er melke ja jeden Tag, aber viele Handgriffe mache man automatisch, ohne groß nachzudenken, erklärt Josef die Herausforderung beim Wettbewerb. Einfach gesagt, gehe es beim Wettbewerb darum, das auszusprechen, was man sich normalerweise denkt, bringt es Josef auf den Punkt.

Bewertet werden beim Wettbewerb die praktische Melkarbeit bei der Anwendung unterschiedlicher Systeme. Josef hat im Wettbewerb an einem 1 x 10 Side-by-Side-Melkstand und einem 1 x 8 Fischgrät-Melkstand gemolken, sein Kollege an einem 32er-Innenmelker-Karussell. Darüber hinaus mussten sie ihre praktischen Kenntnisse bei Hygiene, Eutergesundheit und Milchqualität unter Beweis stellen und fachliche Fragen zur Milchproduktion in einem schriftlichen Test beantworten.

Das Melken ist schwierig mit fremden Kühen

Auf dem Weg zum Bundeswettbewerb sei er überhaupt nicht aufgeregt gewesen, erzählt Josef, vielleicht auch, weil er sich keine großen Chancen ausgerechnet hatte. Doch als es dann in den Melkstand ging, war sein Ehrgeiz geweckt und seine Nervosität stieg. „Daheim kenne ich jede Kuh und weiß wie ich mit ihr umgehen muss. Fremde Kühe zu melken, die dann auch noch zappelig sind, das war dann doch eine besondere Herausforderung, beschreibt Josef den Ablauf. Da helfe dann nur ruhig bleiben, Kontakt mit der Kuh aufzunehmen, mit ihr zu sprechen und es genauso zu machen, wie sie es geübt hätten.

Seine Leistung und die seines Kollegen überzeugten, sodass sich die Beiden nur Mecklenburg-Vorpommern geschlagen geben mussten. Über ihren 2. Platz hätten sie sich natürlich sehr gefreut, sagt Josef. Im Nachhinein viel wertvoller für ihn gewesen sei aber die Erfahrung, junge Landwirte und Landwirtinnen aus ganz Deutschland zu treffen. Da gab es junge Landwirte und Landwirtinnen aus anderen Bundesländern mit über 1000 Kühen und dann Familienbetriebe so wie von Familie Holzheu mit 60 Milchkühen und 66 Hektar.

Der große Wert eines bayerischen Familienbetriebs

Letztlich so erfuhr Josef in Gesprächen, wurde er aber mit seinem Betrieb nicht belächelt, sondern ganz im Gegenteil sogar ein bisschen beneidet. Denn anders als ein Familienbetrieb seien die großen Betriebe auf Fremdarbeitskräfte angewiesen, die sie aber nicht finden würden. Trotz aller Probleme in der Landwirtschaft, der Bürokratie, den Auflagen sei unter den Teilnehmerinnen ein großer Optimismus zu spüren gewesen. „Schon allein das, war die Teilnahme wert“, sagt Josef.

Josef nutzt seinen Sieg zur Aufklärung über Landwirtschaft

Seinen hervorragenden zweiten Platz für Bayern möchte er auch dazu nutzen, in der Presse auf die Leistungen der Landwirtschaft, speziell der Milchwirtschaft, aufmerksam zu machen. „Wenn die Leute Melkwettbewerb hören, dann denken sie wir sitzen mit einem Schemel unter der Kuh und melken mit der Hand“, schildert Josef ein gängiges Klischee. Dass diese Zeiten längst vorbei sind, dass Milchviehhalter heute, wie andere Wirtschaftszweige auch, moderne Technik einsetzen, hohe Hygienestandards einhalten müssen und sich gleichzeitig um das Tierwohl kümmern, das möchte er mithilfe der Berichterstattung in Tageszeitungen an die Öffentlichkeit weitergeben. Und nicht zuletzt, dass sie jeden Tag mit ihrer Arbeit, ein wertvolles Lebensmittel produzieren: Die Milch.

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