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Forstwirtschaft

Cleverer Klimaschutz: Waldumbau finanzieren mit CO2-Zertifikaten

Junge Nadelbäume auf dem Gelände eines Walds, der wegen Borkenkäfer-Befalls abgestorben war.
Toni Ledermann
am Donnerstag, 25.05.2023 - 15:58

Bayerische Jungbauern stellten CO2-Zertifikate aus lokalen Wäldern vor, die helfen, den Umbau von Reinbeständen in klimaresiliente Mischwälder zu finanzieren.

Ganz auf der Höhe der Zeit waren jüngst die bayerischen Jungbauern mit ihrer gut besuchten Onlineveranstaltung unter dem Titel „Mit lokalen Wäldern das lokale Klima schützen“, Untertitel „CO2-Zertifizierung von Forstwirtschaft“. Referentin war Beatrice Thumb von Neuburg, die im Münchner Unternehmen „Pina Earth“ arbeitet. Begrüßt wurden die Teilnehmer von Jakob Zügel, der zusammen mit Niklas Schädler sowie der Moderatorin Julia Giehrl, Sprecherin des Arbeitskreises Agrarpolitik der Bayerischen Jungbauernschaft, den Abend organisiert hatte.

Pina Earth bietet hochwertige CO2-Zertifikate aus lokalen Wäldern an, um den Umbau von Reinbeständen in klimaresiliente Mischwälder zu finanzieren. Beatrice Thumb von Neuburg stellte das Konzept des Unternehmens näher vor. Problematisch sei, dass vier von fünf Bäumen durch den Klimawandel akut bedroht seien. „Waldreinbestände sind bekanntlich verstärkt anfällig für Klimarisiken und setzen somit CO2 frei. Deshalb müssen etwa 25 Prozent, dies sind über drei Millionen Hektar des deutschen Waldes, umgebaut werden“, sagte die Referentin.

Zertifikate für gespeichertes CO2

Abhilfe schaffe das Pflanzen resilienter, standortgerechter Baumarten sowie die natürliche Verjüngung des Waldbestandes. Für jede zusätzlich gespeicherte Tonne CO2 werde ein CO2-Zertifikat ausgegeben. Durch den Erlös aus dem Zertifikatsverkauf können Waldbesitzer ihre Umbaumaßnahmen im Forst finanzieren und Unternehmen aktiv zum Klimaschutz beitragen.

Potenzial derWaldfläche prüfen

Was muss der Waldbauer bei diesem Geschäft beachten? Zuerst erfolgt die Prüfung des Potenzials. Waldbesitzer übermitteln daher an Pina Earth zunächst nähere Informationen zu ihrer Waldfläche, woraufhin das Unternehmen die CO2-Senkleistung prüft und bemisst. Anhand der geplanten Maßnahmen wird die Fläche zertifiziert. Pina Earth verkauft die CO2-Zertifikate an die angeschlossenen Partner, die Waldbesitzer finanzieren mit den Einnahmen den Waldumbau.

Für die Waldbesitzer bedeutet die Zertifizierung eine zusätzliche Einkommensquelle, da sie während der Projektlaufzeit von 30 Jahren Einnahmen aus den Zertifikatsverkäufen beziehen. Der Waldbesitzer entscheidet selbst über die Waldumbaumaßnahmen und ist verantwortlich für deren Durchführung. Die Bürokratie wird von Pina Earth übernommen, das dafür eine Gebühr für die Nutzung der Plattform und eine Kommission beim Verkauf der CO2-Zetifikate erhält.

Kommerzielle Nutzung ist weiterhin möglich

Um ein gemeinsames Projekt mit Pina Earth durchzuführen, müssen verschiedene Kriterien erfüllt sein. So muss es sich um einen Privat- beziehungsweise Körperschaftswald handeln. Der Eigentümer kann weiter kommerziell Holz ernten. Wichtig sei, dass die Waldbesitzer tatsächlich erfahren genug und fähig sind, um die geplanten Maßnahmen erfolgreich umsetzen zu können. Als Nachweis diene eine entsprechende Ausbildung oder einschlägige Berufserfahrung.

Dieselbe CO2-Senkleistung dürfe aber nur einmal gezählt werden. Das heißt, der Waldbesitzer darf CO2-Zertifikate entweder über Pina Earth oder über andere Programme beantragen – aber nicht parallel. Weiter wichtig sei, dass der Ausgangszustand stark von Kiefern oder Fichten dominiert ist, mit einem Anteil von über 70 Prozent.

Gibt es genug Nachfrage nach den Zertifikaten? Der freiwillige Emissionsmarkt, in dem sich Pina Earth bewegt, sei aktuell stark am wachsen, hieß es. Gerade die Nachfrage nach regionalen CO2-Zertifikaten sei groß.

Um den optimalen Preis für die bäuerlichen Zertifikate zu erzielen, habe Pina Earth ein Netzwerk an Marktteilnehmern gespannt, etwa Nachhaltigkeitsberatungen, Plattformen und Endkunden. Mit der finanziellen Unterstützung von Waldumbauprojekten können auch Unternehmen einen Klimabeitrag leisten und diesen auch transparent an ihre Kunden kommunizieren. Die unabhängige Prüfung und Zertifizierung durch den TÜV Nord Cert stärke die Glaubwürdigkeit der Projekte zusätzlich und bringe für die Käufer der Zertifikate einen Wettbewerbsvorteil, sagte Thumb von Neuburg.

Nach den 30 Jahren müssen mindestens drei gesichert standortgerechte Baumarten auf der Zertifizierungsfläche vorhanden sein. Die jeweilige Baumart müsse mindestens 5 % des Flächenanteils ausmachen, dürfe aber 70 % nicht überschreiten. Um dies zu erreichen, seien Maßnahmen zur Naturverjüngung, die Pflanzung diverser Baumarten und Wildschadensverhütung sinnvoll.

Natürlich wurde gefragt, wann mit der ersten Auszahlung zu rechnen ist? Dazu sagte die Referentin: „Sie erhalten zusätzliche Einnahmen, nachdem das Projekt gestartet und validiert wurde“. Ab diesem Zeitpunkt werde das Volumen an CO2-Zertifikaten aus dem bäuerlichen Projekt den Käufern angeboten. In einem gemeinsamen Termin werden vor dem Projektstart die Details des Auszahlungsmodells durchgesprochen.

Kein Widerspruch zu staatlicher Förderung

Auch die naheliegende Frage nach einer Kombination mit staatlichen Förderprogrammen kam auf. Dies sei grundsätzlich möglich, sagte Beatrice Thumb von Neuburg: „Im Gegensatz zu einem Förderprogramm bieten wir eine Dienstleistung an, die in keinem Widerspruch mit staatlichen Förderprogrammen steht. Zu beachten ist, dass in der Zertifizierung gezeigt werden muss, dass der finanzielle Aufwand die aus dem Projekt resultierenden Einnahmen, inklusive der Förderungen, übersteigt.“

Das Team von Pina Earth stehe bei Rückfragen zu den einzelnen Projektkriterien gerne zur Verfügung. Für eine Prüfung des Projektpotenzials sei eine Kontaktaufnahme über die Webseite jederzeit möglich.