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Bad Hindelang +++Aktualisiert+++

Oberallgäu: Braunbär im Hintersteiner Tal gesichtet

Bärennachweis
Josef Gutsmiedl
am Mittwoch, 24.05.2023 - 11:00

Am Montag, 22. Mai, erhielt das Landratsamt Oberallgäu die Nachricht über die Sichtung eines Braunbären im Gemeindebereich von Bad Hindelang. Das Umweltministerium hat den Vorfall am 23. Mai bestätigt. Der Bär ist im Allgäu angekommen.

Hinterstein / Lks. Oberallgäu – Was anfangs der Woche als „mutmaßliche Sichtung“ eines Braunbären im Hintersteiner Tal bei Bad Hindelang begann, führte schon am frühen Montagabend zum Nachweis des Tieres. Ein „großer Beutegreifer“ ist somit im südlichen Landkreis Oberallgäu angekommen. Im Landratsamt Oberallgäu muss man sich notgedrungen mit Tipps zum richtigen Verhalten begnügen, da eine weitere Individualisierung des „Gastes“ bislang nicht möglich war. In Sorge sind aber Älpler und Weideviehhalter in der Region. In diesen Tagen beginnt die Älpung des Viehs, und Herdenschutz ist nicht überall möglich.

Radfahrer fotografiert den Braunbären

Nicht weit von der Hubertus-Kapelle im Hintersteiner Tal hatte am 22. Mai gegen Mittag ein Radfahrer einen Bären fotografiert. Umgehend war die Meldung über die Beobachtung dem Netzwerk Große Beutegreifer am Landesamt für Umwelt LfU zugeleitet worden. Noch am Nachmittag hatte die  Wildtierökologin am Landratsamt Oberallgäu, Agnes Hussek, den Schauplatz der Aufnahme aufgesucht und war zum Schluss gekommen, dass es sich wohl tatsächlich um einen Braunbären handle. „Es war eine authentische Szenerie vor Ort nachvollziehbar.“ Und bereits am Abend hatte das LfU  den Hinweis zum „Nachweis“ erklärt.

Der große Beutegreifer Bär war offenbar im Allgäu angekommen. „Weitere Spuren des Tieres konnten allerdings aufgrund des Grasbewuchses nicht festgestellt werden. Also auch kein etwaiger DNA-Nachweis“, so Hussek. Man müsse jetzt weitere Beobachtungen abwarten, um die Wanderung des Bären zu verfolgen

Bär ist streng geschützt

Wie die rechtliche Situation des „Besuchers“ aussieht ist dagegen klar. Nach den Flora-Fauna-Habitat-Regularien FFH klar definierten Kriterien gilt der Braunbär als „streng geschützt“ – wie alle großen Beutegreifer. „Das bedeutet ein absolutes Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbot“, bringt es Markus Haug, Jurist am Landratsamt Oberallgäu, auf den Punkt.

Ausnahmen gibt es nur unter strengen Auflagen. Zuständig ist dabei die Regierung von Schwaben in Abstimmung mit dem Umweltministerium. Über einen Managementplan könnten gegebenenfalls anhand des Monitorings der Verhaltensweisen „im rechtlichen Rahmen“ Maßnahmen eingeleitet werden, etwa eine Vergrämung oder Entnahme, so Haug weiter. Die neue Bayerische Wolfsverordnung greift übrigens nicht für Bären.

Jäger und die Alpmeister sind besorgt

Das Landratsamt hat jedenfalls umgehend Jäger und die Alpmeister der Alpgenossenschaften über den Nachweis informiert. Und die sind wenig erfreut über den Besucher.

„Ein Problem, das wir so noch nicht hatten“ erkennt auch Landrätin Indra Baier-Müller. Herdenschutz sei im alpinen Gelände „nur bedingt möglich“. Wie alle Beteiligten hofft sie auf einen „Weggang“ des Tieres: „Am liebsten wäre uns, wenn der Bär weiterziehen würde.“

Des Weiteren will die Landrätin  die Verantwortlichen in den Alpenlandkreisen und den einschlägigen Verbänden – etwa beim Alm- und Alpwirtschaftlichen Verein – zusammenbringen, um ein praxistaugliches Wildtiermanagement und eine gemeinsame Strategie auf den Weg zu bringen. Es gehe nicht zuletzt um den Tourismus in einem begrenzten Lebensraum. „Das beschäftigt uns.“

Hoffung, dass der Bär bald weiterzieht

Alpverein

Wenig angetan von dem „Gast“ ist auch der Alpwirtschaftliche Verein im Allgäu AVA. Vorsitzender Christian Brutscher, selbst aktiver Älpler, hofft ebenfalls, dass der Bär schnell wieder verschwindet. Gerade jetzt zu Beginn der Alpsaison seien viele Bergler-Familien beim Vieh: Eine Begegnung von Kindern und dem Bären wolle er sich gar nicht ausmalen... Das Alppersonal und die Alpmeister seien informiert und gewarnt: „Alle wissen Bescheid. Aber mehr als Abwarten kann man derzeit nicht tun.“ Wie sein Vorgänger an der AVA-Spitze, Franz Hage, hält Brutscher nichts von der „Rückkehr“ der großen Beutegreifer in die Region. Wirksamer Herdenschutz sei in der Praxis in den Berglagen kaum möglich.

Die Chancen, dass der Bär „abtaucht“ stehen Experten zufolge in der Tat gut. Junge Bären gehen im Alter von etwa zwei Jahren auf Wanderschaft – auf Partnersuche. Der Oberallgäuer Bär könnte aus der Population im italienischen Trentino stammen, berichtet Jurist Markus Haug. Dort leben etwa 100 Tiere. Eine Rudelbildung wie etwa bei Wölfen gebe es nicht bei dem scheuen Tier, das dem Menschen in aller Regel ausweiche.

Verhaltensregeln bei Sichtung eines Bären

Bis auf Weiteres könne die Behörde kaum mehr tun, als auf wichtige Verhaltensregeln zum Umgang mit Wildtieren  zu verweisen – den „Schutz durch richtiges Verhalten“ bei Begegnungen mit dem Raubtier. Kai Bomans, Leiter der Unteren Jagdbehörde, fasst es zusammen: „Ruhig bleiben, geordneter Rückzug. Generell: Dem Tier nicht auf den Pelz rücken!“

Die Bevölkerung und Wanderer in der Region werden um besondere Aufmerksamkeit gebeten. Dazu zählen auch wichtige Verhaltensregeln: Generell gilt: 

  • Wenn Sie einen Bär sehen, zeigen Sie Respekt und halten Abstand.
  • Bleiben Sie möglichst ruhig und gelassen.
  • Bleiben Sie stehen und machen Sie den Bären durch ruhiges Sprechen und langsame Armbewegungen auf sich aufmerksam. 
  • Rennen Sie nicht weg, aber nähern Sie sich dem Tier auch nicht.
  • Versuchen Sie nicht, den Bären zu verscheuchen. Werfen Sie keine Äste oder Steine nach ihm.
  • Behalten Sie den Bären im Auge und treten Sie langsam und kontrolliert den Rückzug an. Lassen Sie dem Bären in jedem Fall eine Ausweichmöglichkeit.
  • Darüber hinaus sollten keine Abfälle wie Essensreste in der freien Landschaft zurückgelassen werden.