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Betriebsführung

Auch Biobetriebe haben zu kämpfen

MN-Erntefahrt KRU-MA-5.7.-2
Michael Ammich
am Montag, 22.07.2019 - 10:32

Die Erntefahrt des AELF Krumbach führte zu Ökobetrieben und beschäftigte sich mit deren Perspektiven.

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Opferstetten/Lks. Günzburg Einmal ganz anders verlief das Erntepressegespräch des AELF Krumbach. Anstatt das Gedeihen oder Nichtgedeihen der einzelnen Feldfrüchte detalliert zu analysieren, hatten die Vertreter der Landwirtschaftsbehörde den Schwerpunkt auf die Perspektiven im ökologischen Landbau gelegt. Auf dem Biobetrieb von Stefanie und Stefan Geiger in Opferstetten stellte sich schnell heraus, dass auch im Ökolandbau nicht alles golden glänzt.

Ertragseinbußen durch Umstellung auf Bio

Seit drei Jahren bewirtschaftet die Familie Geiger ihren Milchviehbetrieb nach den Richtlinien des Naturland-Verbands. In ihrem Außenklima-Laufstall hält sie rund 100 Schwarzbunte, die im Jahresschnitt pro Tier – und damit fangen die Probleme bei der Umstellung an – statt wie zuvor 10 000 nurmehr 8500 kg Milch geben. Auf dem Ackerland setzen sich die Ertragseinbußen mangels Mineraldünger und chemischem Pflanzenschutz fort. Im Mittel muss der Betrieb jetzt mit einer um 40 % gesunkenen Erntemenge auskommen. Bei so vielen Kühen bleibt da kaum mehr Spielraum für den Marktfruchtanbau. Was auf den Feldern wächst, dient überwiegend als Futter.

Immerhin, mit den Auswirkungen des Klimawandels kommt der Ökobetrieb bisher gut zurecht. In der Region fällt noch ausreichend Regen, so dass die Geigers bei ihren bisherigen Kulturpflanzen bleiben können. Neben 23 % Grünland und 25,1 % Kleegras bestehen diese aus 20 % Silomais, 3,9 % Winterweizen, 12,8 % Wintergerste und 15,3 % Wintertriticale. Damit erfüllt der Betrieb die Mindestanforderungen des Ökolandbaus an die Fruchtfolge. „Jeder Landwirt kennt seine Böden und weiß, was er wo anbauen kann oder besser nicht anbauen sollte“, sagt Stefan Geiger. Außerdem sorgt er dafür, dass die Zeitspanne, in der die Böden vegetationsfrei sind, möglichst kurz ist So wird der Boden beispielsweise von Leguminosen beschattet und kann einen Teil seiner Feuchtigkeit bewahren. Auch die Organismen in der Erde können auf diese Weise Trockenphasen besser überstehen. „Das Bodenleben ernährt die Pflanze und die Pflanze ernährt das Bodenleben“, erklärt der Biobauer.
Zuweilen wird den Ökolandwirten vorgehalten, dass sie mit Hacke und Striegel im Frühjahr vielen Bodenbrütern den Garaus machen. Demgegenüber sagt Geiger: Zum einen sei das eine Sache der richtigen Einstellung von Hacke und Striegel, zum anderen würde das Ausbringen von chemischen Pflanzenschutzmitteln den Bodenbrütern gewiss nicht weniger schaden. Im Übrigen räumt er ein, dass die Biodiversität auf gut gepflegten Bioäckern auch nicht höher ist als auf konventionellen Äckern. Hier macht sich die Gesellschaft offenbar ebenso falsche Hoffnungen wie hinsichtlich der persönlichen Einstellung mancher Biobauern. Ein Teil von ihnen habe ihren Betrieb weniger aufgrund ökologischer Bedenken umgestellt, sondern weil sie auf die höheren Preise für Bioware schielen, sagt Geiger. Aber selbst dies sei nicht mehr gewiss. So nähmen viele Molkereien mittlerweile keine neuen Biolieferanten mehr an, weil der Markt die stark wachsende Biomilchmenge kaum mehr aufnehmen kann. Während die Nachfrage nach Biomlich jährlich nur um 9 % steigt, wächst das Angebot um 20 %.
Geigers Sorge, dass der Markt für Biomilch in absehbarer Zeit einbrechen könnte, falls er nicht vernünftig gesteuert wird, ist also nicht ganz unbegründet. Eine noch stärkere Nachfrage nach Bioprodukten könne nur von den Discountern kommen, stellt Dr. Reinhard Bader vom AELF Krumbach fest. Diese verdienten derzeit gut an der Bioschiene, so dass sie gar kein Interesse an der Biomilch als billiges Massenprodukt hätten.

Bewässerung wird zunehmen

Vom Kaufverhalten der Verbraucher kann der Günzburger Kreisobmann Stephan Bissinger sein eigenes Liedlein singen. Mit dem Betrieb seiner Eltern in Ichenhausen hatte er zugleich einen Hofladen übernommen, in dem er vorwiegend Kartoffeln verkaufte. Inzwischen wurde der Hofladen aufgegeben. Allein schon der hohe Zeitwaufwand für die Gespräche mit den Kunden rentiere sich mit Blick auf den zuletzt immer geringer gewordenen Umsatz nicht. Abgesehen davon könnte der Kartoffelanbau künftig schwieriger werden, weil der Klimawandel vielerorts eine Bewässerung notwendig machen wird. Unter den zunehmend wärmeren Temperaturen leide auch der Anbau von Zwischenfrüchten. Im Winter frieren diese nämlich immer weniger zuverlässig ab.
Andrea Finkel vom AELF Krumbach weist darauf hin, dass neben den Kartoffeln auch Sonderkulturen wie Erdeeren oder Spargel künftig häufiger bewässert werden müssen. Bei der Genehmigung der dafür notwendigen Brunnen agierten die Wasserwirtschaftsämter jedoch sehr zurückhaltend. „Die zu erwartende Klimaerwärmung um 2°C hat uns offensichtlich bereits erreicht“, bestätigt ihr Amtskollege Bader. Er macht das an Daten aus der Wetterstation in Weißingen im Landkreis Günzburg fest. Der Regen war zwar nur gerade so ausreichend, aber dafür gut verteilt, so dass es kulturübergreifend kaum zu Trockenschäden kam. Außerdem waren die Ackerfrüchte gut über den Winter gekommen, im Frühjahr herrschten gute Aussaatbedingungen für die Sommerungen. Für Grassilage und Heu waren die Erntebedingungen heuer sehr gut, ebenso die Wachstumsbedingungen für den Mais.
Ein Sorgenkind ist der Raps. Die Rapsfläche in den Landkreisen Günzburg und Neu-Ulm hat sich um 10 % reduziert. Ursache für den Rückgang sind teils Umbrüche, teils die restriktive Pflanzenschutzpolitik. „Da stellt sich die Frage, was besser ist“, sagt Kreisobmann Bissinger: „Die Einschränkung der zugelassenen Pflanzenschutzmittel oder der Ersatz des heimischen Rapses durch Soja und Palmöl aus Südamerika, wo die Umweltstandards für den Anbau erheblich niedriger sind als in Deutschland.“

Weg vom chemischen Pflanzenschutz

„Ich habe mit der Umstellung meines Betriebs nicht das Ziel verfolgt, mehr zu verdienen“, erklärt Stephan Geiger. „Aber ich wollte weg vom chemischen Pflanzenschutz und war fasziniert von der ökologischen Wirtschaftsweise.“ Dass Öko zieht, verdeutlicht Bader an der Statistik für das Dienstgebiet des AELF Krumbach. Demzufolge stieg die Zahl der Ökobetriebe in den Landkreisen Günzburg und Neu-Ulm in den vergangenen vier Jahren um 42 auf jetzt 132 an, die ökologisch bewirtschaftete Fläche wuchs im selben Zeitraum um 1683 auf 5296 ha. Damit fahren inzwischen 7 % der landwirtschaftlichen Betriebe auf der Bioschiene. Im Schnitt sind sie mit 40,12 ha rund 25 % größer als die konventionellen Betriebe.

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