Anhausen/Lks. Augsburg Wie entwickelt sich der Bestand ökonomisch und ökologisch, wenn ich den einen Baum entnehme und den anderen erhalte? Diese Frage stellen sich Forstleute bei jeder Auszeichnung eines Stamms. In Anhausen steht eines von acht Marteloskopen in Bayern. Auf der Übungsfläche können Forstleute, Auszubildende und Waldbesitzer das Auszeichnen von Bäumen virtuell simulieren. Die Ergebnisse werden unmittelbar auf ihren Notebooks oder Tablets dargestellt.

Bei der öffentlichen Vorstellung des Anhausener Marteloskops erläuterte Wolfram Rothkegel, Waldbautrainer an der bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF), die Herkunft der Bezeichnung „Marteloskop“. Das Wort setzt sich aus dem französischen „Marteau“ (Hammer) und dem griechischen „skopein“ (sehen, anschauen) zusammen. Ehedem wurden die Bäume im Forstwesen nämlich per Schlag mit einem beilartigen Hammer ausgezeichnet.
Das Marteloskop bei Anhausen besteht aus einer 0,5 ha großen Übungsfläche im Gemeindewald des Markts Diedorf im Landkreis Augsburg. Der Bestand ist rund 45 Jahre alt, seine 416 Bäume setzen sich zu 85 % aus Fichte und zu 15 % aus Laubbäumen, vor allem Eiche, zusammen. Der Wald befindet sich in einer Pflegephase, die auf den Erhalt und die Verbesserung von Mischung und Stabilität zur Minimierung des waldbaulichen Risikos ausgerichtet ist. Um das virtuelle Auszeichnen der einzelnen Bäume zu ermöglichen, wurde jeder Baum ab einem Durchmesser von 7 cm mit einem Laserscanner vermessen, auf seine spezifischen Eigenschaften untersucht und mit einer eigenen Nummer versehen.
Maßgeblich mitgearbeitet an dem Marteloskop hat Sarah Fraunhoffer-Hartmann, Projektmanagerin der „Initiative Zukunftswald Bayern“ am AELF Augsburg. Sie schilderte, wie die Bäume jeweils auf Brusthöhe aufgenommen, ein Höhenprofil des gesamten Bestands erstellt, die Daten mit einer per GPS ermittelten Stammfußkarte verknüpft, Mikrobiotope festgestellt und die Holzsortierung beurteilt wurden, bevor die Daten verarbeitet wurden.
Abstand der Bäume ist genau erkennbar
Nach der Vermessung und Datenverarbeitung ist auf der Anhausener Übungsfläche genau bekannt, wo und in welchen Abständen zueinander die 416 Bäume stehen. Auf der 0,5 ha großen Fläche bei Anhausen wurde ein Holzvorrat von rund 300 fm ermittelt, ein durchschnittlicher Durchmesser der Bäume auf Brusthöhe von 27,3 cm sowie eine mittlere Baumhöhe von 22,6 m. Geht der Forstmann mit seinem Tablet durch den Bestand, kann er sich die Parameter zu jedem einzelnen Baum anzeigen lassen und auf dieser Grundlage entscheiden, ob er entnommen oder erhalten werden soll. Auf diese Weise wurden für die Übungsfläche 22 Zukunftsbäume, acht Biotopbäume (vor allem Eichen), ein Samenbaum und ein ökonomischer Gesamtwert des Holzes von rund 28 200 € ermittelt.

Nachdem es sich um einen verhältnismäßig jungen Bestand handelt, zeigten sich nur 21 Mikrohabitate wie abgeplatzte Rindentaschen, Totäste, Asthöhlen, raue Rindenstrukturen, Höhlen am Stammfuß oder Efeu am Stamm. Aber auch diese wenigen Mikrohabitate können als Kleinlebensräume von Tieren und Pflanzen ein Anlass für die Überlegung sein, einen Baum als Biotopbaum zu erhalten.
Hat sich der Förster entschieden, welchen Baum er entnehmen und welchen er erhalten will, trägt er es auf dem Tablet in die Software ein. Auf diese Weise kann er unmittelbar feststellen, welche Folgen sein Handeln auf die weitere Entwicklung des Bestands haben würde. So wird beispielsweise das Volumen eines zur Entnahme ausgezeichneten Baums sofort vom Holzvorrat des Gesamtbestands abgezogen. Der Anwender kann das optimale waldbauliche Vorgehen herausfinden und verfolgen, wie es sich auf die Zielvorgabe auswirkt. Diese lautet im Marteloskop-Wald bei Anhausen: die Vitalität der Mischbaumarten und der vorhandenen Fichten fördern, die Biotopbaumanwärter und Samenbäume sichern und den Waldrand vitalisieren.