
Nördlingen/Wertingen Stehen da Weizen oder Mais, Sojabohnen oder Zuckerrüben auf dem Acker? Ob die Angaben, die von den schwäbischen Landwirten alljährlich in ihren Mehrfachanträgen zu den Kulturarten gemacht werden, auch plausibel sind, kontrollierte bislang stichprobenartig vor Ort oder per Luftbild die Abteilung Prüfungen und Kontrollen am AELF Krumbach-Mindelheim, heißt es in einer Mitteilung des AELF Nördlingen-Wertingen.
Mit gutem Grund: Hier geht es um Direktzahlungen und Fördergelder in Millionenhöhe. Wer da versehentlich einen Fehler macht oder gar schummeln will, dem drohen schmerzhafte Sanktionen. Doch jetzt kommt auf die Landwirte eine flächendeckende Beobachtung zu. Satelliten erkennen mit ihren Sensoren, was zu welcher Zeit auf welchem Acker wächst. Kontrolliert wird also nicht mehr mit Stichproben vor Ort, sondern aus dem Weltall.
Siegeszug der Digitalisierung in der Landwirtschaft
Der Siegeszug der Digitalisierung ist in der Landwirtschaft nicht mehr aufzuhalten. Das weiß auch Robert Knittel, Leiter der Abteilung Förderung am AELF Nördlingen-Wertingen. Seine Abteilung wird für die Bearbeitung der Ergebnisse, die sich durch das neue satellitengestützte Flächenmonitoring ergeben, zuständig sein. Stichproben vor Ort werden nur noch in Einzelfällen stattfinden.
Aber ist den Satelliten auch zu trauen, werden sich viele Bauern fragen. Schließlich wäre es ja nicht das erste Mal, dass computergestützte Systeme Unsinn produzieren. Knittel winkt ab. „Zum Flächenmonitoring gehört auch eine mobile App namens FAL-BY, die dem Landwirt anzeigt, ob seine im Mehrfachantrag gemachten Angaben plausibel sind und mit den Satellitendaten übereinstimmen.
Nachbessern der Daten möglich
Auf einem Acker bei Wertingen führt Knittel die App vor. Sie basiert auf einem Ampelsystem: Grün heißt „alles in Ordnung“, Gelb weist auf Unklarheiten hin und Rot bedeutet „nicht plausibel“. Weiß es der Landwirt besser als die Sensoren der Satelliten, kann er mit dem Handy vor Ort ein geo-referenziertes Foto der fraglichen Kultur aufnehmen und es über FAL-BY sofort in das System einspeisen.
Der Vorteil: Wurden bisher bei Kontrollen Fehler festgestellt, drohten dem Landwirt eine Kürzung der Förderung oder gar finanzielle Sanktionen. Mit der Einführung des neuen Flächenmonitoringsystems darf er die Daten in seinem Mehrfachantrag auch noch nach dem 15. Mai – der Stichtag für die Abgabe des Antrags – nachbessern.
Knittel sieht in dem neuen System und in der FAL-BY-App keineswegs ein neues bürokratisches Marterinstrument für die Landwirte. „Das System unterstützt sie bei der Einhaltung der Förderbedingungen. Das Ziel sind zufriedene Landwirte und zufriedene Behörden.“ Auch um noch vorhandene Defizite des satellitengestützten Flächenmonitorings zu beheben, setzt der Abteilungsleiter auf die Mitarbeit der Bauern. In der Probephase hat sich das System bewährt, es konnte 98 % der Hauptkulturen wie Weizen, Mais oder Zuckerrüben sicher identifizieren. Lediglich bei kleineren Flächen oder der Unterscheidung von Dauergrünland und stillgelegten oder nicht förderfähigen Flächen lieferte es zuweilen keine eindeutigen Ergebnisse.
Aufnahmen von ESA-Satelliten „Sentinel 1“ mit Radar und „Sentinel 2“ mit optischen Sensoren
Die von den beiden ESA-Satelliten „Sentinel 1“ mit Radar und „Sentinel 2“ mit optischen Sensoren aufgenommenen Bilddaten werden automatisch ausgewertet. Die Bilder weisen eine Genauigkeit von 10 m auf, was einer Auflösung von einem Pixel pro 100 m² entspricht. Die Sensoren erkennen Wasserflächen, vegetationslose Flächen und die Vegetation mit Hilfe des Reflexionsverhaltens des Lichts. Da die Satelliten ihre Bilder in Zeitserien schießen, lassen sie auch Rückschlüsse auf die Bodenbearbeitung, das Pflanzenwachstum oder die Ernte zu. Unterschiedliche Farben markieren Winterbegrünung, Wachstumsbeginn, Blüte, Reifung, Ernte und die Vorbereitung des Bodens mit dem Pflug. Aus den verschiedenen Aufnahmezeitpunkten lässt sich ersehen, welche Kulturen auf den Äckern wachsen.
Die Daten werden mit dem Mehrfachantrag abgeglichen, erklärt Knittel. Sind die Angaben im Antrag plausibel, leuchtet auf den Monitoren in der Abteilung Förderung eine grüne Ampel auf. Gelb spricht für Unsicherheit und eine Nachkontrolle, Rot bedeutet, dass die Angaben nicht plausibel sind und der Landwirt seine Förderverpflichtungen nicht eingehalten hat. Und dann? Knittel lächelt. „Fehler passieren, genau dafür gibt es ja die FAL-BY-App. Mit ihr ist jeder zeitnah informiert.“