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Milchvieh

Weide für fitte und vitale Rinder

Pfarrkirchen
Gerd Kreibich Portrait
Gerd Kreibich
am Mittwoch, 27.11.2019 - 10:16

Das Rottaler Fachzentrum Rinderhaltung plädiert für die Weidehaltung - wo sie möglich ist.

Kombination –Was passt zur Kuh? - unter diesem Motto veranstaltete das Fachzentrum Rinderhaltung des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Pfarrkirchen eine Fachtagung für Nebenerwerbslandwirte in Tiefenbach im Landkreis Passau. Dabei ging es schwerpunktmäßig um die Gestaltung von Weide und Laufhof zur Weiterentwicklung kleiner Milchviehbetriebe, aber auch um die Geflügelhaltung als mögliches zweites Standbein zur Milchviehhaltung.

Christina Nadler vom Fachzentrum Rinderhaltung berichtete im Rahmen der Tagung über die aktuelle Situation auf dem Milchmarkt und stellte die neuen Förderkonditionen im staatlichen Förderprogramm „Bayerisches Sonderprogramm Landwirtschaft“ vor. „Auch in dieser Förderperiode wird die Umstellung von Anbinde- auf Laufstallhaltung bei Milchvieh gefördert“, hielt die Expertin fest.. Neu sei aber, dass auch die Umstellung der Anbindehaltung auf eine andere Form der Milchviehhaltung, z.B. Rindermast oder Jungviehaufzucht, gefördert werden kann.

Die Größe der Flächen ist immer ausschlaggebend

Florian Scharf, ebenfalls Berater am Fachzentrum für Rinderhaltung sprach in seinem Vortrag über die wesentlichen Aspekte, die bei der Weidehaltung berücksichtigt werden sollten. „Die Weidehaltung als besonders tiergerechte Form der Milchviehhaltung fördert fitte und vitale Kühe und ist beim Verbraucher hoch akzeptiert“, machte er deutlich. Dabei müsse sich aber jeder Betrieb die Frage stellen, welche Form der Weidehaltung er umsetzen möchte oder aufgrund der Flächenausstattung umsetzen kann.

Grundsätzlich werde unterschieden zwischen der Vollweide, bei der die Futteraufnahme vollständig durch Weidefutter gedeckt wird und der Stundenweide, bei der die Weide nur als zusätzlicher Auslauf mit Ergänzungsfütterung genutzt wird. Zwischen beiden Varianten seien aber durchaus verschiedene Zwischenformen denkbar. Eine klare Empfehlung des Experten bezog sich auf den Einstieg:  „Die Weidehaltung sollte bereits mit dem Jungvieh beginnen, denn so lernen die Tiere die Weidehaltung bereits von klein auf und damit muss die Weidefläche dann auch nicht unbedingt in Hofnähe liegen“, erklärte Scharf, der als Weidesystem eine klare Empfehlung für die Kurzrasenweide empfahl. 

Zum Thema „Laufhöfe gestalten – Attraktivität und Bewirtschaftung von Ausläufen“ berichtete der Bauberater Johannes Mautner über seine Praxiserfahrungen. Da die Anforderungen der Verbraucher zum Tierwohl auch bei der Haltung von Kühen steigen, bietet seiner Überzeugung nach der Laufhof die Möglichkeit zu noch mehr Bewegung und Tierwohl. Johannes Mautner stellte verschiedene stallbauliche Möglichkeiten der Laufhofgestaltung vor. Besonders innovative Lösungen nach dem Motte – „die Weide in den Stall holen“ bieten sich insbesondere bei Neubauten an, bei denen Weidehaltung schlecht möglich ist. Diese Stallkonzepte sind als offene, mehrhäusige Milchviehställe mit einem innenliegenden Laufhof konzipiert. 

Entwicklung ist trotz Verunsicherung wichtig

„Die Betriebsentwicklung sollte trotz aller Verunsicherung über die Zukunft der Milch aus Anbindeställen im Milchsektor im Auge behalten werden“, diese Feststellung traf Angela Dunst vom Fachzentrum für Rinderhaltung. Dabei, so die Beraterin, sei eine gewisse Verunsicherung gerade bei kleineren Betrieben angesichts der Diskussionen um die ganzjährige Anbindehaltung durchaus verständlich, denn: „Zwar wurde mit der Definition der Kombinationshaltung ein wichtiger Schritt für Betriebe mit Anbindehaltung geschaffen – aber die Kosten der zusätzlichen Tierwohlmaßnahmen müssen von den Betrieben auch getragen werden können“, betonte Angela Dunst.

Sie kalkulierte die Rentabilität verschiedener Investitionsmaßnahmen wie Weide oder Laufhof für unterschiedlich hohe Preisabschläge und ging der Frage nach, wann es sinnvoll sein kann Abschläge zu akzeptieren oder besser zu investieren. Ihr klares Fazit: „Grundsätzlich gilt: je höher der Preisabschlag bzw. die Preisdifferenz aufgrund der Anbindehaltung, umso rentabler ist eine Investition“.

Ist die Geflügelhaltung die richtige Alternative?

Angesichts der Probleme auf dem Milchmarkt und mit den Auflagen in der Rinderhaltung erscheint derzeit vielen Landwirten der Einstieg in die Geflügelhaltung  attraktiv. „Die Zahl vor allem. der mobilen Hühnerställe nimmt deutich zu“, bestätigte Andreas Anzengruber vom Fachzentrum Kleintierhaltung in Pfaffenhofen. Er  gab einen Überblick über den Markt für Geflügelprodukte und erläuterte, was es beim Einstieg in die verschiedenen Formen der Geflügelhaltung zu beachten gilt. Vor allem aber stellte er klar: „Für die Geflügelhaltung  braucht es ein hohes Maß an Spezialwissen“.

In den letzten Jahren seien auch die Baukosten für Stallneubauten stark gestiegen, was sich belastend auf die Wirtschaftlichkeit auswirkt. Die höchste Arbeitsstundenverwertung könne laut Anzengruber derzeit bei der Hähnchenmast erzielt werden. Der Geflügelexperte erläuterte, dass für die Wirtschaftlichkeit von mobilen Hühnerställen ein hoher Eierpreis von mindestens 30 Cent pro Ei erzielt werden sollte. Wichtige Entscheidungshilfen dafür sind v.a. die Lage und die Zahl der bereits vorhandenen „Konkurrenten“. Dennoch bleibt ein ein gewisses Maß an Unsicherheit: „Der Absatz über die Direktvermarktung ist schwer abschätzbar“. Ebenfalls nicht zu unterschätzt werden dürften der Arbeitsaufwand von etwa 550 Stunden pro Jahr und die Investitionskosten von immerhin ca. 50.000 Euro für Mobilstall für 300 Hennen.