Das ist ein Artikel vom Top-Thema:

Wald und Wild

Waldverjüngung: Mit Wild, aber ohne Zaun

Antonia Reindl
am Freitag, 11.11.2022 - 09:21

Waldbaulich aufgeschlossene Jäger sind die Voraussetzung für eine naturnahe Verjüngung ohne Zaun: das erklärte Stefan Kerscher von der Arge Wald-Wild im Kreis Dingolfig-Landau bei der Übergabe des diesjährigen Wald-Wild-Preises. Die Auszeichnung wurde dieses Jahr bereits zum 25sten Mal vergeben.

Bevor die Urkunden überreicht wurden, besichtigten Waldbesitzer und Jury im Beisein der Presse die diesjährige Siegerfläche. Die Entscheidung dazu sei noch nie so schwer gewesen, „wir hatten neun Bewerbungen und noch nie lagen die erreichten Punkte so nah beisammen“ verriet Peter Stieglmeier vom AELF Landau im Namen der Arge.

Beispielgebend für den ganzen Freistaat

So kann Waldverjüngung ohne Zaun aussehen: Jagdvorsteher Karl Vilsmeier neben einer jungen, selbst aufgegangenen Eiche, auf seiner Siegerfläche in Rampoldsstetten.

Das wurde besonders bei der anschließenden Auszeichnung im Gasthaus Baumgartner in Warth deutlich. Platz 1, das Jagdrevier Rampoldstetten 1 Nord und Süd, lag mit 43,4 Punkten nur knapp vor dem Jagdrevier Nattersdorf-Kugl mit 42,86 Punkten und dem Drittplatzierten Jagdrevier Frauenbiburg-Holzland mit 42,83 Punkten. Ähnlich knapp fielen auch die Ergebnisse für die Plätze vier bis neun aus.

Die Idee für den Wald-Wildpreis geht bis ins Jahr 1986 zurück und gilt auch heute noch als beispielgebend. Initiatoren waren der damalige Sprecher der BBV-Arge Jagd, Albert Menacher, der spätere BBV-Präsident Walter Heidl als damaliger BBV-Kreisobmann von Dingolfing-Landau und der damalige Leiter des Forstamtes, Reinhard Strobel. Sie suchten die verstärkte Zusammenarbeit zwischen Jägern und Waldbesitzern mit dem Ziel eine naturnahe Verjüngung der Wälder ohne Zaun zu ermöglichen. Dass es dabei weniger um die reine Erhöhung von Abschusszahlen, sondern vielmehr um eine angepasste Jagd geht, betonte der heutige Forstleiter Peter Stieglmeier.

Wie das funktionieren kann, erläuterte der Jagdpächter der Siegerfläche Thomas Schwaiger, auch im Namen seiner Kollegen Christian Kelnberger, Holger und Jan Riedel: „Eigentlich ist es ganz einfach: Man muss nur zum richtigen Zeitpunkt das Richtige tun“. Dazu bevorzuge man bei der Jagdgenossenschaft die Intervalljagd, setze Wildkameras mit Funk ein und koordiniere die Ansitze der Jägerschaft mittels einer entsprechenden App. „Das alles erhöht die Effizienz und trägt dazu bei, die Abschusszahlen so gering wie nötig zu halten“, ist Thomas Schwaiger überzeugt.

Wald im Fokus der Öffentlichkeit

Der Wald stünde längst in der Mitte der Gesellschaft, meinte Dr. Petra Loibl, die bei der Wald-Wild-Jubiläumsveranstaltung die Nachfolge von Staatsminister a. D. Erwin Huber antrat. Er war bislang Schirmherr der Aktion. Besitzer, Bewirtschafter und Jäger arbeiteten täglich „in der öffentlichen Werkstatt Wald“. Und immer mehr würden mitreden ohne die Zusammenhänge wirklich zu kennen. Das Ökosystem Wald bilde die Lebensgrundlage der Menschheit und erbringe viele Schutzfunktionen: für die Natur, für den Boden, das Klima, als Hochwasserschutz, für die Trinkwasserqualität, den Sauerstoff, die Speicherung von CO2 und nicht zuletzt sei er ein wichtiger Lieferant für den nachwachsenden Rohstoff und wertvoller Lebensraum für viele Tierarten. „Sie sind diejenigen, die die Pflege dafür vornehmen“ würdigte sie gleichermaßen Waldbesitzer und Jägerschaft.

Eine Lanze für das „Kulturgut Jagd“ brach auch die stellvertretende Landrätin Manuela Wälischmiller. Erst die Jagd ermögliche die Naturverjüngung ohne Zaun. Hans Einhellig als Vertreter der niederbayerischen Jäger und sieht in der Wald-Wild-Aktion einen Ansporn für alle Beteiligten, den naturnahen Waldumbau zu ermöglichen. Statt „Wald vor Wild“ solle es künftig „Wald mit Wild in erträglichem Maße“ heißen, denn: „Es gibt genügend Jäger, die auch Waldbesitzer sind, die Interessen liegen nicht so weit auseinander“, machte er deutlich.

Forstamtsleiter Peter Stieglbauer sieht in der Vergabe des Wald -Wild-Preises eine Aktion die weiter fortgeführt werden sollte. Man überdenke aber derzeit die Modalitäten. So stelle sich die Frage ob man künftig auf die Auslobung von Flächen ausserhalb des Waldes verzichtet. Für diese Maßnahme gäbe es ja zahlreiche Förderprogramme. Michael Sterr