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Schäden durch Wildtiere

Wie viele Biber braucht das Land?

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Gerd Kreibich Portrait
Gerd Kreibich
am Mittwoch, 30.12.2020 - 09:11

Ein Beispiel aus dem Ort Egglham: Hier fordert Bürgermeister Hermann Etzel mehr Entnahmen.

Wie viele Biber braucht es, um eine Tierart zu erhalten, aber auch gleichzeitig die von diesem Tier verursachten Schäden wenigstens einzugrenzen? Geht es nach dem Bürgermeister von Egglham im Kreis Rottal-Inn, Hermann Etzel, dann ist es an der Zeit, sich zumindest intensiv Gedanken darüber zu machen, ob Biber noch immer den Schutz brauchen, den ihnen europäische Richtlinien aktuell bieten. „Wir haben in Bayern mittlerweile Bestandszahlen erreicht, die wirklich ausreichend sind – jetzt wird es auch einmal Zeit, sich über die verursachten Schäden zu unterhalten“, so Etzel.

Der Bürgermeister und Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbandes hatte deshalb zu einem „Tatort-Gespräch“ geladen in die Nähe von Egglham, wo der Biber auf und in einer landwirtschaftlichen Fläche tiefe Spuren hinterlassen hat. Neben Vertretern unterschiedlicher Behörden und Grundstücksbesitzern waren auch Landrat Michael Fahmüller und MdL Martin Wagle gekommen, dies nicht ohne Grund: Über den Tisch des Landrates gehen nach seiner eigenen Auskunft alle Anträge auf Entnahme der Tiere aus ihrem Lebensumfeld und der Landtagsabgeordnete hatte erst vor wenigen Tagen in der Heimatzeitung bekanntgegeben, dass der Freistaat auch auf seine Bemühungen hin die finanziellen Mittel für Schadenersatzzahlungen bei Biberschäden deutlich aufgestockt habe.

Wenn Grünland zum Brachland wird

Tatsache ist: Der Biber verursacht auch im Landkreis Rottal-Inn heftige Schäden – und dies nicht nur direkt an den Ufern von Bächen und anderen Gewässern, sondern auch in einem respektablen Umkreis rund um das Wasser. Die Fläche, auf der das Treffen stattfand, war einmal ein schönes Stück Grünland, jetzt ist sie ein Sumpfgebiet, das, wenn es nicht gerade gefroren ist, nur noch mit hohen Gummistiefeln betreten werden sollte. „Die Landwirte kommen dann natürlich ins Rathaus und sind sauer, dass sie mit diesen Schäden leben müssen, die dann eben nicht einmal ersetzt werden“, erzählt Etzel, der allerdings auch klarstellt: „Es ist nicht so, dass alle Landwirte Biberhasser sind. Nein, wir fördern und unterstützen die Biodiversität. Aber wenn die Gesellschaft diese Form des Naturschutzes will, dann müssen wenigstens entstandene Schäden ausgeglichen werden.“

Biberproblematik verlangt mehr Realismus

Dass sich Wagle stark eingesetzt hatte für eine Aufstockung der Gelder für den Schadensausgleich, dürfte wohl auch daran liegen, dass Rottal-Inn mit einer anerkannten Schadenssumme von 38 380 € im Jahr 2019 an einsamer Spitze liegt in Niederbayern – auf dem 2. Platz folgt mit 19 000 € und damit 50 % weniger der Landkreis Regen. Bislang lag die Schadensausgleichsquote bei rund 67,5 %, in den Landkreis flossen also rund 26 000 €, auf dem Rest der Kosten blieben die Grundeigentümer sitzen. „Und dabei sind die Kosten für Ausbesserungen und Reparaturen oder Dammbeseitigungen, die ein Landwirt oder eine Kommune akut vornehmen müssen, oft gar nicht eingerechnet, weil man das eben macht, ohne den ganzen Papierkram auch noch auf sich zu nehmen“, sagt Etzel.
Der Bürgermeister appellierte an die Politik, sich auf allen Ebenen dafür einzusetzen, die Biber-Frage realistisch zu beantworten: „Es muss deutlich schneller möglich sein, ein Tier oder mehrere Tiere zu entnehmen, wenn dies die einzige Möglichkeit ist, große und teure Schäden zu verhindern.

Wo bleiben die Anträge zur Entnahme?

Landrat Fahmüller verwies auf die aktuell gültigen gesetzlichen Bestimmungen, stellte aber auch fest: „Wenn es zu Entnahmen kommen soll, dann müssen eben auch die entsprechenden Anträge gestellt werden.“ Er betonte: „Über Jahre hinweg hatte ich keinen einzigen Antrag auf dem Tisch, da kann dann auch nichts genehmigt werden.“ Natürlich müsse jeder Fall geprüft werden, dies sehen die entsprechenden Gesetze vor, aber: „Wo die Schäden nachweisbar sind, wo sich Gefahren ergeben, da wird das Landratsamt als zuständige Behörde natürlich handeln.“
Etzel merkte an, dass er die Bemühungen der zuständigen Stellen am Landratsamt durchaus anerkenne, aber: „Das Problem liegt ja nicht im Amt, sondern bei der großen Politik, da muss sich jetzt etwas bewegen.“ Es dürfe nicht sein, dass man sich auf Landes-, Bundes- oder Europa-Ebene bei Naturschützern um jeden Preis beliebt machen wolle, dann aber die Grundstückseigentümer oder die Kommunen alleine gelassen werden.
Wagle führte an, dass mit der Aufstockung der Mittel zumindest ein deutlicher Schritt in die richtige Richtung getan wird, denn jetzt seien deutlich höhere Entschädigungen für die vom Biber verursachten Schäden möglich. Dennoch werde er die Brisanz der Situation in den entsprechenden Gremien noch einmal zum Thema machen.
Für die vom Biber ruinierte Wiese, auf der das Treffen stattgefunden hatte, ist zumindest Besserung in Sicht: der Grundbesitzer kann sofort einen Antrag auf Entnahme stellen, einer entsprechenden Genehmigung, dies stellte Landrat Fahmüller fest, dürfte nichts im Wege stehen.