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Vermarktung

Mutterkuhhaltung sichert Erlöse

Mutterkuhbetrieb-Sauer
Lorenz Märtl
am Dienstag, 23.05.2023 - 12:12

Oberpfälzer Projekt soll die regionale Wertschöpfungskette stärken.

Die Oberpfalz ist ab sofort Pilotregion für die regionale Wertschöpfungskette in der Mutterkuhhaltung. Ziel ist es die Mutterkuhhaltung zu stärken, damit dieses hervorragende Rindfleisch möglichst frisch und auf kurzen Wegen beim Verbraucher ankommt. Die Betriebe sollen dahingehend unterstützt werden, dass vorhandene Netzwerke und Strukturen zur Vermarktung weiter ausgebaut werden, da die Rindfleischvermarktung besonders kleine Betriebe vor große Herausforderungen stellt.

Kreativer Kopf hinter dem Projekt ist Erika Sauer, Vorsitzende des Fleischrinderverbandes Bayern e.V. Alleine in der Oberpfalz gibt es etwa 900 Betriebe mit ca. 9000 Mutterkühen. Einer davon mit derzeit 28 Mutterkühen mit Kälbern, Färsen Jungrindern, gekörten Bullen und Jungbullen ist der Rotviehhof Sauer in Moosbach im Landkreis Neustadt a.d. Waldnaab, auf dem auch die Auftaktveranstaltung stattfand.

Große Bedeutung für Nebenerwerbsbetriebe

Immer mehr würde der Verbraucher Wert auf Rindfleisch aus naturnahen Haltungsformen legen und dies können die Mutterkuhhalter aus der Oberpfalz bieten, meinte Georg Mayer, Leiter des AELF Regensburg-Schwandorf, das für das Projekt zuständig ist. Er machte deutlich, dass die Mutterkuhhaltung in Bayern und speziell der Oberpfalz angesichts der vielen Nebenerwerbsbetriebe eine relativ große Bedeutung hat. Sie sei oft die einzige Möglichkeit, um das meist extensiv bewirtschaftete Grünland verwerten zu können und arbeitswirtschaftlich zurecht zu kommen. Besonders schwierig aber sei die Vermarktung, weil man für die erzeugte Qualität auch einen angemessenen Preis erzielen möchte. Deswegen erhoffe man sich aus dem Projekt Erkenntnisse, wie die Vermarktung optimiert werden kann.

Vermarktung ist so wichtig wie die Zucht

Erika Sauer machte deutlich, dass nicht nur die Zucht, sondern auch die Vermarktung wichtig sei. „Denn unser Erzeugnis ist kein marktfähiges Produkt, wir haben das lebende Vieh auf der Weide.“ Deswegen habe sie nach Verbündeten gesucht, den Hotel- und Gaststättenverband und die Metzgerinnung, die relativ schnell erkannten, dass man ein ähnliches Ziel habe: regionale Erzeugnisse mit Gesicht und Geschichte.

Kaniber steht hinter diesem Projekt

Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber zeigte sich überzeugt, dass dieses Projekt „nur gelingen kann“. Diese kleinen Strukturen und die extensive Bewirtschaftung wären genau der Herzenswunsch vieler Verbraucherinnen und Verbraucher. „Es ist Aufgabe der Politik, durch Förderungen, Standards und Infrastruktur dafür zu sorgen, dass unsere heimischen Mutterkuhhalter und Metzger eine Chance auf dem hart umkämpften Lebensmittelmarkt haben“, sagte Kaniber und fügte hinzu: „Mit dem Pilotprojekt Oberpfalz unterstützen wir alle, die die Vermarktung von heimischem Rindfleisch voranbringen, unseren Betrieben Chancen aufzeigen und die Konsumenten von unseren besonderen Qualitäten überzeugen wollen.“ Regionalität sei dabei ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal.

Anschubfinanzierung für die Regional-Coaches

Jetzt gehe es darum, die Wertschöpfungsketten noch besser miteinander zu vernetzen. In solchen Partnerschaften sieht sie für die bäuerlichen Familienbetriebe gute Chancen, sich durch differenzierte Angebote am Markt zu behaupten. „Wenn die Tiere bei uns in Bayern auf der grünen Weide stehen, ist das gut für die Tiere und die Umwelt“, betonte Kaniber. Tierhaltung schließe Kreisläufe, „denn auch der beste Vegetarier kann das Gras auf unseren Wiesen und Weiden nicht verwerten“. Mutterkuhhaltung sei dabei das extensivste Produktionsverfahren, das in ganz besonderer Weise für Biodiversität, Tierwohl und Spitzenqualität stehe.

Das Bayerische Landwirtschaftsministerium werde, so die Ministerin, die Mutterkuhhaltung bestmöglich unterstützen. Mit der Anschubfinanzierung von 290 000 € für die Regional-Coaches in der Pilotregion Oberpfalz gehe man nun den nächsten Schritt, um bayerisches Rindfleisch noch besser in Wert und Szene zu setzen

Die Oberpfalz als Blaupause für Bayern?

Kaniber zeigte sich fest davon überzeugt, dass man mit dem Projektteam genau die richtigen Personen zusammengespannt habe: den Fleischrinderverband Bayern mit seiner Vorsitzenden Erika Sauer und das AELF Regensburg-Schwandorf als Heimat der Regional-Coaches Matthias Schneider und Markus Dirscherl sowie Zuchtleiter Konrad Wagner. Gemeinsam gelte es nun, in der Oberpfalz eine Blaupause für ganz Bayern zu entwerfen. „Viel Erfolg bei den gemeinsamen Anstrengungen und gehen wir mit Überzeugung an den Start, dass Fleischkultur aus Bayern Zukunft hat“, schloss die Ministerin.

Vorteile für Landwirte, Metzger und Gastronomie

Zuchtleiter Wagner und die Coaches Matthias Schneider und Markus Dirscherl gingen dann näher auf das Projekt ein und verdeutlichten, dass in der Rassenvielfalt die Stärke liegt. Sie zeigten die Ziele der Zusammenarbeit zwischen Landwirten, Metzgern und Gastronomie auf. Schlachtung, professionelle Zerlegung und Verarbeitung diene dem Landwirt. Metzgereien würden sich ein Alleinstellungsmerkmal durch die Angebotserweiterung schaffen und die Gastronomie könne Verbraucher erreichen, die Rindfleisch aus regionaler Mutterkuhhaltung wertschätzen.

Bei den insgesamt 900 Mutterkuhbetrieben in der Oberpfalz kalkuliere man mit rund 1000 potenziellen Schlachtrindern jährlich. Den Betrieben, die sich beteiligen wollen, legte man ans Herz, ihre Stall- und Weidetore für Kunden zu öffnen.