
Für die Bäuerinnen und Bauern ist es eine harte Zeit: Der Krieg in der Ukraine und die damit steigenden Preise verunsichern die Verbraucher. Doch hochwertig erzeugte Lebensmittel haben ihren Preis. Gerade dieses Thema stand bei einer Diskussion des Wochenblatts im Ostentor-Kino in Regensburg im Fokus. In der Domstadt fand eine exklusive Kino-Preview des Dokumentarfilms „Der Bauer und der Bobo“ statt.
Landwirtin Angelika Wimmer spürt täglich, dass Preissteigerungen und Inflation die Verbraucher umtreiben. Die niederbayerische Direktvermarkterin aus dem Rottenburger Ortsteil Steinbach engagiert sich als Vorsitzende und Sprecherin der Bayerischen Bauernmärkte. Auf vielen Märkten bietet sie ihre Lebensmittel an und sucht das Gespräch. Sie kenne das nicht anders, sagt Wimmer. Auch ihre Mutter sei immer mit dem Geflügel auf den Markt gefahren. „Momentan merke ich, dass die Verbraucher verunsichert sind.“ Umso wichtiger sei es, für regionale Erzeugnisse zu werben.
Die Landwirte für ihre Arbeit fair entlohnen
„Mein Appell ist: Kauft regional. Das ist klimafreundlich, nachhaltig und kostet auch nicht viel mehr.“ Klar müsse sein, dass die Landwirte nicht Dumping-Preise anbieten können.
Dieser Aspekt ist dem Präsidenten von Naturland und LVÖ-Vorsitzenden Hubert Heigl ein besonderes Anliegen. Es brauche neben der Direktvermarktung die Distribution über den Lebensmitteleinzelhandel oder die Discounter, sagt der 58-jährige Biolandwirt, der in Kallmünz (Lks. Regensburg) einen Betrieb mit Ackerbau und Ferkelaufzucht führt. Doch die Lieferkette müsse fair gestaltet sein, so dass auch dem Bauern am Ende ausreichend Geld übrig bleibe. Das gehöre zur Wertschätzung. „Die Bauern brauchen eine faire Entlohnung. Doch bei vielen Landwirten liegt die Entlohnung momentan unter dem Mindestlohn.“
Doch wie lässt sich das ändern? Die Verbraucher sollen lernen, woher die Lebensmittel kommen und mit welchem Aufwand sie produziert werden. Das ist der gelernten Landwirtin Julia Giehrl wichtig. Die 24-jährige Betriebsleiterin aus Steiningloh bei Hirschau (Lks. Amberg-Sulzbach) betreibt einen Betrieb mit Rindermast, Ackerbau, Legehennenhaltung und Direktvermarktung. „Auch die Kinder benötigen mehr Bezug zur Landwirtschaft“, betont Giehrl, die sich als Sprecherin des Arbeitskreises Agrarpolitik Oberpfalz und Bayern bei der Bayerischen Jungbauernschaft engagiert. Im Saal gibt es dafür Beifall. „Es gibt Leute, die noch nie eine Sau gesehen haben“, ergänzt Hubert Heigl.
Eine Beziehung zur Landwirtschaft schaffen
Gerade ein Kinofilm wie „Der Bauer und der Bobo“ könnte einen Bezug zur Landwirtschaft herstellen, hofft Heigl. Und auch die Direktvermarkter, die mit ihren Kunden ins Gespräch kommen, seien wichtige Botschafter für die Landwirtschaft. „Es wird eine Aufgabe sein, die Beziehung zwischen Landwirtschaft und Bevölkerung wiederherzustellen“, ist Heigl überzeugt. „Diese Verbindung haben wir verloren. Innerhalb von einer Generation ist das Wissen weg.“
Ganz generell geht es den Landwirten im Kinosaal um Wertschätzung und um Verständnis. Immer wieder kommen diese Anliegen bei der Diskussion zur Sprache. „Ich möchte meinen Betrieb führen, ohne auf Unterstützung vom Staat angewiesen zu sein“, sagt Julia Giehrl. „Was ich möchte, ist Wertschätzung vom Verbraucher.“ Überhaupt habe sich der Berufsalltag eines Landwirts geändert. Sie sitze mittlerweile knapp 40 Prozent ihrer Zeit hinter dem Computer, um Förderungen zu beantragen oder Formalitäten zu erledigen. „Und die Förderungen vom Staat brauchen viele, weil es ansonsten vorne und hinten nicht ausreicht.“ Es könne nicht zu Supermarkt-Preisen produziert werden, ergänzt Angelika Wimmer. Die Direktvermarkter bürgen für ihre Qualität. „Unsere Produkte sind frisch und erreichen den Verbraucher auf dem kürzesten Weg. Und so bleibt auch Geld beim Landwirt.“
Viele Landwirte kennen das, wenn es eng wird
Der Film „Der Bauer und der Bobo“ erzählt die Geschichte von Bergbauer Christian Bachler, der auf 1450 Meter Höhe den höchstgelegenen Bergbauernhof der Steiermark betreibt. Zwischenzeitlich stand der Landwirt kurz vor dem finanziellen Ruin: Er hatte 400 000 Euro Schulden angehäuft. Am Ende gibt es aber eine glückliche Wendung: Der Falter-Chefredakteur Florian Klenk unterstützte den Bergbauern mit einer Spendenaktion. Innerhalb von nur 48 Stunden kamen schließlich 420 000 Euro zusammen. Mit seinem damaligen Schuldenberg ist Bergbauer Bachler sicherlich kein Einzelfall: „Viele Landwirte kennen die Situation, dass es eng wird“, sagt Heigl. „Jeder muss seinen Weg finden – und wir wissen alle, wie viele Bauern schon aufgehört haben oder noch aufhören werden.“
In der Verantwortung stehe dabei die Politik. Angelika Wimmer pocht auf verlässliche Rahmenbedingungen: „Die Landwirte haben nicht so viel Geld, dass sie alle vier Jahre, wenn eine neue Regierung kommt, alles umschmeißen können.“
Heigl kritisiert die Detailtiefe der gesetzlichen Anforderungen. Es dürfe nicht von Malta bis Helsinki alles gleich reguliert werden, sondern brauche eine gewisse Bewegungsfreiheit innerhalb eines Rahmens. Positiv sei, dass nun langsam eine gesellschaftliche Diskussion über faire Preise in Gang kommt, findet Heigl. „Man merkt jetzt auf einmal, dass wir von Wertschöpfungsketten abhängig sind.“
Überhaupt kommt es in der aktuellen Krisenzeit auf einen starken Zusammenhalt unter den Bauern an, sagt Julia Giehrl, als im Saal kurz über die verschiedenen Bewirtschaftungsformen diskutiert wird. Da dürfe es keine Rolle spielen, ob konventionell oder biologisch gewirtschaftet werde. Die Zukunft sei ein Mittelweg, glaubt die Junglandwirtin.
In Zukunft gemeinsam positiv nach außen gehen
Die Direktvermarkterin Angelika Wimmer unterstreicht das. Sie setzt auf Bio-Erdbeeren, bietet aber auch konventionell erzeugte Produkte an. „Bio und konventionell liegen nicht mehr so weit auseinander. Auch für die konventionelle Landwirtschaft gelten zahlreiche Auflagen.“ Ihr Fazit: „Positiv in die Zukunft schauen. Wenn wir gemeinsam positiv nach außen gehen, dann können wir mehr Ansehen erhalten.“ Philipp Seitz