Das ist ein Artikel vom Top-Thema:

Landwirt mit besonderem Hobby

Letzte Ruhe im regionalen Holz: Landwirt Ludwig Pöltl schreinert Urnen

Drechseln einer Urne: Ein Mann steht an einer Drehbank und bearbeitet ein Holzgefäß. Rechts im Bild eine fertige Urne aus Holz.
Gerd Kreibich Portrait
Gerd Kreibich
am Dienstag, 25.04.2023 - 17:00

Landwirt Ludwig Pöltl baut Urnen aus Holz ganz nach Wunsch der Kunden. Er zeigt uns seine Werkstatt.

Wer in die Schreinerwerkstatt von Ludwig Pöltl auf dem Hof im beschaulichen Weiler Oberthal an der Bundesstraße 20 in der Nähe von Falkenberg einen Blick wirft, der ist erst einmal überrascht: Urnen stehen hier in den Regalen, allerdings nicht die steinerne oder stählerne Auswahl, wie sie bei vielen Bestattungsunternehmen im Angebot ist - bei Ludwig Pöltl, sind die Urnen aus Holz gebaut. Jede sieht anders aus, sie unterscheiden sich in der Farbe der Holztöne, auch in der Maserung und in der Form des Gefäßes, in das die Asche von Verstorbenen gefüllt wird, um dann im Grab oder in einer Urnenwand den letzten Standort zu finden.

Obstbauer und Schreiner zugleich

Ein Mann in der Werkstatt mit einer hölzernen Urne in der Hand.

Eigentlich ist Ludwig Pöltl, den die meisten einfach nur „Lugge“ nennen, ein Obstbauer mit ganzem Herzen: über 1000 Obstbäume stehen auf seinen Wiesen, eine bekannter Hersteller von Bio-Säften gehört zu den Hauptabnehmern der Früchte nach der Ernte. Neben der Landwirtschaft hat der 55-jährige aber auch die Schreinerei gelernt, „Holz hat mich immer schon fasziniert“, erklärt er beim Besuch des Landwirtschaftlichen Wochenblattes in seiner Hofschreinerei. Vor dem Eingang stapeln sich Holzstämme, bei Wind und Wetter liegen sie hier, sie sollen ganz natürlich altern, und das aus gutem Grund: Ludwig Pöltl fertigt aus ihnen die Urnen.

Die Urnen bestehen aus regionalem Holz - meist mit Bedeutung

Dabei setzt er fast immer aus Holz aus seinem eigenen Bestand, es muss schon Qualität sein, was er mit seinen Maschinen bearbeitet. Doch es gibt auch eine andere Möglichkeit: „Erst vor kurzem war wieder eine Familie bei mir, die eine Urne bestellt im Auftrag des Großvaters, der schon sehr betagt und leider auch schwer krank ist. Er hat sich eine Urne gewünscht aus dem Holz eines Baumes, der erst kürzlich auf der Wiese vor dem Haus gefällt werden musste, weil er krank und gebrechlich war - jetzt möchte der Altbauer, dass er, wenn er stirbt, in einer Urne aus diesem Holz bestattet wird, also haben mir seine Kinder diesen Baumstamm vorbeigebracht“, erklärt Pöltl und verweist auf das rund 1,50 Meter lange Teil eines Kirdchbaumes.

Neben Urnen schreinert der Landwirt auch Pfeiffen

Pfeifenköpfe aus Holz liegen auf einer Holzscheibe.

Dass er einmal Urnen herstellt, das hätte sich Ludwig Pöltl noch vor drei Jahren nicht gedacht. Einen Namen gemacht hatte er sich, neben der Qualität seines Obstes, auch als Schreiner, allerdings in einem anderen Metier: Pöltl, selbst leidenschaftlicher Pfeifenraucher, hatte damit begonnen, aus heimischen Hölzern Pfeifen herzustellen, jedes Stück ist ein Unikat, manche werden von einer österreichischen Künstlerin auch mit eingebrannten Mustern und Bildern verziert. „Da gibt es Jäger, die wünschen sich einen Fuchs oder ein Reh auf dem Pfeifenkopf“, nennt Pöltl ein Beispiel.

Immer sehr gefragt sind Pfeifen mit Motiven aus dem bekannten Fantasy-Film „Der Herr der Ringe“, in dem die Bewohner eines Phantasiedorfes abends gerne lange Pfeifen rauchen. Er habe selbst gerade eine Pfeife geraucht, als ihm die Idee mit den Urnen gekommen ist, erklärt Ludwig Pöltl. „Eine Pfeife rauchen, das ist wie ein Ritual, man zieht nicht einfach nur eine Zigarette aus der Schachtel und raucht so nebenbei oder sogar in aller Hektik, sondern man setzt sich hin, ganz gemütlich und gönnt sich eine kleine Auszeit“, sagt er schmunzelnd und fügt hinzu: „Vielleicht bin ich da von der Ruhe zur ewigen Ruhe gekommen, auf jeden Fall habe ich im Pfeifenrauch die Idee gehabt für die Urnen aus heimischem Holz“.

Berührende Arbeit beim Schreinern der Urnen

Jede Urne ist für den Obstbauern und Schreiner ein Einzelstück, nicht nur, wenn es um Maserung und Form geht: „Ich arbeite gerade bei den Urnen mit allergrößter Sorgfalt, ganz einfach auch aus dem Respekt vor dem Toten, der hier seine letzte Ruhestätte findet. Wenn er Holz verarbeitet, dass sich der Verstorbene noch selbst ausgesucht hat, dann berühre ihn das schon, „ich will dann ihn und die Angehörigen nicht enttäuschen“, meint er.

Manchmal hätte er gerne etwas mehr Freiraum beim Gestalten der Aschegefäße, aber das ist nicht so leicht: „Es gibt hier ganz klare Vorschriften, was die Größe anbelangt, denn der Behälter, in dem die Asche nach der Kremierung kommt, hat eine genormte Größe, der muss auf jeden Fall in die Urne passen“, erklärt Pöltl, bevor er sich wieder eine Pfeife ansteckt, aus eigener Produktion natürlich und aus bestem, makellosen Holz gedrechselt.

Urnen liegen bei Beerdigungen im Trend

Das Urnen im Trend liegen, das hat der Schreiner und Landwirt während der Corona-Pandemie bemerkt, als die Kundenzahlen anstiegen. „Gefreut hat es mich nicht, dass ich von seiner Pandemie profitiert habe, aber ich habe auch Kunden erlebt, die mir gesagt haben, dass so eine Holzurne einer der letzten Wünsche eines verstorbenen Angehörigen war - und dann war es mir auch eine Ehrensache, mein ganzes Können einzuarbeiten“.

Jetzt die digitale Wochenblatt-Ausgabe für nur 1€ testen!
Digitale Ausgabe!
agrarheute_magazin_composing