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Grünland

Wohin mit der Graugans?

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Florian Zach
am Montag, 19.10.2020 - 08:15

Die Graugans wird in Ostbayern zum „Problemtier“ für die Landwirtschaft. Landwirte fordern eine schnelle Lösung.

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Die übergroße Vermehrung das Graugans sorgt dafür, dass auch die Mengen an Kot in den Grünflächen zunehmen, das Futter ist dann, wie die Bauern beklagen, nicht mehr verwertbar.

Der Amtschef des Bayerischen Landwirtschaftsministeriums, Hubert Bittlmayer, besuchte auf Einladung von Landrat Franz Löffler die Regentalaue. Dort verursachen Graugänse auf Wiesen und Grünflächen große Schäden, von deren Ausmaß sich der Amtschef selbst ein Bild machen wollte. Allerdings: Eine kurzfristige Lösung hatte auch der Spitzenbeamte nicht parat. Vertreter des Naturschutzes, der Jägerschaft und der Landwirte nutzen die Möglichkeit, das Problem der Schäden durch die Graugänse an den Besuch aus München heranzutragen.

Entschädigung wird nicht mehr verlängert

In den Regentalauen nimmt die Population an Graugänsen stark zu. Während der Wintermonate lassen sich dort oft bis zu 600 Graugänse zählen. Durch ihre Ausscheidungen verunreinigen sie dabei die Wiesen so sehr, dass das erzeugte Futter nicht mehr an die Nutztiere verfüttert werden kann. Der Chamer Landrat bezifferte den so entstandenen Schaden auf etwa 100.000 Euro.

In einem Pilotprojekt konnten Landwirte bei Schäden in einer bestimmten Höhe bisher Entschädigungen beim Freistaat beantragen. „Der Rechnungshof monierte dieses Vorhaben aber. Da das Programm auf Freiwilligkeit vom Ministerium aufgelegt wird, wird es erst mal nicht verlängert“, erklärte Bittlmayer.

Er verstehe das Problem, könne aber keine sofortige Hilfe anbieten. „Im München wird darüber beraten, ob die Schäden nicht etwa durch eine Versicherung reguliert werden können“, so der Amtschef weiter, gestand aber auch ein: „Aktuell ist keine Versicherungsgesellschaft bereit, allein für die Schäden, welche durch die Graugänse verursacht werden, eine Versicherung auszurufen. Deshalb laufen Verhandlungen, dass etwa in einer Mehrgefahrenversicherung, in der auch Schäden gegen Dürre, Hochwasser oder andere Wetterextreme abgedeckt sind, die Gänseschäden mit aufgenommen werden könnten“, informiert Bittlymayer über Alternativen.

Der Vorteil an einer solchen Versicherung wäre, dass die Landwirte für jenen Anteil, welcher die Gänseschäden abdecken soll, nur einen geringen Beitrag leisten müssten. „Außerdem würde der Freistaat Bayern die Hälfte dieses Beitrages übernehmen“, heißt es aus München. Ein solches Vorhaben hat der Bund abzusegnen.

Die Problematik wird immer dringlicher

„Alle Bundesländer sprechen sich dabei für eine solche Versicherung aus, nur der Bund an sich lehnt sie aktuell noch ab, aber wir bleiben dran“, versprach Bittlmayer. Mit einer Einführung der Versicherung ist nicht vor 2022 zu rechnen.

Für Franz Kerscher, Geschäftsführer des Bayerischen Bauernverbandes Cham, blieb trotz des Alternativangebotes unklar, wie die Landwirte, deren Wiesen betroffen sind, bis dahin ihre Tiere versorgen sollen. „Wir haben mit dem gleichen Problem auch im Chambtal und am Drachensee zu tun. Der Drachensee wurde zum Schutz gegen Hochwasser angelegt und jetzt siedeln sich dort Graugänse in großen Populationen auf den umliegenden Wiesen an und sorgen durch ihre Ausscheidungen auch dort für Schäden“, fügte Kerscher an. Kerscher wünscht sich von der Politik, dass auch in diesen Regionen geholfen wird.

Bejagungsversuche sind bisher gescheitert

Ein Jäger, der sich an der Bejagung der Graugänse versuchte, berichtete, dass die Tiere sehr schlau seien. „Ich habe die Graugänse über einen langen Zeitraum beobachtet und ihr Verhalten studiert und mir dann 80 Jäger zu einer Jagd auf Graugänse eingeladen. Wir haben gerade einmal sechs Gänse schießen können. Sie sind sehr klug und flüchten vor der Gefahr, auf oft zum Teil mehrere Kilometer entfernt liegende Wiesengründe“, so der anwesende Jäger.

Peter Zach, als Vertreter der Naturschützer, erkennt das Problem der Graugänse für die Wiesen als Futtermaterial an. Ihm sind vergleichbare Beispiele aus anderen Bundesländern, in denen die Aufwendungen für die Schäden von den entsprechenden Ländern übernommen werden, bekannt.

Am Ende des Termins bedankte sich der Chamer Landrat bei Bittlmayer und regte an, dieses Problem beim nächsten runden Tisch zum Thema zu machen. „Die Mehrgefahrenversicherung kann nur ein Teil eines größeren Maßnahmenkatalogs gegen die Graugans-Schäden sein“, so Löffler.