Das ist ein Artikel vom Top-Thema:

Edelpilze

Rottaler Edelpilze: Vor der Ernte die Massage

Das Bild zeigt einen Mann und eine Frau. Maritta und Otto Kellhuber züchten Edelpilze und zeigen ihre Produkte.
Gerd Kreibich Portrait
Gerd Kreibich
am Mittwoch, 17.05.2023 - 09:04

Die „Rottaler Edelpilze“ der Kellhubers haben sich am Markt etabliert. Die Kräuterseitlinge sind ein Paradebeispiel für ein erfolgreiches Geschäftsmodell.

Es ist jetzt fast auf den Tag genau ein Jahr her: Am 20. Mai 2022 ernteten Maritta und Otto Kellhuber zum ersten Mal die von ihnen produzierten Kräuterseitlinge. Heute ist der Geschäftszweig „Rottaler Edelpilze“ ein gutes Beispiel für ein erfolgreiches Geschäftsmodell.

Das Bild zeigt Maritta Kellhuber. Sie steht vor der Steuerungseinheit ihrer Anlage zur Wärmeerzeugung. Die anspruchsvolle Klimatechnik wurde aus den Niederlanden geliefert und von heimischen Handwerken eingebaut.

Der Betrieb der Kellhubers liegt in Mitterskirchen im Tal der Gera. Traditionell war es eigentlich ein Milchviehbetrieb, später wurde auf Mastrinder umgestellt. Das war die Zeit, als man mit der Milch nicht mehr allzu viel verdienen konnte. Otto Kellhuber stieg später in die Wärmeerzeugung mit Biogas ein, heute liefert ein Wärmenetz diese Wärme an eine ganz Reihe von Haushalten in der Umgebung und sorgt auch für die warme Luft bei der Pilzproduktion.

Kräuterseitlinge als neues Standbein

Als die Tierhaltung eingestellt wurde, überlegt das Ehepaar Kellhuber sehr sorgfältig, wie man den jetzt leerstehenden Stall nutzen könnte. „Ich wollte dieses Gebäude nicht einfach nur als Halle für Maschinen nutzen, das wäre fast schon Verschwendung gewesen“, berichtet Maritta Kellhuber. Die junge Landwirtin hatte ursprünglich nach dem Abitur eine Banklehre gemacht, später, nach dem Tod dessen Vaters, entschloss sie sich dazu, ihrem Mann auf dem Betrieb zu helfen. Die Idee mit den Pilzen stammt von ihr, sie hatte sich über längere Zeit Gedanken gemacht über ein neues Standbein für den Betrieb.

Irgendwann hatte sie ihren Mann überzeugt, es mit der Pilzzucht zu versuchen. „Ich war am Anfang eigentlich nicht so ganz begeistert, aber andererseits weiß ich: Wenn meine Frau etwas plant, dann hat das schon Hand und Fuß, und sie hat ja auch Recht behalten“, schmunzelt Otto Kellhuber beim Rundgang durch die Zuchtanlage. Erst sei die Entscheidung gereift, heute reifen die Pilze, sagen die beiden heute.

Wie es ihre Art ist, wollte Maritta Kellhuber sich tatsächlich nicht in ein unternehmerisches Abenteuer stürzen, sie ging die neue Geschäftsidee mit Bedacht und Umsicht an: Mit ihrem Mann besichtigte sie Betriebe, die sich für die Produktion von Pilzen entschieden hatten. Danach ging es auf die Suche nach sicheren Abnehmern für den Kräuterseitling, denn fest stand damals schon: Die Produktion von Pilzen lohnt sich erst ab gewissen Mengen, wenn sie betriebswirtschaftlich sinnvoll sein soll.

Vertriebspartnerschaften sichern Absatz

Erste Zusagen gab es aus der Gastronomie, dann kam der Lebensmitteleinzelhandel, Rewe zeigte Interesse und man wurde handelseinig. „Als wir dann allerdings darüber informiert wurden, dass wir jeden Tag im Münchner Zentrallager anliefern müssen, da haben wir erst einmal geschluckt“, erinnert sich Maritta Kellhuber heute. Klar war, dass ihr Mann nicht jeden Tag die Tour in Richtung München fahren könne – also wurden Aushilfsfahrer gesucht und gefunden. Drei Rentner sind heute während der Woche täglich mit dem eilends erstandenen Kühltransporter unterwegs, um die frisch geernteten Pilze zu liefern.

Doch der Kühltransporter war nur eine kleine Investition im Vergleich zum Umbau des Stallgebäudes. Eine niederländische Spezialfirma lieferte die technische Grundausstattung für die verschiedenen Reifekammern. Es wurden Wände aus Metall eingezogen sowie Böden erneuert, und viele andere Maßnahmen mussten umgesetzt werden, bevor im ehemaligen Rinderstall damit begonnen werden konnte, Lebensmittel zu produzieren.

Wichtig fürs Wachsen: Temperatur, Luftfeuchtigkeit und viel Ruhe

Alle vier bis fünf Wochen liefert seitdem eine Spedition eine große Menge an Ballen aus Biostroh, Getreide, Kalk und Wasser. Jeder Ballen wiegt ca. 4 kg und ist „geimpft“ mit dem Pilzmycel, aus dem sich die Kräuterseitlinge entwickeln. Sie kommen zunächst in eine temperierte Kammer und da werden sie erst einmal in Ruhe gelassen: Temperatur und Luftfeuchtigkeit werden automatisch gesteuert.

Nach ungefähr acht Wochen beginnt dann die Handarbeit: Jeder Ballen muss im oberen Bereich vorsichtig, aber auch gründlich, massiert werden. „Diese Massage ist wichtig. Sie sorgt dafür, dass aus dem Mycel im Ballen die Pilze herauskommen“, erklärt Maritta Kellhuber.

Schon bald darauf geht es los: Immer mehr der Pilze „schießen“ aus den Ballen heraus, täglich wird jetzt kontrolliert. Maritta und Otto Kellhuber haben dafür den richtigen Blick entwickelt und wissen, was wann zu tun ist. Die Ballen, auf denen die erntereifen Schwammerl sitzen, werden aus der Temperaturkammer geholt und dann kommen die Mitarbeiterinnen des Unternehmens zum Einsatz.

„Am Anfang hatte ich schon Bedenken, ob wir genügend Personal bekommen. Heute kann ich sagen, dass wir ein sehr gutes Team von Frauen haben, die sehr sorgfältig arbeiten“, freut sich die Landwirtin.

Das Bild zeigt einen Strohballen, auf dem Pilze in großen Mengen wachsen. Das ist ein ungewöhnlicher Anblick: Der mittlerweile gut nachgefragte Kräuterseitling wächst aus dem Pilzmycel, mit dem der Trägerballen geimpft wurde.

Die Qualität und vielseitige Verwendung der Pilze überzeugen die Kunden

Mittlerweile haben sich die hohe Bioqualität und der gute Geschmack der Rottaler Edelpilze herumgesprochen. Die Zahl der Abnehmer ist stabil, die besonderen Schwammerl sind sowohl auf den Wochenmärkten als auch im Hofladen der Kellhubers ein „Renner“. Das dürfte auch an ihrer Vielseitigkeit liegen. „Man kann sie braten oder panieren, sie können ein Hauptgericht sein oder Platz finden im Salat oder eine Sauce verfeinern – wir essen sie selbst sehr gerne“, sagt Maritta Kellhuber.