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Sozialsysteme

Dorfhelferin: Nachwuchs wird dringend gesucht

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Melanie Bäumel-Schachtner
am Freitag, 25.09.2020 - 10:25

Sie leisten unverzichtbare Arbeit, wenn in einem Betrieb oder einem Haushalt ein Familienmitglied schwer erkrankt: Die Dorfhelferinnen und die Betriebshelfer.

Auch die Station der KDBH (Katholische Dorf- und Betriebshelfer in Bayern) Deggendorf war im vergangenen Jahr sehr aktiv. Bilanz gezogen wurde bei der Jahreshauptversammlung der Station sowie des Vereins zur Förderung der Dorf- und Betriebshilfe Deggendorf am vergangenen Donnerstag in Seebach. Die Verantwortlichen zeigten, wie erfolgreich die Dorfhelferinnen und Betriebshelfer arbeiten und wie gut alle bislang durch die Corona-Krise gekommen sind. Es gibt nur ein Problem: die Nachwuchssorgen.

Durch Corona zunächst weniger Einsätze

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Deggendorfs Kreisbäuerin Rosmarie Mattis ist zugleich die Vorsitzende des Vereins und freute sich, dass auch in Zeiten von Corona viele Interessierte gekommen waren, die mit ausreichend Sicherheitsabstand im Seebacher Gasthaus Platz fanden. Während der Covid-19-Zeit habe es nicht die ganze Bandbreite an Einsätzen gegeben, weil zum Beispiel Operationen verschoben worden waren und daher auf den Betrieben und in den Haushalten keine zusätzliche Hilfe notwendig war.

Aber nun laufe alles wieder an. „Leider haben wir gerade bei den Dorfhelferinnen Nachwuchssorgen“, informierte Mattis. „Wir gehen deshalb jedes Jahr in die Hauswirtschaftsschule Vilshofen und stellen unser Berufsbild vor. Auch heuer war da durchaus Interesse, sogar bei einem jungen Mann. Dies wollen wir nun in jedem Jahr so fortsetzen. Wir brauchen junge Leute.“

Immer wieder neue Herausforderungen

Gekommen war auch Josef Färber (Freie Wähler), stellvertretender Landrat des Landkreises Deggendorf. „Ich möchte einfach danke sagen an alle, die diese Art von Arbeit leisten“, erklärte er. Die Aufgabe sei nicht einfach. Man müsse sich immer wieder neu einstellen auf neue Betriebe und Familien und fertig werden mit den Problemen, mit denen man vor Ort konfrontiert werde. „Ich möchte denen Mut machen, die neu einsteigen und denen danken, die immer Geld geben für diese gute Sache.“

Einer dieser Geldgeber ist die Raiffeisenbank Deggendorf-Plattling-Sonnenwald, deren Vorstandsvorsitzender Johann Freund mit einem Spendenscheck über 1500 Euro gekommen war.

Seine beiden Schwestern waren Dorfhelferinnen, erzählte Freund und sagte: „Es ist eine herausfordernde Tätigkeit. Ich habe Respekt vor denen, die das machen. Ich wünsche euch viele Einsätze, bei denen ihr helfen könnt.“

Solide Finanzen

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Solide Finanzen des Vereins zur Förderung der Dorf- und Betriebshilfe legte BBV-Geschäftsführerin Ingrid Ecker vor. Sie dankte dem Verein sowie Rosmarie Mattis und ihrem Stellvertreter, BBV-Kreisobmann Michael Klampfl für die gute Arbeit. Als Einsatzleiter fungiert Erwin Nickl. Er berichtete, dass es derzeit im Bereich Deggendorf zwei Dorfhelferinnen und bei den Betriebshelfern zwei hauptamtliche sowie drei selbstständige Kräfte gebe.

Die Herren werden in der Landwirtschaft eingesetzt, die Damen in den Haushalten – hier sehr häufig in Familien mit kleinen Kindern. „Es sind oft schwierige Einsätze mit hoher psychischer Belastung,“ stellte Nickl fest. Die Damen dürfen auch Verhinderungspflege leisten. „Wir fordern sehr viel von unseren Kräften. Doppeleinsätze sind an der Tagesordnung. Die Flexibilität und das Engagement sind sehr herauszuheben“, lobte der Einsatzleiter die Arbeit der Dorfhelferinnen und Betriebshelfer. Diese wurden im vergangenen Jahr in 148 Betrieben eingesetzt. Es wurden insgesamt fast 10 000 Arbeitsstunden geleistet. „Wir würden uns freuen, wenn wir mehr Kräfte hätten, um alle Anfragen positiv beantworten zu können“, wünschte sich Nickl.

Hilfe kommt an, wo sie dringend gebraucht wird

In Bayern wurden im vergangenen Jahr rund 700 000 Einsatzstunden absolviert, hatte KDBH-Landesgeschäftsführer Stefan Kürschner die Zahlen parat: „Es ist eine Hilfe, die dort ankommt, wo sie ankommen soll.“ Die Dorfhelferinnen und Betriebshelfer hätten mit Vollgas, aber unter Sicherheitsvorkehrungen die Zeit der Pandemie bislang gemeistert: „Hut ab. Wir hatten zum Glück keinen einzigen Krankheitsfall bislang.“ Finanziell bedeute das Corona-Jahr einen Knick: „Wir werden heuer keine schwarzen Zahlen schreiben. Aber wir haben die letzten Jahre sehr gut gewirtschaftet, so dass wir für so einen Fall gut gerüstet sind und keine Kurzarbeit anmelden müssen. Das möchten wir unseren Fachkräften auch nicht zumuten.“
Fünf Jahre dauert die Ausbildung zur Dorfhelferin. Das müsse sich künftig im Titel niederschlagen: „Eine Dorfhelferin bewegt sich auf Meisterniveau, und dies soll auch im Namen zum Tragen kommen, ohne den Begriff der Dorfhelferin komplett aufzugeben“, so Kürschner. Damit würde vielleicht der Zuspruch zu diesem Beruf wieder ansteigen.
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