Schnaittenbach/Opf. Jessica und Johannes Schmidt sind am Boden zerstört. Ein ungeheuerlicher Diebstahl hat die Betreiber eines Geflügelhof im Landkreis Amberg-Sulzbach kurz vor dem Martinstag erschüttert: Vor dem Hauptgeschäft des Jahres um Martini und Weihnachten fehlen fast die Hälfte der schlachtreifen Gänse. Für den Familienbetrieb ein wirtschaftliches Drama – schließlich beträgt der entstandene Schaden rund 20 000 Euro, wie die Geflügelhofbesitzer im Gespräch mit dem Wochenblatt schätzen.
Besonders dreist: Vermutlich in mehreren Nacht- und Nebelaktionen seien die 150 Gänse aus den Ställen entwendet worden. Dabei war die Diebstahlserie zunächst gar nicht aufgefallen – kein Wunder, bei einer Anzahl von über 2500 Gänsen, Enten und Hähnchen, die sich tagsüber auf dem weitläufigen Freigelände und nachts in den Ställen tummeln. Dass etwas nicht stimmen kann, wurde Jessica und Johannes Schmidt letzte Woche bewusst, als sie Enten und Gänse zum Schlachten aussonderten und auffiel, dass im Stall so viel Platz war. Es folgte eine Zählung der Enten und Gänse – und der große Schock: 150 Gänse waren verschwunden.
Jessica Schmidt macht der Diebstahl immer noch fassungslos: „Ich habe mir das immer wieder durch den Kopf gehen lassen“, sagt sie. Plötzlich sieht sie die nächtlichen Vorfälle Ende Oktober und Anfang November in einem ganz anderen Licht: Für die wiederholten Stromausfälle konnte auch der Fachmann trotz intensiver Suche keine Ursache finden. Die führten auch dazu, dass von den Überwachungskameras nichts aufzeichnet wurde.
Die Gänse bewusst ausgewählt
Dazu passt auch die im Nachhinein bekannt gewordene Beobachtung von zwei gegen Abend parkenden Transportern ohne Kennzeichen an verschiedenen Tagen in unmittelbarer Nähe des Geflügelhofs. Für die Schmidts steht fest: Da waren Profis am Werk. Ein Rätsel bleibt trotzdem: Wie haben sie es geschafft, die Gänse unbemerkt und ohne jegliche Spuren abzutransportieren? „Da wurde bewusst aussortiert“, sagt Jessica Schmidt. Von den Gänsen fehlen nämlich überwiegend jene, die sich am besten entwickelt und ein durchschnittliches Lebendgewicht von sechs Kilogramm auf die Waage brachten.
Weil die Schmidts befürchten, dass die Täter noch einmal zuschlagen, sind sie auf der Hut und haben ihr Geflügel rund um die Uhr im Blick. Von den Mastgänsen, die ihnen geblieben sind, können sie nicht einmal die Stammkundschaft bedienen. Ersatz ist so gut wie nicht zu bekommen und würde auch der Philosophie des in dritter Generation geführten Geflügelhofs widersprechen: regionale Mast im Freiland am Wasser mit regionalem Futter.
Eine besondere Belastung
Der Vorfall belastet die Besitzer um so mehr, weil schon die letzten Monate einschneidende Spuren hinterlassen haben: Das Ostergeschäft fiel komplett aus, weil man mit einem Verdacht auf Vogelgrippe konfrontiert war, und zudem fehlen durch Corona die vielen Feste und Feiern, die man normalerweise mit dem angeschlossenen Partydienst versorgt.