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Berufsalltag

Berufsglück: Sie arbeitet als moderne Magd auf dem Hof

Magd-Nina-Seitz-Betriebshelferin-Traktor: Eine junge Frau in einem grünen Traktor.
Gerd Kreibich Portrait
Gerd Kreibich
am Dienstag, 31.01.2023 - 09:45

Nina Seitz kommt nicht aus der Landwirtschaft, entschied sich aber für die Mitarbeit auf einem niederbayerischen Bauernhof. Sie gibt Einblick in ihren Alltag als moderne Magd.

Zu Beginn des Monats Februar steht der Festtag Mariä Lichtmess im Kalender - an diesem Tag begann in früheren Zeiten das Bauernjahr. Knechte und Mägde hatten an diesem Tag ihren Ein- oder Ausstand oder besiegelten per Handschlag die Verlängerung ihres Dienstverhältnisses mit dem Bauern. Die Zeit der Knechte und Mägde ist lange vorbei, heute kommt der Lohn der Menschen, die auf einem landwirtschaftlichen Betrieb arbeiten, per Überweisung auf das Bankkonto, und auch die „Dienstbüchlein“, die jeder Knecht und jede Magd vom Bauern ausfüllen lassen musste, sind längst Vergangenheit. Kein junger Mensch käme wohl heute noch auf die Idee, als Knecht oder Magd „in Dienst“ zu gehen. Aber es gibt doch noch Ausnahmen: auf einem Bauernhof in der Nähe von Pfarrkirchen im Landkreis Rottal-Inn arbeitet seit über einem Jahr eine junge Frau, die genau das auf dem Betrieb erledigt, was einst die Arbeit der Magd war. Und sie selbst sagt: „Diese Arbeit macht mir jeden Tag immer wieder Freude“.

Von der Zahnarztpraxis auf den Bauernhof

Magd-Nina-Seitz-Betriebshelferin-Betten: Eine junge Frau schüttelt ein Bett auf.

Nina Seitz stammt nicht aus der Landwirtschaft. Die 30-Jährige hat nach der Schule den Beruf der zahnmedizinischen Fachangestellten erlernt, sie arbeitete dann fast ein Jahrzehnt in einer großen Praxis. „Diese Arbeit hat mir immer großen Spaß gemacht: der Umgang mit den Patientinnen und Patienten, auch mal ein bisschen die Angst vor der Zahnbehandlung wegnehmen, die Freude, wenn ein Patient nach der Behandlung ohne Schmerzen ist, das hat mir richtig gut gefallen“, erzählt sie beim Besuch des Bayerischen Landwirtschaftlichen Wochenblattes auf dem Betrieb. Aber irgendwann merkte sie, dass es sie in eine andere Richtung zieht. „Ich habe immer schon gerne in und mit der Natur gelebt, selbst hatte ich ein paar Hühner, aber vor allem habe ich im Garten Gemüse angebaut und selbst eingelegt - da habe ich oft Lob bekommen, weil es so gut schmeckt“, sagt sie heute schmunzelnd.

Und dann kam der Tag, an dem ihr eine Freundin bei einer Tasse Kaffee erzählte, dass sie von einem Landwirt gehört habe, der auf seinem Betrieb dringend Unterstützung sucht: ein Hofcafé, die Ferienwohnungen, die Galloway-Zucht - das alles sei für ihn und seine Frau nicht mehr ohne Komplikationen unter einen Hut zu bringen. „Für mich war klar: Ich fahre da jetzt vorbei und schau mir das an, vielleicht wird ja was daraus“, erinnert sich Nina Seitz heute zurück.

Vielseitigkeit: Von Galloway-Rinder bis Tiny-Houses

Magd-Nina-Seitz-Betriebshelferin-Galloway-Stall: Eine junge Frau mit einem Mann, bei der Arbeit im Rinderstall.

Landwirt Thomas Jetzlsperger und seine Familie fanden die junge Frau sofort sympathisch: „Eigentlich hatte ich ja nur eine 520-Euro-Kraft gesucht, aber Nina war so begeistert, dass meine Frau und ich uns entschlossen haben, sie als Vollzeitkraft zu engagieren“, sagt Jetzlsperger, der sich mit seinen Galloways, deren Fleisch unter dem Markennamen „Garnecker Freiheit“ vermarktet wird, schon überregional einen guten Namen gemacht hat. So übertrug er seiner neuen Mitarbeiterin neben der Arbeit im Hofcafé auch noch die „Aufsicht“ über die mittlerweile fünf Tiny-Houses, die auf dem Gelände verteilt sind und sich großer Beliebtheit bei Urlaubsgästen erfreuen.

Nina sagt selbst sie sei eine "moderne Magd"

Magd-Nina-Seitz-Betriebshelferin-Markt: Eine junge Frau bietet Wurst am Markt zum probieren an.

„Aber die Nina ist eigentlich überall einsetzbar. Sie erledigt die Stallarbeit genauso wie das Bedienen der Gäste, die zur Brotzeit oder zu Kaffee und Kuchen zu uns kommen“, beschreibt Landwirt Jetzlsperger seine Mitarbeiterin, die sich sogar selbst als „moderne Magd“ bezeichnet. „Man darf nicht vergessen, dass die Mägde früher wichtige Mitarbeiterinnen waren, auch wenn die Arbeit damals sicher noch viel härter als heute und auch die rechtliche Situation ja ganz anders war“, darin sind sich Landwirt und die „Magd“ einig. Doch Thomas Jetzlsperger ist überzeugt davon, dass mancher Bauer von früher froh gewesen wäre über so eine gute Mitarbeiterin: „Der Nina muss man nichts anschaffen, die sieht die Arbeit von selbst, die fragt nicht lang, die packt mit an“, sagt er.

Nina Seitz kann da nur lachen: „Es war doch immer so: Wenn man etwas gerne tut, dann ist es viel schneller erledigt“, erklärt sie und fügt noch ein altes bäuerliches Sprichwort an: „Flinke Hände, schnelles Ende“. Dass sie einmal Freude daran haben wird, einen Lader zu fahren und zu den Galloways in den Stall zu gehen, und sich riesig freut, wenn eine Kuh problemlos gekalbt hat, das hätte sie früher sicher nicht gedacht.

Wachsstock: Traditionelles Dankeschön an Lichtmess

Und auch die Arbeit in den kleinen Ferienhäuschen gefällt ihr: „Wenn die Leute dann sagen, dass es hier so ruhig und gemütlich ist, dann habe ich auch meinen Teil dazu beigetragen, das freut mich schon“, solche Aussagen glaubt man der sympathischen Frau gerne.

Und wie sieht es aus an Lichtmess? Ist der Vertrag schon per Handschlag verlängert oder möchte Nina Seitz auf einen anderen Betrieb „in Dienst gehen“? Da lacht sie laut: „Nein, auf keinen Fall, ganz sicher nicht, es ist so ein schönes Arbeiten hier, da bleibe ich gerne“. Und sie verrät mit einem Augenzwinkern: „Von Bauer und Bäuerin habe ich zum Lichtmesstag schon das erste Wachsstöckerl bekommen, als Danke für gute Arbeit – das hat mich schon etwas stolz gemacht“. Und wenn sie heute von ihren Freundinnen gefragt wird, was sie beruflich macht, dann antwortet sie sogar: „Ich bin eine moderne Magd und das ist eine Arbeit, die mich glücklich macht“.

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