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Wolfsmanagement

Wolf: Heftiger Disput zwischen ÖVP und Grünen

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Josef Koch
Josef Koch
am Freitag, 21.04.2023 - 13:36

Die Antwort von Umweltministerin Gewessler auf die parlamentarische Anfrage zum Wolf verärgert ÖVP-Abgeordnete.

Fast pünktlich zu Beginn der Weidesaison kocht das Thema Wolf und Bejagung in Österreich wieder hoch, zunächst noch auf politischer Ebene. Die Wolfsrisse auf den Almen halten sich zwar noch in Grenze, doch die Gefahr zunehmender Risse ist groß. Die Grünen halten bekanntlich wenig von der Bejagung. Das verdeutlichte jüngst die grüne Umweltsprecherin Astrid Rössler. Sie regte sich an der Kritik der ÖVP-Abgeordneten Josef Hechenberger, Hermann Gahr und Franz Hörl über die Antwort von Umweltministerin Leonore Gewesserl auf deren Anfrage auf. „Statt substanzlose Kritik an einer Ministerin zu üben, die sich für Herdenschutz und Artenvielfalt einsetzt, beides Grundlage für intakte Natur, empfehle ich den Kollegen Hörl, Hechenberger und Gahr, sich beim eigenen Landwirtschaftsminister in Sachen Herdenschutz zu erkundigen“, meinte Rössler.

Kräftiger Seitenhieb für Totschnig

Totschnig-Nationalrat

Und Sie hat auch einen Seitenhieb für Agrarminister Norbert Totschnig parat: „Das Landwirtschaftsministerium sollte endlich konkrete Schritte in Richtung Herdenschutz unternehmen“. Das helfe zuallererst den betroffenen Bäuerinnen und Bauern in unserem Land weiter, so die Grüne. Sie will dazu eine parlamentarische Anfrage starten.

Die drei ÖVP-Abgeordneten warfen Gewessler vor, ihren Einsatz für das Beibehalten des strengen Schutzstatus des Wolfes in Brüssel „nicht ordentlich inhaltlich begründen zu können“. Für die ÖVPler waren die Antworten auf ihre parlamentarische Anfrage „oberflächlich“. Als Ministern müsse man im Interesse Österreichs handeln, eine rein ideologisch geprägte Vorgangsweise ist nicht nachvollziehbar. „Wir sind ziemlich enttäuscht“, so Hechenberger, Gahr und Hösl.

Herdenschutz bleibt strittig

Besonders ärgerlich fanden die drei ÖVP-Politiker Gewesslers Ansichten zum Herdenschutzmaßnahmen. So verwies lediglich auf „zahlreiche wissenschaftliche Studien“, wie des Österreichzentrums Bär Wolf Luchs. Für die Umweltministerin ist die wichtigste Präventivmaßnahme in Tallagen und in hügeligen Gebieten eine wolfsabweisende Zäunung, gegebenenfalls verbunden mit einem Koppelsystem oder Nachtpferchen. In alpinen Gebieten führt sie eine gezielte Weideführung mit dem Einsatz von Nachtpferchen Basis für einen Schutz der Nutztiere. Bei Anwesenheit von Beutegreifern sei zusätzlich der Einsatz von geprüften und tauglichen Herdenschutzhunden sinnvoll, so Gewessler. Hechenberger hält dagagegen: „Laut landwirtschaftlichen Experten gibt es kein Herdenschutzprojekt, das bisher erfolgreich war.“ Das zeigten auch Beispiele aus Tirol.

ÖVP fordert Populationen zusammenzufassen

In ihrer Antwort betonte sie auch, dass die Population des Wolfs in den Westalpen von der Weltnaturschutzunion (IUCN) als „vulnerabel“ eingestuft wird; ebenso die zentraleuropäische Population. Gahr fordert alle Wölfe in Europa als eine Population anzusehen. Die Aufsplittung in einzelne kleine Populationen habe keinen Sinn, da die Tiere nachweislich wandern. „Erst kürzlich wurde nachgewiesen, dass ein Wolf aus der Schweiz bis nach Ungarn gewandert ist. Das ist kein Einzelfall, sondern die Regel“, ist sich Gahr sicher.

Kein Automatismus beim Schutzstatus

Offen ließ Gewessler, ob sie einer Absenkung des Schutzstatus zustimmen werde, wenn für die EU und Österreich ein guter Erhaltungszustand des Beutegreifers bestätigt würde. „Dazu ist festzuhalten, dass die EU Rechtslage keinen Mechanismus vorsieht, wonach eine Änderung des Erhaltungszustandes einer in den Anhängen der FFH-Richtlinie gelisteten Art automatisch zu einer Senkung ihres Schutzstatus führt,“ führte die grüne Umweltministerin in ihrer Antwort aus.

Das Modell Schweden mit der Lizenzjagd von Wölfen hält die Grüne für Österreich wenig sinnvoll. Laut Gewessler läuft derzeit ein EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen Schweden. Eine entsprechende Entscheidung obliege dem Europäischen Gerichtshof. Schweden hat laut der ÖVP-Anfrage mit 300 Wölfen den guten Erhaltungszustand als erreicht erklärt.

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