
In der Kooperation zwischen Landwirtschaft und Gastronomie, aber auch in einzelnen Nischen schlummern für die „Produktion am Berg“ noch immenses Potenzial. Das stellten die Diskussionsteilnehmer beim Fachtag Berg & Wirtschaft der Wintertagung 2022 des Ökosozialen Forums Österreich fest. Zudem fördert der GAP-Strategieplan kleinere Betriebe und Junglandwirte, um den eigenen Betrieb zukunftsfit aufzustellen und entsprechend zu vermarkten.
Nach Ansicht von Stephan Pernkopf, Präsident des Ökosozialen Forums, ist eine enge Vernetzung von Betrieben ist unbedingte Voraussetzung für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft. „Damit können wir Kreisläufe schließen, die Lieferketten kurzhalten und ein großer Teil der Wertschöpfung verbleibt in der jeweiligen Region. Die Digitalisierung bietet hier Möglichkeiten für die Zusammenarbeit und die gemeinsame Vermarktung“, so Stephan Pernkopf.
Neue Möglichkeiten durch GAP

Leopold Kirner, Professor an der Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik in Wien, nannte für Bergbauern drei Optionen: die Spezialisierung oder Wachstum in der Urproduktion, die Differenzierung durch Qualität oder eine Nische sowie die Erwerbskombination. Die Hofnachfolger wollten einer aktuellen Befragung zufolge in erster Linie auf Qualität setzen, so der Wissenschaftler.
Der GAP-Strategieplan biete ihnen neue Möglichkeiten. So gibt es mehr Geld für die ersten Hektar, also für flächenmäßig kleinere Betriebe. Zudem sind bei der Umweltgerechten und Biodiversitätsfördernden Wirtschaftsweise (UBB) umfangreiche Kombinationen möglich. Des weiteren sind ab 2023 Förderungen für den Ausbau der Weidehaltung, Tierwohl-Stallhaltung und Heuwirtschaft vorgesehen. Für Junglandwirte gibt es eine zielgerichtete verbesserte Förderung.
Die Botschaft der Politik sei, so Kirner, das Handeln in die eigene Hand zu nehmen und die vielen neue Chancen zu nützen.
Botschen: Regionale Produkte lösen positive Resonanz aus
Günther Botschen vom Institut für Strategisches Management, Marketing und Tourismus an der Universität Innsbruck, stellte fest, dass „Werte- und Bedeutungswelten, die mit Regionalität verbunden werden, positive Resonanz auslösen. Er nannte zehn 10 Thesen für einen wirksamen Marketingmix, die den Bergbauern Orientierung geben:
- Echter multisensorischer Genuss verleiht regionalem Flügel und vermeidet Ladenhüter.
- Bio verstärkt diesen Effekt und erleichtert die Durchsetzung von Preisen im Handel.
- Exklusive Spezialitäten bergen Anziehungskräfte und fördern die Nicht-Austauschbarkeit.
- Regionale Rohstoffveredelung erfreut Kunden und Margen von Anbietern.
- Ohne einfachste Erreich- und Sichtbarkeit bleibt auch Regionalität ein übersehenes und damit verschmähtes Gut.
- Auch das „kleinste Regional“ lässt sich digitalisieren und online vermarkten.
- Direkt vermarktete Regionalität besticht bei Aussehen und Frische durch den Naschmarkt-Charakter und vermeidet Kunstwelten.
- Regional: „Da weiß ich, wo es herkommt und wie es gemacht wird.“
- Erleb- und Nachvollziehbarkeit der Anstrengungen in der Wertschöpfungskette erleichtern die Preisdurchsetzung.
- Der Bindungsstoff Dienstleistung wird oft übersehen, zum Beispiel Markttage oder die Zustellung.
Siller: Einander unterstützen und ergänzen
Für Anita Siller vom Untersillerhof in Neustift schließt eine Zusammenarbeit mit der Gastronomie den Wertschöpfungskreis in der Region. „Die Veredelung unserer Lebensmittel durch einen Koch, der sein Handwerk mit der gleichen Leidenschaft ausübt wie wir Bauern, ist die größte Wertschätzung, die man erfahren kann“, so die Bäuerin. Jetzt sei der richtige Zeitpunkt, aufeinander zuzugehen, ins Gespräch zu kommen und sich gegenseitig zu unterstützen.
Sie warnt aber vor unnötiger Konkurrenz unter den Bauern. Aktuell sei es so: Funktioniere ein Produkt, springen andere auf den Zug auf und ein Preisdruck entsteht. „Wir müssen uns untereinander auch viel besser vernetzen. Ein Vorbild kann die Gastronomie sein: Wenn jemand ein gutes neues Produkt hat, dann erzählt er es seinen Kollegen und hat die beste Werbung: persönliche Weiterempfehlung,“ rät Siller.