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Wolfsmanagement

Tirol erlässt dritte Abschussverordnung für einen Wolf

Raubtier
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Redaktion Wochenblatt
am Donnerstag, 25.05.2023 - 17:26

Das Land Tirol hat innerhalb weniger Tage die dritte Abschussverordnung für einen Schadwolf erlassen. Diesmal handelt es sich um einen Wolf im Bezirk Lienz in Osttirol, der auf Almen im Gemeindegebiet von Matrei wiederholt Nutztiere gerissen hat.

Ein konkreter Wolfsverdacht besteht bei drei Rissereignissen am 17. und am 18. Mai auf der Arnitzalm sowie am 20. Mai auf der Hoferalm in Matrei in Osttirol. Im Gemeindegebiet von Virgen wurden am vergangenen Samstag sechs tote Schafe gefunden, die mit hoher Wahrscheinlichkeit von einem Wolf gerissen wurden. Die jüngste Verordnung gilt in 32 Jagdgebieten für die Dauer von acht Wochen. Aktuell sind drei Schadwölfe - zwei in Osttirol und einer im Ötztal - zum Abschuss freigegeben.
 
"Wir nutzen den geringen Handlungsspielraum, den uns die FFH-Richtlinie bietet. Wissend, dass es nicht leicht ist, bitten wir die Jagdausübungsberechtigten im Sinne der Almwirtschaft um ihre tatkräftige Mithilfe", appellieren LH-Stv. und Agrarlandesrat Josef Geisler sowie LH-Stv. Georg Dornauer einmal mehr an die Jägerschaft.

Herdenschutz ist unzureichend

"Die Wölfe müssen wieder lernen, dass vom Menschen und seinen Nutztierherden eine Gefahr ausgeht", äußert der Tiroler Bauernbunddirektor Peter Raggl seine Zweifel an den häufig von Abschusskritikern propagierten Herdenschutzmaßnahmen. Botschaften, dass sich etwa in der Schweiz mit nur passivem Herdenschutz die Probleme lösen ließen, lässt Raggl nicht gelten. "In der Schweiz wird seit über 20 Jahren eine Mischung aus Herdenschutz mit Zäunen, Hirten und Nachtpferchen, Herdenschutzhunden sowie Weideführung betrieben - jedoch ergänzt mit gezielten Abschüssen von Jungtieren in Rudeln oder als problematisch eingestuften erwachsenen Tieren. Das wird von den Kritikern gerne verschwiegen", führt Raggl aus. Passiver Herdenschutz funktioniere nirgends, auch in der Schweiz nicht.
 
Der Schweizer Herdenschutzexperte Peter Küchler sieht beim Herdenschutz massive Schwierigkeiten bei geringem Erfolg. Herdenschutz würde zwar bis zu einem gewissen Grad helfen. Ohne diese Maßnahmen wären laut dem Experten die Schäden aber bereits so schlimm, dass an eine Alpung nicht mehr zu denken wäre.

Die Wölfe lernen mit dem Herdenschutz umzugehen

Die Wölfe lernen mit dem Herdenschutz umzugehen, erklärt Raggl. "Die passiven Schutzmaßnahmen werden nicht als Gefahr erkannt, sondern lediglich als lästiges Hindernis, das sie umgehen lernen. Wölfe lernen, Zäune zu überspringen und Herdenschutzhunde zu überlisten oder zu töten. Werden die Schafe im Nachtpferch gehalten, werden die Herden eben untertags angegriffen." Herdenschutz gleiche einem Wettrüsten. "Je besser die Kleinviehherden geschützt werden, desto mehr wenden sich die Wölfe dem Großvieh zu. Die Risse von Kälbern steigen und die festgestellten Verhaltensänderungen von Mutterkuhherden im touristisch genutzten Almgebiet bereitet zunehmend große Sorgen: Die Anwesenheit von Wölfen macht die Rinder aggressiver", verdeutlicht der Tiroler Bauernbunddirektor.

Abschussverordnungen seit 1. April in Tirol möglich

Bereits am 9. Mai dieses Jahres wurde in Matrei in Osttirol bei einem Riss auf einer Heimweide ein Wolf aus der italienischen Population genetisch nachgewiesen. Zum damaligen Zeitpunkt lagen die rechtlichen Voraussetzungen für eine Entnahme nicht vor. Nach der Novellierung des Tiroler Jagdgesetzes besteht seit 1. April 2023 in Tirol die Möglichkeit, Schad- oder Risikowölfe mittels Verordnung der Landesregierung und somit ohne Verzögerungsmöglichkeit durch Einsprüche zum Abschuss freizugeben. Schadwölfe sind beispielsweise Wölfe, die im Alpschutzgebiet auf nicht zumutbar schützbaren Almen mehr als einmal Nutztiere reißen bzw. bei einem Rissereignis mindestens fünf Schafe töten oder verletzen. Durch die Verordnung bleibt die Anonymität der Jäger:innen gewahrt.