Neugierig, aber zurückhaltend beäugt werden Gäste im Stall von Birgit Knecht-Burghard. Nicht aber von der sympathischen Vorarlbergerin selbst, sondern von ihren exotischen Langhälsen. Die sechs Alpakas sowie Lama-Wallach Cuzco, der als Chef der Herde mit seiner Körpergröße und dem besonders wachsamen Blick deutlich hervorsticht, warten darauf, von ihrer Halterin auf die Weide gelassen zu werden. Ein einzelner fremder Journalist mit Kamera sorgt dabei für Anspannung unter den Tieren, werden Männer doch mit einem für sie unangenehmen Besuch des Tierarztes oder der alljährlichen Schur verbunden. Entsprechend distanziert und kritisch verhalten sich die Tiere.
Als Therapietier vielseitig einsetzbar

Tierisch gut drauf: Birgit Knecht-Burghard weiß um die positive Wirkung ihrer eigentlich in der Bergwelt der Anden beheimateten Alpaka-Gefährten (v. l.) Calypso und Eliot sowie dem Lama-Wallach Cuzco.
Ihre Launen und Stimmungen zu zeigen, genau das gehört aber zur Aufgabe der bunten Truppe. Denn die sogenannten Neuweltkameliden verdienen ihr täglich Heu unter anderem als Therapietiere. Dafür hat sich die studierte Verhaltens- und Erziehungswissenschaftlerin die Tiere vor knapp zehn Jahren angeschafft und hilft heute neben ihrer hauptberuflichen Arbeit in einer Feldkircher Drogenberatungsstelle Kindern, Jugendlichen und auch Erwachsenen, ihre Probleme – ob physischer oder psychischer Natur – zu bewältigen. „Der Kontakt zu Tieren wirkt sich positiv auf den Blutdruck, auf die Linderung von Schmerzen und die Muskelentspannung aus“, erklärt die Expertin grundlegend. Daneben könnten beim Umgang mit den sensiblen und wachen Andenbewohnern Sozialverhalten geübt, Selbstbewusstsein gestärkt sowie motorische und geistige Fähigkeiten gefördert werden. „Ich beobachte häufig, dass sich beim Kontakt mit den Tieren schnell Scheu beiderseits abbaut und sich bei meinen Klienten eine entspannende Wirkung zeigt.“
Für die gezielte Zusammenarbeit von Klient und den stolzen, aber dennoch sanftmütigen Nutztieren hat sich die 38-jährige Vorarlbergerin speziell fortgebildet. Rund 2,5 Jahre dauerte die sogenannte AATLA-Ausbildung (Animal Assisted Therapy with Lamas and Alpacas), für die sie regelmäßig nach Deutschland reiste. „Die Inhalte reichen von der Sachkunde zum Tier über das Tierverhalten bis hin zu den verschiedensten Krankheitsbildern des Menschen, die mit den Lamas und Alpakas bearbeitet werden können.“
Eindeutige Reaktion mit Körpersprache
Kinder lernen mit den Tieren spielerisch

„Das Tolle an der Arbeit mit den Tieren ist, dass man auf den Spaziergängen auch viele andere Themen mit einfließen lassen und den Kindern vermitteln kann.“ Eine zentrale Rolle spielt dabei die Landwirtschaft: „Wir laufen bei Bauern im Ort vorbei und erzählen von deren Arbeit und ihren Produkten. Die Kinder sollen wissen, welche Werte mit der Landwirtschaft verbunden sind und was damit alles zusammenhängt.“ Daneben reichen die Themen von Kräutern am Wegesrand über Tabuthemen wie Tod und Fortpflanzung bis hin zur Wolle der Tiere.