
Salzburg Wiesen, Weiden und Almen: Das Bundesland Salzburg ist zu 97 % „grün“, d. h. die landwirtschaftlich bewirtschafteten Flächen bestehen nahezu ausschließlich aus Dauergrünland, das Rinder, Schafe und Ziegen mit Futter versorgt. Überhaupt sind Salzburgs Bäuerinnen und Bauern bekannt dafür, besonders nachhaltig zu wirtschaften. Dennoch sieht man sich auch hier der Kritik ausgesetzt, was die klimaschädlichen Nebenwirkungen der Tierhaltung betrifft.
Eine von der Salzburger Landwirtschaftskammer initiierte Studie kam jetzt zu dem Ergebnis, dass die positiven Aspekte der Tierhaltung bei weitem die negativen „Auswirkungen“ übertreffen. Bei der Vorstellung der Studie im Hefterhof in Salzburg wies LK-Präsident Rupert Quehenberger auf die vielfältigen positiven Umweltwirkungen der Grünlandbewirtschaftung hin, die in vielen Bereichen „über dem Durchschnitt“ lägen. Insgesamt sei die Ökobilanz im Salzburger Land „hervorragend“. So wirtschaften beispielsweise mehr als 50 Prozent der Betriebe nach den Regeln des biologischen Landbaus.
Ohne Wiederkäuer kein Grünland
Oftmals würde den hiesigen Bäuerinnen und Bauern irgendwelche Zahlen „an den Kopf geworfen“ und das Negative ihres Tuns in den Mittelpunkt gestellt, sagte Quehenberger. Deshalb wollte man von unabhängiger Seite wissen, wie umweltfreundlich die Salzburger Landwirtschaft arbeitet bzw. wo es Defizite gibt. Denn wissenschaftliche Untersuchungen dazu gebe es nur wenige. Dann zählte der LK-Präsident auf, welch vielfältige Umweltleistungen die hiesige Landwirtschaft erbringe.
So werden von einem Hektar Dauergrünland bis zu 113 t Kohlenstoff gebunden. Des weiteren beinhalten Ökosystemleistungen auch Freizeitmöglichkeiten und den ästhetischen Wert der Landschaft. Schließlich stellte der Kammerpräsident klar, dass Grünlandflächen nur mit einer entsprechenden Tierhaltung erhalten werden können.
Ins Detail ging dann Dr. Stefan Hörtenhuber von der Boku Wien, der sich ein Jahr lang mit den Ökobilanzen und Ökosystemleistungen der Salzburger Landwirtschaft beschäftigte. Lapidar stellte Hörtenhuber zunächst fest: „Um das Dauergrünland und Feldfutter zu nutzen, das 99 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen im Bundesland Salzburg ausmacht, braucht es Wiederkäuer.“ In Österreich, wie auch im Bundesland Salzburg, seien dies primär (Milch-)Rinder, so Hörtenhuber bei der Präsentation seiner Studie.
Viele Lebensmittel trotz extensivem Wirtschaften
In der medialen Berichterstattung würden Rinder häufig mit Zuschreibungen wie „Klimakiller“ oder im Zusammenhang mit Tierschutzproblemen genannt, kritisierte der Wissenschaftler. Dabei könnten unter passenden Fütterungs- und Haltungsbedingungen die Rinder bzw. allgemein die Tierhaltung „viel mehr, als nur Treibhausgase zu erzeugen“. Insbesondere im Land Salzburg, wo die Flächen im Durchschnitt eher extensiv bewirtschaftet würden. Wie Hörtenhuber erläuterte, habe Salzburg von allen Bundesländern den höchsten Anteil an Betrieben und Flächen mit „Bioproduktion“ sowie „Verzicht auf ertragssteigernde Betriebsmittel“. Dennoch würden mit den Wiederkäuern etwa 200 kg wertvolles Nahrungseiweiß je Hektar in Form von (Kuh-)Milch und etwa 50 kg Eiweiß je Hektar Fläche (Dauergrünland) durch Fleisch erzeugt. Damit produziere die Salzburger Tierhaltung wertvolle Lebensmittel, vorrangig aus für Menschen nicht nutzbaren Lebensmitteln.
Die sogenannte „Lebensmittelumwandlungseffizienz“ sei wegen der nur in geringem Umfang eingesetzten Kraftfuttermittel im internationalen wie auch nationalen Vergleich „sehr hoch“, so das Fazit des Wissenschaftlers. Da Salzburg neben Wäldern viel Dauergrünland aufweise, sei die Ökosystemleistung bei der Kohlenstoffspeicherung im Boden vergleichsweise hoch. In der Studie wurden die Ökosystemleistungen über ein Scoringsystem bewertet.
Sauberes Wasser und schöne Landschaft
Zu den regulierenden Ökosystemleistungen zählen unter anderem die Bereitstellung sauberen Trinkwassers und die Schaffung von Lebensräumen für Bestäuber sowie andere Tier- und Pflanzenarten, betonte Hörtenhuber. Hinzu kämen die kulturellen Ökosystemleistungen, von denen insbesondere die Gesellschaft und der Tourismus profitieren. Bei den Ökosystemleistungen zeigten sich nur geringe Unterschiede innerhalb der Salzburger Betriebsgruppen, aber nennenswerte Vorteile gegenüber dem Durchschnitt Österreichs.
Der Hauptgrund hierfür liege bei den Dauergrünlandflächen wie Wiesen, Kulturweiden und Almen. Nach vorliegender Berechnung werden auf den Flächen in Salzburg planetare Grenzen bei den Stickstoffverlusten nicht überschritten, vor allem, weil Dauergrünland geringe Nitratemissionen aufweist. Ein großer Teil der Flächen der Salzburger Betriebe sie biodiversitätsfördernd, so Hörtenhuber. Etwa ein Drittel der Landesfläche sind extensiv bewirtschaftete Wiesen und Weiden.
Weniger Treibhausgase für Milch und Fleisch
Derzeit ist die hiesige Landwirtschaft an ca. 16 % der in Salzburg emittierten Treibhausgase verantwortlich, berichtete Hörtenhuber. Je Kilogramm Milch, Rindfleisch, Schaf- oder Ziegenprodukten lägen die Treibhausgasemissionen nicht höher als im nationalen Durchschnitt, da eine extensivere Erzeugung allgemein mit geringeren Umweltwirkungen auf der Fläche einhergeht.
Nachdem die Salzburger Tierhaltung konstante, d. h. keine steigenden Emissionen bei Methan aufweise, sei die tatsächliche Klimawirkung von Milch und Fleisch – mit GWP-Ergebnissen ermittelt – sogar um 50 % geringer als bei einer Bewertung mit dem GWP100-Maßstab. Das sogenannte „Global Warming Potenzial“, gemittelt über einen Zeitraum von 100 Jahren, beschreibt das unterschiedliche Erderwärmungspotenzial von Treibhausgasen. Kohlendioxid (CO2-Äquivalent) wird mit dem Richtwert 1 bedacht. Im internationalen Vergleich fielen die durch die Milchviehhaltung verursachten Treibhausgasemissionen in Salzburg gering aus, konstatierte Dr. Hörtenhuber. Die Aufrechterhaltung der Tierproduktion, wie sie etwa in Salzburg vorherrscht, schütze hochwertige Flächen und damit „wichtige“ Ökosystemleistungen.
„Die Studie zeigt sehr deutlich, dass man die Umwelt- und Klimawirkung der Tierhaltung immer im Gesamtpaket bewerten muss“, sagte LK-Präsident Quehenberger in einem Resümee. Er erinnerte daran, dass es das Salzburger Dauergrünland ohne Wiederkäuer nicht gäbe. Bereits vor Jahrzehnten seien mit dem Salzburger Regionalprogramm für Grundwasserschutz die Weichen gestellt worden, das Grünland zu erhalten. Im neuen Umweltprogramm würde diese Maßnahme mittlerweile österreichweit angeboten, „was sehr zu begrüßen ist“. In Salzburg seien ca. 40 % der Landesfläche Berggebiet mit Almen sowie Grünland. Davon würde der Großteil extensiv bewirtschaftet, lediglich 10 % der Landesfläche seien Wirtschaftsgrünland und Acker. In Salzburg kämen somit auf 1 ha Wirtschaftsgrünland rund 3 ha extensive Flächen. Quehenberger: „Dieses Verhältnis zeigt, wie naturnah unser Land bewirtschaftet wird.“
Status quo erhalten und noch besser werden
Die Studie zeige nach den Worten des Kammerpräsidenten aber auch, wo noch Verbesserungspotenzial bestehe. „Wir werden uns diese Punkte sehr genau ansehen“, betonte Quehenberger. Das betreffe etwa eine „weitere Steigerung“ der Teilnehmerzahlen in den Umwelt- und Naturschutzprogrammen.
Entscheidend für Quehenberger ist aber auch, dass der aktuelle Status quo erhalten bleibe. „Damit wir unser extensives Grünland erhalten können, braucht es beispielsweise auf den Almen eine Mindestzahl an Weidetieren, die diese Flächen jedes Jahr pflegen“, betonte Quehenberger. Durch den Klimawandel wachse mehr Futter zu als früher, gleichzeitig aber würden weniger Tiere aufgetrieben. Für die Landwirtschaft seien dies massive Herausforderungen, erklärte der LK-Präsident.
Da die Rinderfütterung mit Gras und Heu in den meisten europäischen Ländern heute kaum noch eine Bedeutung habe, ist es laut Quehenberger umso wichtiger, das Umweltprogramm in Österreich weiterzuführen und die Maßnahmen entsprechend zu dotieren. Wichtig sei, „dass die Maßnahmen praxistauglich sind und Ertragseinbußen durch Einschränkungen abgegolten werden.“