Das Aus für den Vollspaltenboden in der österreichischen Schweinehaltung ist besiegelt. ÖVP und Grüne haben sich auf ein Tierwohlpaket geeinigt, und den Kabinettsbeschluss von Anfang Mai nochmals verschärft.
Ab 2040 ist die Haltung von Schweinen in Vollspaltenbuchten verboten, teilte der grüne Tierschutzminister Johannes Rauch mit. Der neue gesetzliche Mindeststandard wird bis 2027 in einem Projekt gemeinsam mit der Branche, der Wissenschaft und Tierschutzorganisationen erarbeitet. Bisher war lediglich ab 2023 ein Verbot von unstrukturierten Vollspaltenbuchten in Neu- und Umbauten vorgesehen. Diese Auflage ist aber weiter Bestandteil der Einigung. Bereits in der kommenden Woche soll der Nationalrat das Tierwohlpaket verabschieden.
Aus für ganzjährige Anbindehaltung
Dazu kommen weitere Auflagen für Schweinehalter, wie bis zu 20 Prozent mehr Platz, verpflichtende Klimatisierung, mehr Beschäftigungsmaterial und strukturierte Buchten mit eigenen Liege-, Aktivitäts- und Kotbereichen mit angepasster Temperaturregelung. Das AMA-Gütesiegel soll für mehr Tierwohl und Ausbau des Moduls „Tierwohl Plus“ auf eine Million Premium-Schweine bis 2030 erweitert werden.
Daneben ist die ganzjährige Anbindehaltung für Rinder ab 2030 verboten. Tiertransporte sollen mehr kontrolliert werden und der Export von Mast- und Schlachtrindern in Drittstaaten soll nicht mehr erlaubt sein. Das Mindestalter für den Transport von Kälbern wir auf 21 Tage erhöht. Ein Ende findet grundsätzlich das Schreddern männlicher Küken.
Aber nicht nur Tierschützer sehen den Kompromiss als Erfolg. ÖVP-Landwirtschaftssprecher und Bauernbund-Präsident Georg Strasser und Olga Voglauer, Agrarsprecherin der Grünen, begrüßen das präsentierte Tierwohl-Paket: „Es ist uns im parlamentarischen Prozess gelungen, die Tierhaltung in Österreich weiter zu entwickeln. Ebenso wie Tierwohl braucht es auch wirtschaftliche Perspektiven, einen realistischen Zeithorizont und praxistaugliche Rahmenbedingungen für unsere Bauernfamilien“, betonen die beiden Abgeordneten.
Strasser: Paket mit Maß und Ziel
Laut Strasser bringen die intensiven Verhandlungen wesentliche Änderungen in der Tierhaltung, die mit Weitblick und Hausverstand umgesetzt werden können. Er sieht in dem Tierwohl-Paket der Bundesregierung ein Programm mit „Maß und Ziel, von dem Mensch und Tier gleichermaßen profitieren.“
Für Voglauer ist das Verbot des Vollspaltenbodens in der Schweinehaltung ein Durchbruch für den Tierschutz. Nun sei der Weg frei, um ein neues Image für die Branche aufzubauen. „Der Streit um die Vollspaltenböden sei beigelegt. „Jetzt gilt es in einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit von Nutztierbranche, Wissenschaft und Tierschutz-NGOs eine planbare Perspektive für die Bäuerinnen und Bauern und eine nachhaltige Produktion in Österreich zu schaffen“, nennt die Grüne als Ziel. Als Meilensteine für den Tierschutz bezeichnet sie auch das Ende der permanenten Anbindehaltung bei Rindern und strengere Vorgaben bei Tiertransporten.
Moosbrugger nimmt Handel in die Pflicht
Österreichs Kammerpräsident Josef Moosbrugger stellt aber klar, dass nun „in entscheidendem Maße die Abnehmer, allen voran der Handel, an der Reihe ist, sich ihrer großen Verantwortung zu stellen und für mehr Tierwohl in Ställen, Küchen, Regalen und auf den Tellern zu sorgen“. Nach Moosbruggers Meinung braucht es dafür deutlich mehr, als öffentliche Forderungen und Feigenblatt-Tierwohlprojekte zur Eigenwerbung, die lediglich einen minimalen Teil des Absatzes umfassen. Verlässliche, langfristige Partnerschaften mit Erzeugerpreisen, von denen die bäuerlichen Familienbetriebe leben können, sind der entscheidende Schritt, der nun folgen muss“, bringt der Interessenvertreter die Forderungen auf den Punkt.
UBV fordert EU-einheitliche Regelung
Damit die Bauern nicht auf den höheren Produktionskosten sitzenbleiben, fordert der Unabhängige Bauernverband (UBV) ein solches Tierschutzgesetz kann nur im Einklang mit allen anderen EU-Ländern in Kraft treten zu lassen. „Sonst werden viele Betriebe aufgeben müssen, damit wird der Kunstfleischproduktion Tür und Tor geöffnet,“ warnt UBV-Präsident Karl Keplinger.