Wien Die Mitglieder des Landwirtschaftsausschusses haben am Donnerstag (6.10.) den jährlichen Grünen Bericht zur Einkommensentwicklung der Landwirte zur Kenntnis genommen. In Kürze wird sich der Nationalrat damit beschäftigen. Dass die Opposition die Einkommensentwicklung, trotz eines Plus von 15% kritisch sieht, überraschte in der Diskussion mit Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig nicht. Doch auch die Regierungsfraktionen zeigten sich nachdenklich.
Regierung sieht richtige Maßnahmen
Maßgeblich für das Einkommensplus waren laut Landwirtschaftsminister Totschnig (ÖVP) deutliche Ertragsanstiege in der Forstwirtschaft, im Marktfruchtbau und der Rinderhaltung. Auch die Erhöhung der öffentlichen Gelder aufgrund der COVID-19-Zahlungen sowie Preissteigerungen im Obst- und Weinbau trugen laut Totschnig bei. Er sieht darin einen Beweis, dass die Bundesregierung die richtigen Maßnahmen gesetzt hat, um Österreich gut durch die Krise zu bringen. Erfreulich sei auch die Außenhandelsbilanz bei landwirtschaftlichen Produkten, die de facto ausgeglichen sei, berichtet die Parlamentskorrespondenz. Totschnig sieht darin einen Beweis, dass die kleinstrukturierte österreichische Landwirtschaft mit ihren Erzeugnissen auf dem Markt bestehen kann.
Allerdings sei die Entwicklung nicht überall gleichmäßig verlaufen. Vor allem Veredelungsbetriebe konnten keine Einkommenssteigerung erzielen, wie Totschnig sagte. Festzustellen sei auch, dass es bei den Bergbauernbetrieben zwar zu einer Einkommenssteigerung von 14% gekommen ist, dass diese nach wie vor weit unter dem Durchschnitt aller Betriebe liegen. Die Einkommenssteigerungen seien daher noch kein Grund zur Euphorie, betonte Totschnig im Ausschuss. Der Zehnjahresvergleich zeige starke jährliche Einkommensschwankungen, was die heimischen Betriebe vor massive Herausforderungen stelle. Der Landwirtschaftsminister sah allerdings in den Maßnahmen zur Agrarreform 2023 viele Chancen für die land- und forstwirtschaftlichen Betriebe, um diese Herausforderungen zu bewältigen.
Grüne wollen weg von Zuschüssen
Für den ÖVP-Abgeordneter Klaus Lindinger zeigte der Bericht „einige erfreuliche Entwicklungen“, es gebe aber noch einiges zu tun. Hoffnung für die Zukunft der österreichischen Landwirtschaft gebe die große Zahl innovativer, sehr leistungsfähiger Betriebe und eine im internationalen Vergleich sehr hohe Anzahl junger Betriebsleiterinnen und -leiter-. Sein Parteikollege Franz Eßl (ÖVP) sah im Bericht, Grund zu „vorsichtigem Optimismus“.
Clemens Stammler (Grüne) sah in dem Bericht eine gemischte Bilanz. Auf längere Sicht könne es nicht der Weg sein, Einkommensverluste durch staatliche Zuschüsse auszugleichen. Die Betriebe müssten auf dem Markt ein entsprechendes Einkommen erzielen können, das erfordere aber regulierende Eingriffe. Martin Litschauer (Grüne) sah die Erzeugung erneuerbarer Energie als Möglichkeit für landwirtschaftliche Betriebe, sich ein zweites wirtschaftliches Standbein zu schaffen. Totschnig betonte, er sehe besonders bei Photovoltaik und Biogas Potenzial, entscheiden müssten aber Bäuerinnen und Bauern.
FPÖ kritisiert Schönrechnerei
Keinen Grund zum Feiern gibt es für FPÖ-Landwirtschaftssprecher Peter Schmiedlechner. Seiner Meinung nach wird in dem Bericht die Einkommenssituation der Landwirte „schöngerechnet“, indem Hilfen, die faktisch Sozialleistungen seien, in die Erhebung einbezogen werden. Er forderte Maßnahmen, damit wieder mehr Betriebe im Haupterwerb geführt werden können. Totschnig erwiderte, dass weit weniger Betriebe aufgäbe als früher. Ein Strukturwandel ist aber unumgänglich“, so der ÖVP-Minister. Für ihn belege die hohe Bereitschaft, in landwirtschaftliche Betriebe zu investieren, dass hier viel Optimismus bestehe.
Für eine gerechtere Verteilung der Fördermittel warb SPÖ-Landwirtschaftssprecherin Cornelia Ecker (SPÖ), um kleinere Betriebe stärker zu unterstützen. Sie mahnte an, dass ein beträchtlicher Teil der landwirtschaftlichen Betriebe kein ausreichendes Einkommen erwirtschafte. Die Landwirtschaftssprecherin der NEOS, Karin Doppelbauer, merkte kritisch an, dass Österreich in Europa bei den bäuerlichen Einkommen zu den Schlusslichtern gehöre. Hier sei eine langfristige und nachhaltige Strategie notwendig. Förderungen alleine würden das Problem nicht lösen.
Totschnig: Förderung ist gut aufgestellt
Der Agrarminister indes verteidigte die landwirtschaftlichen Förderungen gegen die SPÖ- Das System sei gut ausgebaut und schaffe es, benachteiligte Betriebe zu erreichen. Ein Vergleich mit anderen Ländern sei aufgrund der deutlich anderen Strukturen nur begrenzt zulässig, hielt er Doppelbauer entgegen. Die österreichische Landwirtschaftspolitik setze viele Maßnahmen, um Betriebe zu unterstützen. So investiere man vor allem auch in ein System der hochwertigen Aus- und Weiterbildung, das in Europa einzigartig sei. Damit sei es möglich, dass die österreichischen Landwirtinnen und Landwirte das Beste aus den gewachsenen Strukturen machen können.