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Getreide und Mehl

Es klappert die Mühle ...

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Patrizia Schallert
am Donnerstag, 14.10.2021 - 11:28

Müllermeisterin Monika Rosenfellner verarbeitet eine Vielfalt an Getreidearten und stellt ein großes Produktsortiment her.

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Monika Rosenfellner ist eine der wenigen Müllermeisterinnen Österreichs. Bei St. Peter in der Au im Herzen des Mostviertels führt sie seit 1998 die „Rosenfellner Mühle & Naturkost GmbH“. Der Rohstoff kommt aus Ober- und Niederösterreich und wird vorwiegend zu Biomehl verarbeitet. Mit ihrer großen Fachkompetenz wurde Rosenfellner von Anfang an von ihren bäuerlichen Lieferanten als Marktpartner respektiert.

Schon Rosenfellners Großvater Stefan, der die Mühle 1932 erwarb, legte großen Wert auf nachhaltiges Wirtschaften und erwies sich damit als Pionier und Visionär im Müllergewerbe. Er bezog sein Getreide nur von Landwirten in der Region, war stets um Sortenvielfalt bemüht und richtete ein Wasserkraftwerk zur Energieversorgung der Mühle ein.

Monikas Eltern Stefanie und Franz hatten bereits in den 1990er Jahren mit der Verarbeitung von Getreide aus ökologischem Anbau begonnen. Im Sinne der Nachhaltigkeit setzt Monika Rosenfellner diese Tradition fort. „Leider musste die alte Wasserkraftanlage 2011 der Eisenbahn weichen und so ließ ich eine neue Anlage mit Wasserkraftschnecke und Fischtreppe errichten.“ Die Energieversorgung der Mühle erfolgt großteils über die Wasserkraft, zusätzlich benötigter Strom wird aus erneuerbaren Quellen zugekauft.

Energieeffizienzpreis der Wirtschaftskammer

Auch in anderen Bereichen setzt die 48-jährige Müllerin auf ressourcenschonende Prozesse. So erfolgt die Auslieferung der Produkte an Vertriebspartner vorwiegend per Bahn, in der Mühle kommt ein Elektrostapler zum Einsatz, die Heizung wird mit Holzpellets betrieben und die Verpackungsmaterialien bestehen, so weit möglich, aus Papier. Mit der Umstellung auf erneuerbare Energieträger konnte das Familienunternehmen 25 000 kWh/a und jährlich 46 t CO2 einsparen.

Für ihre Bemühungen in den Bereichen Energieeinsparung, Energieeffizienz, erneuerbare Energien, Mobilität und Bewusstseinsbildung wurde der Mühle 2016 der „Energieeffizienzpreis Helios“ verliehen, der seit 2008 von der Wirtschaftskammer Niederösterreich vergeben wird.

Hohe Rohstoffqualität für einen fairen Preis

„Wir achten vor allem darauf, beim Stromverbrauch Spitzen zu vermeiden und alles wiederzuverwerten, was nur möglich ist“, betont Rosenfellner. So verkauft sie beispielsweise gebrochene Getreidekörner, die nicht vermahlen werden, weil sie dunkle Tupfer im Mehl hinterlassen, als Hühnerfutter. Doch nicht nur der Klimaschutz liegt der Müllermeisterin am Herzen, sondern auch ihre bäuerlichen Zulieferer.

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„Zu unseren Lieferanten pflegen wir partnerschaftliche Beziehungen auf Augenhöhe mit einer fairen und angemessenen Bezahlung. Unsere Mühle kauft das Getreide von den Landwirten nicht zum Großhandelspreis, sondern zum Marktpreis.“ Allerdings sind Rosenfellners Qualitätsansprüche hoch. Die Laboranalysen müssen passen, der Feuchtigkeitsgehalt darf maximal 14,5 % betragen. „Dabei spielt die Getreidesorte eine große Rolle.“

Der Eiweißgehalt muss zwischen 12 und 13,5 % liegen. Beim Dinkel werden Ursorten ohne Einkreuzung mit Weizen wie „Ebners Urkorn“ oder „Ostro“ bevorzugt. Die Feuchtigkeit, das Hektolitergewicht oder der Kleber werden im mühleneigenen Labor ermittelt. Andere Untersuchungen wie die auf Verunreinigung des Getreides durch Tropanalkaloide lässt Rosenfellner extern erledigen.

Biogetreide ohne Beikräuter-Verunreinigung

Im ökologischen Getreideanbau sei es eine große Herausforderung, das Erntegut frei von Verunreinigungen durch tropanalkaloide Pflanzen zu halten, zumal die Biobauern keine chemischen Wirkstoffe einsetzen können. Dennoch werde die Getreidequalität im Biobereich immer noch besser und keinesfalls schlechter.

Rosenfellner schätzt den guten und konstruktiven Erfahrungsaustausch unter den Biobäuerinnen und Biobauern und den Idealismus, mit dem sie neue Geräte im Ackerbau entwickeln, um Beikräuter in den Griff zu bekommen. „Auch Feuchtigkeit im Boden ist wichtig, ein gesunder, lebendiger Boden hält das Wasser besser. Dafür braucht es keine genveränderten Pflanzen.“

Samenfeste und alte Sorten bevorzugt

Rosenfellner hält wenig von gentechnisch verändertem Getreide, das in Europa ohnehin verboten ist, oder von Hybridsorten. Der Grundgedanke der Genmanipulation sei ja eigentlich gut gewesen, meint die Müllerin. Die Pflanzen sollten dadurch resistent gegen Schädlinge und Krankheiten werden, um den Hunger in der Welt zu bekämpfen. „Zugleich wird damit aber die Pflanzenvielfalt drastisch verringert und die Böden verarmen.“

Auch Hybridsorten kann Rosenfellner nichts abgewinnen. „Sie sind nicht für den natürlichen Kreislauf geschaffen.“ Deshalb setzt sie auf samenfeste und alte Getreidesorten. Ein Problem sei auch, dass sich die Wetterbedingungen schneller verändern, als die Züchtung klimaangepasster Sorten voranschreitet.
Weil der Müllerin Vielfalt wichtig ist, werden in ihrer Mühle acht verschiedene Getreidearten wie Weizen, Roggen, Dinkel, Hirse, Buchweizen, Einkorn, Emmer und Gerste zu hochwertigen Biomehlen, Backmischungen, Backmalzen und Grieß verarbeitet. Am zweiten Standort des Unternehmens in Wolfsbach werden für Kleinkinder und Erwachsene Knabbereien aus Maisgrieß und Hirse produziert. „Außerdem vermahlen wir für bäuerliche Familien Getreide in Lohnarbeit, wenn sie ihr Mehl im eigenen Hofladen direktvermarkten wollen.“

Mühlenladen mitmehr als 200 Produkten

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Um den Kunden ein möglichst schönes Einkaufserlebnis zu ermöglichen, erstrahlt der renovierte Mühlenladen seit Ende August 2021 in neuem Glanz. Aus mehr als 200 Produkten vom Bio-Amarantmehl oder Braunhirsevollkornmehl über trockenen und glutenfreien Bio-Buchweizensauerteig bis hin zu verschiedenen Backmischungen können Brotbackliebhaber aus dem Vollen schöpfen. Außerdem finden sich in den Regalen Gebackenes wie Knödelbrot oder Brösel, Teigwaren, Flocken, Snacks und Müsli-Mischungen. Im November 2020 wurde über die Homepage ein Onlineshop eröffnet. „Er ist gut angelaufen“, freut sich Rosenfellner.

Nachdem sich immer mehr Menschen Gedanken um die gesunde Ernährung machen, setzt Rosenfellner auf ein breites Produktsortiment. „Jedes Körnchen hat seinen Vorteil. Die Gerste wirkt beispielsweise durch ihre Beta-Glucane ausgleichend und kreislaufregulierend.“ Deshalb eigne sie sich hervorragend für hyperaktive Kinder. Hafer sorge wiederum für eine belebende Wirkung.

In Vergessenheit geraten sei der gesundheitsfördernde Aspekt der Hirse. „Besonders für Kinder ist sie sehr nahrhaft und leicht verdaulich. Nicht umsonst bekamen Babys früher den süßlich schmeckenden Hirsebrei.“ Aber Hirsemehl sei nur begrenzt haltbar. Wie sich diese erhöhen lässt, sei noch nicht ausreichend erforscht. „Sobald das Hirsekorn geschält und aufgebrochen wird, verändern sich im Gegensatz zu anderen Getreidesorten der Geschmack und der Geruch.“

Buch über Mehle und Brotbacken wie früher

Der Hype um selbstgebackenes Brot hätte auch ohne die Coronapandemie seinen Lauf genommen, ist Rosenfellner überzeugt. Deshalb verfasste sie das Buch „Brot von daheim“, das im Herbst 2020 im Löwenzahn Verlag erschienen ist. Darin teilt Rosenfellner ihr Wissen als Müllerin und beschreibt die unterschiedlichen Facetten der Getreidearten, denn „Mehl ist nicht gleich Mehl“. Außerdem klärt sie den Leser über die geschichtlichen Hintergründe des Müllerwesens auf, über den Weg vom Korn zum Mehl und verrät natürlich zahlreiche Mühlengeheimnisse für wirklich gutes Brot.
Monika Rosenfellner war bereits als junges Mädchen klar, dass sie den elterlichen Betrieb übernehmen will. „Das Arbeiten mit Getreide ist für mich damals wie heute ein besonderes Erlebnis und eine wunderbare Tätigkeit.“ An den Farben eines reifen Getreidefeldes könne sie sich nicht sattsehen. „Wenn der Wind über das Feld streicht, meine ich ein Wellenrauschen im Getreidemeer zu hören.“

Es sei ein gutes Gefühl, ökologisch angebautes Getreide zu verarbeiten und damit die Natur zu unterstützen. „Umso mehr freut es mich, dass Brot zunehmend die Wertschätzung erhält, die es verdient hat, und immer mehr Menschen Brot nach dem Vorbild unserer Vorfahren backen und essen wollen.“

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Baguette-Rezept

Zutaten für 3 Baguettes:

  • 400 g helles Dinkelmehl,
  • 100 g Kamutmehl,
  • 11 g Salz,
  • 21 g frische Hefe (alternativ 1 Pkg. Trockenhefe),
  • 350 g Wasser.

Zubereitung:

Alle Zutaten vermischen und zu einem weichen Teig kneten. Den Teig mindestens drei bis maximal zwölf Stunden mit einem feuchten Tuch zugedeckt im Kühlschrank ruhen lassen. Je länger der Teig ruht, desto intensiver wird das Aroma.

Den Teig aus dem Kühlschrank nehmen und drei gleich lange Stränge formen. Auf ein mit Backpapier ausgelegtes Blech legen und nach Belieben je dreimal auf der Oberfläche einritzen. Im vorgeheizten Ofen backen.

Backzeit und Temperatur:

  • 5 Minuten bei 250°C Heißluft mit viel Dampf
  • Dampf ablassen und Temperatur auf 220°C zurückdrehen
  • 20 bis 25 Minuten bei 220°C Heißluft ohne Dampf fertigbacken

Das Rezept „Dinkel-Kamutbaguette“ stammt aus Monika Rosenfellners Buch „Brot von daheim“, das im Herbst 2020 im Löwenzahn Verlag erschienen ist.